Perpektivwechsel Tausende Besucher beim Kultur-Stadtfest

Krefeld · Die Krefelder haben den „Willy“ neu entdeckt. Der Willy-Göldenbachs-Platz hat sich als Bühnenort bewährt. Die neunte Auflage von „Kultur findet Stadt“ war ein Erfolg. Das „Triadische Ballett“ bildete einen würdigen Rahmen.

 Für Überraschungseffekte sorgte die mobile Theatertruppe des Kresch – wie hier auf dem Neumarkt.

Für Überraschungseffekte sorgte die mobile Theatertruppe des Kresch – wie hier auf dem Neumarkt.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Er liegt mitten in der City, und doch ist sein Name selbst vielen Krefeldern fremd. Gewesen  –  muss es seit dem Wochenende heißen, denn der Willy-Göldenbachs-Platz, einst ein schmuckloser Parkplatz zwischen Bröckske und Begegnungszentrum Wiedenhof, hatte trotz der Umgestaltung in den vergangenen Jahren ein stiefkindliches Dasein. Das Festival „Kultur findet Stadt“ hat ihn jetzt als probaten Ort für stimmungsvolle Veranstaltungen etabliert. Der „Willy“ ist jetzt eine Adresse im Festivalbuch der Stadt.

Uli Cloos vom Stadtmarketing und sein Team sind froh, dass die Besucher den Platz so angenommen haben. Das Ziel, die Stadt neu zu erleben, ist für ihn aufgegangen. Die Feuertaufe hatte der Platz im Vorjahr bei der „Krefelder Laufmasche“ bestanden. Jetzt war er Herzstück eines dreitägigen Festivals mit rund 700 Akteuren und vielen tausend Besuchern. Rund um den Platz hatte das kulturelle Leben Krefelds seine Aktionsbühnen. Wer mit dem Zug anreiste, wurde in der Halle des Hauptbahnhofs von Klavier- und Streicherklängen empfangen. Dort gaben Musikschüler von Michael van Krücker ein eindrucksvolle Visitenkarte ab, von Krefeld als Kulturstadt.

Vom großen Potenzial und der lebendigen Vielfalt des Kulturlebens dank der städtischen Institute und der engagierten freien Szene hatte Oberbürgermeister Frank Meyer bei der Eröffnung gesprochen. Und die Besucher konnten den Pulsschlag erleben, der von einer Vor-Stimmbruch-Band mit rockigen Coversongs auf einer Lkw-Ladefläche mit Discokugel und Nebelscheinwerfer bis zum gefühlvollen Nach-Stimmbruch-Debüt mit Schuberts „Forelle“ in der Mennonitenkirche reichte.

Krefeld hat sich als Musikstadt behauptet. Die städtische Musikschule war mit mehreren hundert Schülern aller Altersgruppen im Einsatz, die Musiker von Rhythm Matters zeigten ihre Vielseitigkeit, und die vielversprechenden Bands und Solisten, die vielleicht am Beginn einer Karriere stehen, präsentierten sich vor durchweg großem Publikum. Den Wettbewerb „Listen to Numbers“ hatten sie bereits gewonnen, und ab Herbst werden sie auf einem Krefeld-Sampler verewigt. Von den dreijährigen Ballettmäusen bis zu artistischen Hip-Hop-Einlagen, vom integrativen bis zum improvisierten Theater passierte mehr, als ein Besucher schaffen konnte. Alles hatte Charme und Spontaneität. Oft genügte ein roter, blauer oder gelber Teppichflecken als Podium für eine Vorstellung. Die Farben und Formen (Kreis, Quadrat, Dreieck) aus der Bauhauszeit zeigten, dass Krefeld auch ein veritabler Jubiläumsort ist, um hundert Jahre Bauhaus zu feiern. Das Theater der Klänge aus Düsseldorf rahmte die Kulturtage mit der Interpretation des Triadischen Balletts nach Oskar Schlemmer hochkarätig ein.

 Das Musiktheater der Musikschule unter der Leitung von Julia Polziehn verbreitete gute Laune.

Das Musiktheater der Musikschule unter der Leitung von Julia Polziehn verbreitete gute Laune.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)
 Entspannte Atmosphäre auf dem Göldenbachs-Platz: Das Publikum sitzt in den Liegestühlen oder auf dem Rasen und verfolgt das Programm.

Entspannte Atmosphäre auf dem Göldenbachs-Platz: Das Publikum sitzt in den Liegestühlen oder auf dem Rasen und verfolgt das Programm.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

„Kultur findet Stadt“ ist auf dem Weg zu einem Markenzeichen, dass die Kultur nicht als reines Unterhaltungsprogramm zum Shoppen und Schlemmen sieht, sondern bewusst in den Mittelpunkt stellt. „Uns geht es nicht um Quantität, sondern um Qualität. Und nicht darum, die gesamte Kultur zu zeigen, sondern immer wieder ein anderes Thema zu finden. Und dabei soll die Kultur nicht vor den Karren des Kommerzes gespannt werden“, sagt Cloos. So hatte das Fest bei aller Lockerheit und Sommerstimmung auch ernste Facetten. In der Mennonitenkirche stand das Programm unter der Überschrift Toleranz und Antidiskriminierung. Pfarrer Christoph Wiebe  erklärte, dass gerade die Kirche der geeignete Ort gegen die Diskriminierung von Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung sei.

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