Bauhaus bei Rexing Vom Sessel aus Stahlrohr

Kleve · Zum Bauhaus-Jubiläumsjahr zeigt das Möbelhaus Rexing eine Auswahl von ausgesuchten Möbelklassikern der Bauhaus-Moderne. Zu sehen im Schaufenster des Hauses am Koekkoek-Platz.

 Susanne Rexing in einem Bauhaus-Klappsessel von Marcel Breuer in der Ausstellung, die man auch durchs Schaufenster sehen kann.

Susanne Rexing in einem Bauhaus-Klappsessel von Marcel Breuer in der Ausstellung, die man auch durchs Schaufenster sehen kann.

Foto: Matthias Grass

Anfang der 1980er-Jahre erstanden wir einen Wassili-Sessel. Ein „Nachbau“ (mehr war vom studentischen Salär nicht drin), günstig in den Niederlanden erstanden und stolz nach Hause gefahren. Mit dem Gestell, das doch so gar nicht nach Sessel aussah und doch ausgesprochenen Sitzkomfort anbietet. Jedenfalls eine gute Weile, bis die Ledergurte im Rücken drücken. Ein Nachbau eben. Ein Gestell, bestehend aus gebogenem, verchromtem Aluminiumrohr, schmalen Lederstreifen für den Rücken und für die Arme und einem Leder ohne Polster für den Sitz.

Der Wassili-Sessel steht schon lange neben der Ikone des Bauhaus-Möbels schlechthin, der Corbusier-Liege. Dabei ist die LC 4, wie diese Liege heißt, gar kein Bauhaus. „Das macht nichts, sie sind alle voneinander inspiriert“, sagt Susanne Rexing, Innenarchitektin und Inhaberin des gleichnamigen Bauhauses. Und weil das so ist, steht in ihrer feinen Bauhaus-Ausstellung in ihrem Jugenstilhaus am Klever Koekkoek-Platz auch der Stuhl LC 7 von Frankreichs Star der Moderne Le Corbusier und von Charlotte Perriand, die für ihn arbeitete. Der Wassili-Sessel, natürlich das von einem namhaften Möbelhersteller gefertigte „Original“, ist auch da. Er wurde von Marcel Breuer entworfen und nach dem Maler Wassili Kandinsky benannt, der auch am Bauhaus lehrte. Breuer ist mit seinen Möbeln gut vertreten in der Ausstellung, mit dem Sessel und dem ihm sehr ähnelnden Klappsessel in schwarz-weiß.

„Das staatliche Bauhaus wurde von Walter Gropius in Weimar als Kunstschule gegründet“, so Rexing in ihrer Rede zur ausgeprochen gut besuchten Eröffnung „100 Jahre Bauhaus“. Um zugleich auf den stabilen Sessel zu verwiesen, den Goprius für sein Büro am Bauhaus entworfen hatte und der auch Teil der Ausstellung ist.

Genauso wie eine weniger bekannte Liege von Marcel Breuer mit Fahrradantrieb. Oder wie die berühmte Wiege aus geometrischen Formen, die der erst 20-jährige Bauhaus-Lehrling Peter Keler 1922 unter dem Einfluss seines Lehrers Wassily Kandinsky entwarf. Dass das Bauhaus bis heute die Moderne prägt und die damals gezeichneten Möbel noch nach 100 Jahren aussehen, als stammten sie aus dem Hier und jetzt, zeigt Rexing, indem sie die alten Möbel mit neuen kombiniert.

Dazu hat die Innenarchitektin für den Besucher greifbar ein Heft mit den Meistern, den Architekten, Künstlern und Planern ausgelegt, das die gut zwei Dutzend Entwürfe von der Lampe bis zur Liege erklärt. Dabei ist die Liege nicht die berühmte LC 4, sondern eine vom großen Bauhaus-Meister Mies van der Rohe entworfene Stahl-Liege mit Kunststoffgeflecht und wippender Liegefläche.

In ihrer Rede und in den ausliegenden Blättern verweist Rexing aber auch auf die Frauen im Bauhaus, die damals ganz revolutionär zum Studium zugelassen wurden. Da war Alma Siedhoff Buscher, die ein Kinderzimmer entwarf und jenes schöne Bauklötzchen-Spiegzeug mit den Segelschiffen aus Holz. Sie kam 1944 bei einem Bombenangriff ums Leben. Oder, so Rexing weiter, die Architektin Lilly Reich, Mitarbeiterin und Freundin von Ludwig Mies van der Rohe, dem Entwerfer des deutschen Pavillons auf der Weltausstellung in Barcelona, an dem sie mitarbeitete.

Doch zurück zu Wassili: jenem Gestell aus Stahl und Leder. Das sollte, so sein Designer, neues Material vereinen, die Schlichtheit und Eleganz gleichzeitig aufzeigen, sollte zu einem „aktiven Sitzen“ anregen, was immer auch damit gemeint war.

Doch eines schafften die Bauhaus-Entwerfer mit ihren Möbeln nicht, auch wenn es einer der angesagten Ziele war: Erschwingliche wie elegante Möbelstücke für jedermann zu entwerfen. Dafür waren und sind sie bis heute zu teuer und bleiben Einzelstücke.

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