Krefelder Historie Stadtgeschichte von Burg zu Burg erleben

Krefeld · Viele Burgen in Krefeld sind dokumentarisch belegt. Manche sind bekannt - wie die Burg Linn, an andere erinnert nur noch ein Straßenname. Eine Entdeckungstour lohnt sich.

 Die Burg Linn mit Jahgdschloss (l.) und Vorburg ist die bekannteste Feste. Die mehr als 900 Jahre alte Wasserburg ist eine der ältesten am Niederrhein und einzigartig in der Tuffsandstein-Bauweise.

Die Burg Linn mit Jahgdschloss (l.) und Vorburg ist die bekannteste Feste. Die mehr als 900 Jahre alte Wasserburg ist eine der ältesten am Niederrhein und einzigartig in der Tuffsandstein-Bauweise.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Stadt mit 16 Burgen am Niederrhein –  mit sieben Buchstaben? Krefeld! Im Kreuzworträtsel wird das vermutlich niemals gefragt werden, denn die Tatsache, dass Krefelds Geschichte derart burgenreich ist, ist nicht vielen gegenwärtig. Und vielleicht gab es hier in der Vergangenheit sogar noch mehr Festungen.  Flurnamen wie „An der Alten Burg“ in Hüls oder „An der Puppenburg“ in Stratum lassen darauf schließen. Oft hat die Zeit das Mäntelchen des Vergessens über die Geschichte der Krefelder Burgen gelegt. Aber es gibt in der Stadt mehr zu entdecken als die berühmteste Feste: die Burg Linn. Eine kleine Tour durch die Stadtgeschichte könnte auf dem Hülser Berg beginnen.

Eisenzeit

 Schloss Cracau in einer historische Darstellung.Die Burg hat eine kurze Geschichte: Sie wurde im 15. Jahrhundert errichtet und bereits 1677 niedergerissen.

Schloss Cracau in einer historische Darstellung.Die Burg hat eine kurze Geschichte: Sie wurde im 15. Jahrhundert errichtet und bereits 1677 niedergerissen.

Foto: Stadtarchiv Krefeld

Im Wald auf der südlichen Seite des Hülser Bergs stand die wohl älteste Burg: die Wallburg. Die Archäologen datieren sie auf die Eisenzeit, auf das vierte oder dritte Jahrhundert vor Christus. Wer sie errichtet hat, wer dort lebte und bis wann – das sind noch offene Fragen.  Erste wissenschaftliche Grabungen haben zwischen 1908 bis 1912 stattgefunden.  Dabei haben Archäologen Abfallgruben entdeckt mit Überresten von Webgewichten und Gefäßscherben. Das lässt darauf schließen, dass hier Menschen gewohnt haben – zumindest zeitweise – und die Burg nicht nur im Verteidungsfall genutzt wurde.  „Die Krefelder Wallburg ist die einzige Anlage dieser Art am Niederrhein“, sagt ein Sprecher der Stadt. „Die Burganlage im Wald zu entdecken, ist recht einfach. Ein Weg zwischen Aussichtsturm und Eremitenquelle durchschneidet die Wälle.“

Mittelalter

 Die „neue“ Hülser Burg aus dem 15. Jahrhundert ist umfangreich saniert worden.

Die „neue“ Hülser Burg aus dem 15. Jahrhundert ist umfangreich saniert worden.

Foto: Stadt Krefeld

Im Mittelalter wurden Burgen am Niederrhein gerne an Flüssen, Bächen oder in sumpfigen Arealen gebaut. Die Burg Linn entstand als Motte in einem ehemaligen Rheinarm: Im 12. Jahrhundert war der Linner Mühlenbach, der den Rheinarme durchfloss, wohl im Burgbereich geteilt. Das war eine ideale Voraussetzung für den Wassergraben, der die Burg schützen sollte.  Die Herren von Linn residierten hier. 1188 verkaufte Otto von Linn die Wasserburg für 100 Mark an den Kölner Erzbischof, behielt aber die Burg als Lehen. Die Anfänge der Burg als Motte  gehen bis ins Jahr 1000 zurück.

 Schloss Cracau auf einem historischen Stich: Ein Beispiel für das 15. Jahrhundert.

Schloss Cracau auf einem historischen Stich: Ein Beispiel für das 15. Jahrhundert.

Foto: Stadtarchiv Krefeld

Die  kurkölnische Hülser Burg wurde ab 1455 im Bruch erbaut.  Aber sie war der Nachfolgebau einer „untergegangenen“ Wasserburg aus dem 12. Jahrhundert. Als Baumaterial wurde Backstein verwendet. Der Sitz der Herren von Hüls ist nur als Ruine mit Turm erhalten. 2007 ist sie restauriert worden und dient auch als Kulisse für stimmungsvolle Veranstaltungen.

