Museum Kurhaus Kleve Deutsch-Preis für Talisa Lallai

Kleve · Der mit 3000 Euro und einer Ausstellung dotierte Preis geht 2018 an die in Düsseldorf lebende Bildhauerin mit italienischen Wurzeln. Ihre Installation im Friedrich-Wilhelm-Bad entführt in eine exotische Welt.

 Talisa Lallai vor ihrer großen Arbeit „Post Tropical“ im Obergeschoss des Friedrich-Wilhelm-Bades. Die 1989 in Frankfurt geborene und in Düsseldorf lebende und arbeitende Künstlerin mit italienischen Pass ist die Deutsch-Preisträgerin 2018.

Talisa Lallai vor ihrer großen Arbeit „Post Tropical“ im Obergeschoss des Friedrich-Wilhelm-Bades. Die 1989 in Frankfurt geborene und in Düsseldorf lebende und arbeitende Künstlerin mit italienischen Pass ist die Deutsch-Preisträgerin 2018.

Foto: Markus van Offern (mvo)

Die Wand ist eine Wucht: Mitten hinein geht der Blick in den Regenwald, ins satt-feuchte Grün der Tropen, tiefdunkel, fast schwarz lockt es in unbekannte Zonen, dicke, große Blätter wuchern am Boden, eine Stechpalme greift von links ins Bild. Der leicht unscharfe, wie zufällige Blick in den Dschungel füllt die ganze Wand. 3,5 mal 7 Meter misst die auf Folie gezogene Fotoarbeit von Talisa Lallai, die sie auf die Maße der Wand im rechten Saal des Friedrich-Wilhelm-Bades abgestimmt hat. Was zufällig wirkt, ist bewusst ausgesucht und ausgewählt. Fotografiert hat sie mit einer analogen Kamera auf Kleinbildfilm.

Kommt der Besucher in den Saal, schaut er gleich durch die Fenstertüren in ein anderes Stück Urwald. Auch das ist eine wandhohe Arbeit, die aber nur etwa Zweidrittel der Wandfläche einnimmt. „Die Position gefiel mir besonders gut, weil ich gerne durch Fenster hinaus fotografiere“, sagt Lallei. Daneben hängt das Bild eines Tukan, der wie kaum ein anderer Vogel Sinnbild für die Tropen ist mit seinem leuchtenden orangefarbenen Schnabel und dem tiefschwarzen Gefieder.

Talisa Lallai wurde jetzt mit dem mit 3000 Euro und einer Ausstellung im Museum Kurhaus dotierten Werner-Deutsch-Preis für junge Künstler ausgezeichnet. Bis 23. Juni ist die Ausstellung zur Preisverleihung im Klever Museum zu sehen. Es ist die Sehnsucht nach dem Fremden, nach dem Exotischen ebenso, wie der Versuch, sich diese Welt Untertan zu machen, die Lallai in ihrer Einrichtung thematisiert hat. „Post Tropical“, so der Titel der Ausstellung, ist in der kompletten oberen Etage des Friedrich-Wilhelm-Bades im Museum Kurhaus eingerichtet.

Mit dem Blick in die Ferne wandelt sie unweigerlich auf den Spuren des Malers van Eckhout, der für Prinz Moritz von Nassau eben jene tropischen Vögel malte. Ähnlich das Foto des Tukan von Lallai, die ihre Bilder so wählt, dass sie nicht einer bestimmten Zeit zuzuordnen sind, also auch in der Bildsprache des Barock zuhause sein könnten. Ebenso wandelt sie auf den Spuren der „Weltvermesser“ Alexander von Humboldt oder Georg Forster (dessen Epitaph von Künstler Lothar Baumgarten auch Teil der Klever Sammlung ist). „Es geht auch um die Vermessung der Welt, mit der man sich diese Welt zum Untertan macht“, sagt Kleves Museumsdirektor Harald Kunde mit Blick auf einen Theodoliten. Den hat Lallai, die mit eigenen wie mit gefundenen Fotos arbeitet, aus einem Buch abfotografiert und vergrößert auf die Wand gepinnt, inszeniert wie ein Porträt. Der Theodolit stehe stellvertretend für die Kolonialisierungspolitik, erklärt Kunde.

Letztlich bricht Lallai mit der Exotik: ihre Tropen sind keine Tropen. Die Bilder vom Regenwald entstanden in der Masoala-Halle, einem „Mini-Regenwald-Ökosystem“, das der Zoo Zürich für 52 Millionen Schweizer Franken errichten ließ. „Post Tropical“ eben. Und dann steht auch die Frage im Raum, so Kunde, ob nicht inzwischen Europa das Sehnsuchtsland ist, das die Tropen einst waren.

Zur Ausstellung ist ein Begleitheft erscheinen, zugleich arbeitet Lallai an einem Künstlerbuch im Merian-Format

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