Wiesenkräuter in Krefeld Unterschätztes Naturschauspiel auf dem Egelsberg

Krefeld · Alle rennen zur Kirschblüte. Dabei hat der Egelsberg ein besonderes Naturschauspiel zu bieten, das in den kommenden Wochen zu sehen ist: Der Flohknöterich blüht. Die für sich unscheinbare Pflanze mit ihrer für sich ebenfalls unscheinbaren Blüte ist im Verbund großartig. Auch viele Wiesenkräuter sind wunderbare Hingucker – wie unsere Fotos zeigen.

Das unterschätzte Naturschauspiel von Krefeld
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Das unterschätzte Naturschauspiel von Krefeld

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Foto: Jens Voss

Der Egelsberg 71 Hektar groß, und der Berg ist mit seinen 46 Metern Höhe eher ein Egelshügel. Dennoch teilt sich hier dem Spaziergänger am ehesten das Gefühl von Weite mit.

Der Egelsberg hat eine bewegte Geschichte hinter sich – Natur und Kultur sind darin engstens verwoben. Aufgetürmt wurde der Egelsberg als Endmoräne während der Saale-Eiszeit – ein Prozess, der vor rund 300.000 Jahren begann. Der Egelsberg ist Teil eines Höhenzuges, der sich den ganzen Niederrhein entlang gebildet hat. Besonderheit am Egelsberg: Es finden sich Reste eines „Sanders“. Der Sander ist beim Abschmelzen des Gletschers entstanden – zurück blieben Sand und Kies als mineralarmer, saurer Boden, der so am Niederrhein selten ist und besondere Voraussetzungen für Flora und Fauna schuf. Die Abgeschiedenheit des Geländes machte den Egelsberg früh für das Militär interessant. Ab 1906 wurde er als Exerzierplatz der Krefelder Husaren benutzt, bis 1918 auch als Flugplatz. Später diente er bis in die 30er Jahren als Golfplatz – beinahe hätte dort Mies van der Rohe ein Golfclubheim gebaut. Das Modell war 2013 als begehbare Skulptur auf dem Egelsberg errichtet worden. Doch Mies’ Pläne waren für die Zeitgenossen zu teuer, und so residierten die Golfspieler in Haus Bruckhausen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg fiel der Egelsberg wieder ans Militär – diesmal an britische Truppen. 1950 wurde der Krefelder Aero-Club gegründet, ab 1952 starteten dort Segelflugzeuge. 1987 gab es Bestrebungen, den Egelsberg nach dem Abzug der Briten wieder zum Golfplatz zu machen – die Pläne scheiterten am Widerstand der Traarer Bürger. Stattdessen wurde der Egelsberg 1991 Naturschutzgebiet.

Seitdem stützt der Mensch die ökologischen Besonderheiten des Areals. Die Panzer der Briten und der sandige Boden schufen die Voraussetzungen für den Heidebewuchs. Damit sich die seltene Flora dort weiter entwickelt, wurden systematisch Flächen freigelegt, auf dass sich die Heide diese Areale holt.

Erhalten werden sollen auch die Lebensbedingungen für das seltene Froschkraut am Heideweiher – die Panzer der Briten hatten dort ideale Lebensbedingungen für das Kraut geschaffen: Der Weiher war offen, das Ufer frei, also nicht bewachsen. Mit dem Abzug der Briten kam der Wald, das Ufer ist nun eng bewachsen, das Gewässer mit Laub belastet. Versuche, den Wald zurückzudrängen, sind gescheitert. So hat man einen künstlichen Weiher im offenen Gelände angelegt.

Auch der Bergbau hat dem Gelände seinen Stempel aufgedrückt: Der westliche Rand des Egelsberges ist seit den 80er Jahren um zwei Meter abgesackt – damit wurde der Boden unbrauchbar für die Landwirtschaft und versumpfte. Heute steht dort ein schmaler Streifen Wald, der in ein Feuchtgebiet ausläuft. Am Wegesrand stehen meist Eichen, weiter unten im sumpfigen Grund schmale schlanke Erlen.

Auf dem Egelsberg bieten sich dem Spaziergänger viele Möglichkeiten, kleine, mittlere und große Runden zu drehen – mal nur in der Sonne, mal mit Schattengang durch den Waldstreifen. Und wenn die Segelflieger fliegen, ist auch der Blick nach oben spannend. So ist der Egelsberg in Krefeld auch ohne Höhe am meisten Berg: ein Ort voller Höhe.

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