Ditib-Zentralmoschee So klingt der Ruf des Muezzin in Köln

Köln · Zum ersten Mal hat der Muezzin der Ditib-Moschee in Köln öffentlich zum Gebet gerufen. An der Ditib-Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld ertönt der islamische Gebetsruf über zwei Lautsprecher in einem Innenhof. Wie er sich anhört - und was Sie sonst noch wissen müssen.

Seit diesem Freitag gibt es erstmals einen öffentlichen und regelmäßigen Muezzinruf in Köln. An der Ditib-Zentralmoschee im Stadtteil Ehrenfeld ertönte der islamische Gebetsruf gegen 13.25 Uhr über zwei Lautsprecher in einem Innenhof. Bislang hatte der Muezzin nur innerhalb der Moschee gerufen. Dass sein Signal jetzt auch außerhalb zu hören sein darf, sei ein entscheidender Unterschied, sagte der Vertreter des Moscheeverbands Ditib, Zekeriya Altug. „Drinnen praktiziert ist der Muezzinruf immer ein Wehrmutstropfen gewesen. Der fällt jetzt ein bisschen weg.“

Einige Menschen demonstrierten gegenüber der Moschee mit Sprechchören und Transparenten gegen den Muezzin-Ruf und die Unterdrückung von Frauen im Iran. Eines ihrer Transparente trug die Aufschrift: „Kein Muezzin-Ruf in Köln! Der öffentliche Raum sollte weltanschaulich neutral sein.“

Bilder der Ditib-Moschee in Köln-Ehrenfeld
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Das ist die Ditib-Moschee in Köln-Ehrenfeld

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Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Ermöglicht hatte den Ruf die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Die parteilose Politikerin ist der Ansicht, dass der Ruf den Muslimen aufgrund der im Grundgesetz verbrieften Freiheit der Religionsausübung nicht verweigert werden kann.

Abdurrahman Atasoy, stellvertretender Vorsitzender im Ditib-Bundesverband, sagte, man sei „sehr glücklich“ über den mit der Stadt Köln geschlossenen Vertrag. „Der öffentliche Gebetsruf ist ein Zeichen für die Beheimatung der Muslime“, sagte er. Aus „unsichtbaren und usseligen Hinterhofmoscheen“ hätten sie es nun in die Mitte der Gesellschaft geschafft.

„Der Gebetsruf des Muezzin hat immer denselben Inhalt“, erklärt Mouhanad Khorchide, Leiter des Zentrums für Islamische Theologie und Professor für Islamische Religionspädagogik an der Uni Münster auf Anfrage unserer Redaktion. Lediglich beim Frühgebet komme der Satz „Das Beten ist besser als das Schlafen“ hinzu. Dies betreffe aber nicht das Freitagsgebet, zu welchem der Muezzin in der Ditib-Moschee aufruft. „Ansonsten ist das, was zum Freitagsgebet gesungen wird, in allen Moscheen, egal ob arabisch oder türkisch, eins zu eins derselbe Wortlaut“, sagt Khorchide.

Die Kernbotschaft des Gebetsrufs sei das islamische Glaubensbekenntnis: „Ich bezeuge, es gibt keine Gottheit außer dem einen Gott und ich bezeuge, dass Mohammed sein Gesandter ist.“ Genau dieser Aspekt sorge laut dem Islamwissenschaftler bei vielen Menschen für Irritation, da „hier nicht neutral zum Gebet gerufen wird, sondern im öffentlichen Raum das islamische Glaubensbekenntnis verkündet und zum islamischen Gebet gerufen wird.“

Vor rund einem Jahr hatte die Stadt Köln ein Pilotprojekt gestartet, wonach der Muezzinruf in islamischen Gemeinden unter Auflagen ertönen darf. Die Kommune begründet den Schritt mit der Religionsfreiheit. An der Zentralmoschee ist die maximal fünfminütige Gebetsaufforderung nun immer freitags in der Zeit zwischen 12 und 15 Uhr zu hören - je nach Jahreszeit und Sonnenstand. Außerhalb des Moscheegeländes darf der Ruf den Auflagen gemäß 60 Dezibel nicht überschreiten. Das ist etwa so laut wie ein Gespräch.

Zu dem ersten öffentlichen Muezzinruf hatten sich nach Gemeindeangaben rund 3.000 Menschen in und um die Moschee versammelt. Der Muezzin stand im Innenhof des Gotteshauses. Auch Polizeikräfte waren anwesend. Nahe der Moschee erinnerte gut ein Dutzend Demonstrierende an die religiös begründete Unterdrückung von Frauen im Iran.

Kritiker warnten zudem, der deutsch-türkische Moscheeverband Ditib sei der verlängerte Arm des türkischen Staates. Der Vertreter des Moscheeverbands Ditib, Zekeriya Altug, wies dies am Donnerstagabend bei einer Informationsveranstaltung zurück und sprach von einem „falschen Image“. Dem Verband wird unter anderem vorgehalten, dass einige Imame Gegner der türkischen Regierung in Deutschland bespitzelten. 2018 reiste Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zur offiziellen Eröffnung der Kölner Zentralmoschee, was auch als Machtdemonstration aufgefasst wurde.

Laut der Stadt Köln haben rund zehn weitere Moscheen Interesse an dem Pilotprojekt bekundet. Deutschlandweit gibt es Altug zufolge bereits etwa 250 Moscheen, an denen der Muezzin offiziell ruft. Die Kölner Zentralmoschee habe aber einen höheren Symbolwert.

(toc/bsch/kna)
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