Prozess in Krefeld Messerattacke in Asylbewerberheim: Alter des Angeklagten unklar

Kempen/ Krefeld · Ein junger Asylbewerber steht seit Montag in Krefeld wegen versuchten Totschlags vor Gericht. In einem Kempener Asylbewerberheim hatte er einem Mitbewohner eine Messerklinge in die Lunge gerammt. Das Opfer erblindete.

 Vor dem Asylbewerberheim in Kempen griff der Angeklagte Anfang Juli zu einem Messer und rammte es einem Gleichaltrigen in die Lunge.

Vor dem Asylbewerberheim in Kempen griff der Angeklagte Anfang Juli zu einem Messer und rammte es einem Gleichaltrigen in die Lunge.

Foto: gerhard Seybert

Im Juli dieses Jahres soll er einen anderen Mann mit einem Messer lebensgefährlich verletzt haben. Das Opfer konnte durch eine Notoperation gerettet werden, ist seitdem aber blind. Dem Asylbewerber, der zuletzt in Kempen lebte, wird versuchter Totschlags in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung vorgeworfen.

Am 12. Juli war es zwischen dem Asylbewerber und einem Mitbewohner eines Asylbewerberheimes in Kempen zum Streit gekommen. Die verbale Auseinandersetzung sei in einer Schlägerei gegipfelt, lautete die Anklage. Dann habe der Angeklagte mit einem Messer in die Brust seines Opfers gestochen. Die Lungenschlagader wurde getroffen. Durch den Blutverlust und die anschließende Mangelversorgung mit Sauerstoff erblindete der Mann dauerhaft.

Der Angeklagte soll den Messerstich bereits gestanden haben. Allerdings bestreite er einen Tötungsvorsatz, sagte sein Verteidiger vor dem Krefelder Landgericht. Das Messer habe er zufällig in der Hand gehabt, als es zum Streit kam. Damit habe er ein Fahrrad reparieren wollen.

Ansonsten lief der Prozess nur schleppend an. Zur Überraschung des Gerichts sagte der Angeklagte, dass er zur Tatzeit erst 17 Jahre alt, also noch minderjährig, war. Bei seiner Ankunft in Deutschland sei er von den Behörden wissentlich falsch als Erwachsener eingestuft worden, gab er an. Das habe er hingenommen, obwohl es falsch sei. Aus seinen Unterlagen und den Angaben bei Polizei und Richter war indes hervorgegangen, dass er zur Tatzeit schon 18 Jahre alt war. Das revidierte er nun. Dokumente zum Beweis seines tatsächlichen Geburtsdatums habe er, ließ der Angeklagte durch seinen Dolmetscher mitteilen. Die Unterlagen seien allerdings in seiner Heimat.

Die Frage nach dem Alter ist in mehrfacher Hinsicht wichtig. Zum einen muss der Mann dem Jugendstrafrecht verurteilt werden, wenn zur Tatzeit noch minderjährig war. Bei Heranwachsenden dagegen muss im Einzelfall entschieden werden, ob das weitaus mildere Jugendstrafrecht angewendet werden kann. Ein weiterer Aspekt ist, dass die Öffentlichkeit an Verhandlungen von minderjährigen Tätern nicht teilnehmen darf. Weil sich die Altersfrage nicht spontan klären ließ, mussten schließlich sämtliche Zuschauer den Saal verlassen. Die Richterin konnte nach Rücksprache mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nur feststellen, dass es sich um ein fiktives Alter handelte. Der 1.1.1996 sei eindeutig falsch. In einer Vielzahl von Fällen datiere man Geburtsdaten auf den 1. Januar. Das tatsächliche Geburtsdatum könne nicht sofort geklärt werden.

Der Prozess wird nun am Freitag, 19. Dezember, fortgesetzt.

(lnw)
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