 An Haus Sollbrüggen kamen mittelalterliche Steine zutage

An Haus Sollbrüggen kamen mittelalterliche Steine zutage

Foto: Stadt Krefeld

Das Haus Sollbrüggen an der Uerdinger Straße ist heute Sitz der Musikschule und vielen als Konzert-Ort bekannt. Doch auch Sollbrüggen hat Wurzeln im Mittelalter. Als die Musikschule dort ihren Neubau errichten wollte, haben die Archäologen Spuren der Vergangenheit entdeckt: Bruchstücke aus dem Mauerwerk verweisen laut Experten „auf eine Zeit weit vor 1188“.  Das lasse darauf schließen, dass an dieser Stelle eine kleine Burg auf einer kleinen Motte (einer künstlichen Aufschüttung) gestanden haben könnte: „Wahrscheinlich war es nicht mehr als ein Turm auf einem Hügelchen, ringförmig umgeben von einem Wassergraben. Ein Nachfolgebau an selber Stelle verfiel schon im Mittelalter“, heißt es.

Bockum muss bei Rittern beliebt gewesen sein zu jener Zeit. Ein gewisser Arnold von Neuenhoven  hat sich im 13. Jahrhundert am heutigen Bockumer Platz niedergelassen. Es war eine schmucke Wasserburg auf einer künstlichen Insel. Von der mittelalterlichen Festung blieben nur Keller- und Grundmauern. Darauf erbaute der Krefelder Seidenbaron und Bürgermeister Gottschalk Floh 1825 bis 1830 das schmucke Haus Neuenhofen (inzwischen mit „f“ geschrieben). Die Vorburg und Gräben sind spätestens im 19. Jahrhundert verschwunden, als dort der Park angelegt wurde.  Heute ist Haus Neuenhofen in Privatbesitz.

In Uerdingen errichtete der Kölner Erzbischof vor 1200 eine Landesburg für die geistlichen Herrscher von Kurköln. Uerdingen lag damals auf einer Rheininsel. Bei den großen Hochwassern von 1270 bis 1280 wurde die Insel überflutet und Uerdingen zerstört. Das neue Uerdingen wurde auf dem Festland am Rheinufer gebaut – dort, wo das Rheinstädtchen auch heute liegt. Die Burganlage grenzt im Süden unmittelbar an die Stadtmauer. Der Wohnturm mit Wehrgang ist umfassend umgebaut worden zu einem privaten Wohnhaus im klassizistischen Stil. Der Stadthistoriker weiß: „Eine zweite Burg in Uerdingen musste 1957 der Expansion des damaligen Bayer-Werkes weichen: Das 1271 erstmals urkundlich erwähnte Haus Dreven.“ Dort soll es sogar ein  römisches „burgus“, ein Kleinkastell, gegeben haben.

Für die Wasserburg Haus Rath  in Elfrath (heute: Rather Straße) lassen sich die Spuren ebenfalls bis ins 12. Jahrhundert zurück verfolgen.  Auch hier muss alles mit einer hochmittelalterlichen Motte begonnen haben. Der Name „Rath“ ist eine Ableitung von „roden“. Im 11. und 12. Jahrhundert haben Siedler das Land durch Rodung urbar gemacht. Es ist zu vermuten, dass das Gebiet um Haus Rath als ein Zentrum des Rodungshandwerkes seine Bedeutung hatte. Lehensnehmer des festen Hauses waren die „Ritter von Rode“. Der Burggarben ist heute trocken, aber an der breitesten Stelle kann man 25 Meter messen. Der Steinturm  war laut Einschätzung der Experten die erste mittelalterliche Befestigung am Hohen Weg, der Wegetrasse westlich des Rheins. Auf Krefelder Stadtgebiet gilt das Haus  als das älteste profane Bauwerk, das bis heute erhalten ist. Das Gelände ist heute Privatbesitz und kann nur von außen betrachtet werden.

Spätmittelalter

Die Cracauer Straße verdankt ihren Namen einer Burg aus dem frühen 15. Jahrhundert: der Burg Cracau. Es war eine mächtige Anlage, die zwischen Von-Beckerath-Straße, Bogenstraße und Am Hohen Haus stand. Als Krefeld Ende des 14. Jahrhunderts zur Stadt erhoben wurde, sollte die Burg die Herrlichkeit Krefeld schützen. Das Besondere: Sie bildete ein kleines Territorium, das zur Grafschaft Moers gehörte  – mitten im Fürstentum Kurköln. Die heutige Grenzstraße war ein Teil der Grenze zwischen den beiden Herrschaftsgebieten. Doch die Burg Cracau hat keine lange Geschichte: 1677 wurde ein großer Teil unter der Herrschaft der niederländischen Oranier niedergerissen. Von der Burganlage ist unter dem im 18. und 19. Jahrhundert erbauten „Hohen Haus“ ein Rest des spätmittelalterlichen Burggebäudes noch erhalten. Auch den spätmittelalterlichen Keller mit Tonnengewölbe gibt es noch. Er gehört heute zu einer Weinhandlung.

In Krefeld muss es eine Reihe weiterer Burgen und Festungsanlagen gegeben haben, die sich heute aber kaum oder gar nicht mehr nachweisen lassen. Über die Puppenburg, nach der eine Straße in Stratum benannt ist, rätseln die Historiker. Es gibt archäologische Nachweise, dass sie wohl bis ins 17. Jahrhundert genutzt wurde, aber von wem, wie und seit wann, darüber ist nichts bekannt. Auch in Oppum und in Fischeln gibt es nur vage Hinweise auf solche Bauwerke. Schriftliche Quellen und Karten sind eher dürftig, manchmal sind es nur mündliche Überlieferungen.

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