Literatur in Krefeld Die Liebe der Droste-Hülshoff auf der Hülser Burg

Krefeld · Beim Literarischen Sommer las Karen Duve in stilvoller Kulisse aus ihrem Roman „Fräulein Nettes kurzer Sommer“.

 Von der unglücklichen Liebe der Annette von Droste-Hülshoff erzählt Karen Duve in ihrem Roman. Die Burg Hüls wurde dabei zum Literatur-Ort.

Von der unglücklichen Liebe der Annette von Droste-Hülshoff erzählt Karen Duve in ihrem Roman. Die Burg Hüls wurde dabei zum Literatur-Ort.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

In herrlichem Ambiente hat die zweite Lesung des Literarischen Sommers in Krefeld stattgefunden: Karen Duve las in der Hülser Burg aus „Fräulein Nettes kurzer Sommer“. Ein Dutzend Zuhörer hatte zuvor an einer Führung durch Hüls teilgenommen. „Wir haben neue Ecken entdeckt“, hieß es anschließend. „Wir wollen mit den Lesungen an besonderen Orten unserem Publikum unbekannte Facetten ihrer Heimatstadt präsentieren“, sagte Evelyn Buchholtz, Leiterin der Mediothek. Das ist mit der Hülser Burg und dem Roman um Annette Droste-Hülshoff großartig gelungen.

Karen Duve erzählte zunächst von ihrem Werdegang. „Ich habe mehrere Anläufe zum Schreiben unternommen“, sagt sie, „irgendwann habe ich davon leben können.“ Der Roman über Annette von Droste-Hülshoff liegt schon in der zehnten Auflage vor. Maren Jungclaus vom Literaturbüro Düsseldorf fragte die Schriftstellerin nach dem Anstoß für die Beschäftigung mit Annette von Droste-Hülshoff. Duve: „Es gibt eine Leerstelle in ihrem Leben – das fand ich spannend. Ich habe mich gefragt, was vorgefallen sein könnte.“ Es gibt nämlich aus der Zeit vor 200 Jahren Hausbücher, Briefe, Beschreibungen, Zeitzeugnisse, aber über einen bestimmten Zeitraum ist nichts überliefert. In „Fräulein Nettes kurzer Sommer“ füllt Duve diese Lücke „im Bereich des historisch Möglichen und des psychologisch Vorstellbaren.“

Ihre Zuhörer nahm sie direkt mit in die Lebenswelt der Hülshoffs um 1820. Das erste Kapitel schildert die Rückkehr des Freifräuleins Annette von Droste-Hülshoff von einem sehr frühen Spaziergang mit dem bürgerlichen Studenten Straube. Die beiden haben in einem Steinbruch nach Mineralien gesucht, und Straube verlangt danach, in die Treibhäuser zu gehen. Dort küsst er Annette, die den Kuss nicht erwidert, aber duldet – Straube macht sich Hoffnungen.

Zugleich eröffnet Duve in dem Kapitel Motive und Themen, um die es im fast 600 Seiten starken Roman geht: die Haltung des Adels (konservativ und konfessionstreu), die Industrialisierung mit der Beschleunigung der Zeit, die Haltung des Bruders und des zur selben Generation gehörenden Onkels gegenüber Annette – demütigend und lieblos. Auch die weitere Personnage kommt vor: Annettes Schwester Jenny, die sich in Wilhelm Grimm verliebt hat. In einer zweiten Passage stellt die Autorin Arnswald vor, des Onkels anderer Studienfreund, auch von Adel. Er springt übel mit Annette um und überredet Straube, mit dessen Herzensfreundin zu brechen, was dann Annettes Herz bricht.

Der Roman zeigt ein üppiges Zeitpanorama von 1817 bis 1821 kurz nach der Befreiung von der napoleonischen Zeit, verfügt über eine sehr nützliche Familientafel und eine Landkarte, auf der die Reisen der Annette verzeichnet sind, und eine ausführliche Literaturliste. Ein sehr gelungener Abend, auch dank des Hülser Heimatvereins und der Techniker von der Fabrik Heeder.

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