Kaarster Gastwirt Michael Schreinermacher Einsamer Gastronom im Wartestand

Kaarst · Michael Schreinermacher ist Inhaber von zwei gastronomischen Betrieben in Kaarst. Während er mit der vorgegebenen Abstandsregelung hadert, hat sein Kollege Johannes Johnen im Broicherdorf wieder geöffnet.

 Michael Schreinermacher sitzt an dem einzigen Tisch, den er in den Rathaus-Arkaden aufstellen dürfte. Seine Läden sind geschlossen.

Michael Schreinermacher sitzt an dem einzigen Tisch, den er in den Rathaus-Arkaden aufstellen dürfte. Seine Läden sind geschlossen.

Foto: Georg Salzburg (salz)

Michael Schreinermacher ist verzweifelt. Eigentlich wollte er am Montag seine beiden Läden, das „Papalapub“ sowie das „Alte Rathaus“ wieder öffnen, doch beim Besuch am Dienstag waren beide Läden noch geschlossen. Der Grund: Punkt sieben der Hygieneverordnung für die Gastronomie. Dort heißt es: „Gänge zum Ein/Ausgang, zur Küche, zu Toiletten etc. müssen eine Durchgangsbreite haben, mit der beim Durchgehen die Einhaltung des 1,5-Meter-Abstandes zu den an anderen Tischen sitzenden Personen eingehalten werden kann“. Schreinermacher hatte alles vorbereitet und sich an das Ordnungsamt gewandt, dieses sollte seine Läden abnehmen. Dann kam der Schock.

„Ich habe schon 70 Prozent der Tische und Stühle aus dem Papalapub geräumt, aber das reicht noch immer nicht“, sagt Schreinermacher. Somit hätte er im Papalapub noch Platz für acht Personen, draußen dürfte er noch fünf Tische hinstellen. Und da er mehr Personal braucht, um die Vorgaben einzuhalten, macht er seine Läden noch nicht auf. „Rein wirtschaftlich geht das gar nicht“, sagt er. Sein Plan, der von der Politik unterstützt wird: Außengastronomie auf Flächen, die nicht konzessioniert sind und der Stadt gehören. Dafür hat er nun einen Antrag gestellt. Dieser wird gerade geprüft. Schreinermacher: „Wir hängen gerade in einem luftleeren Raum.“ Zwar dürfte er öffnen, aber das Risiko einer Prüfung ist zu groß – gerade weil er schon beim Ordnungsamt vorstellig wurde. Dabei wollte er eigentlich nur mit gutem Beispiel voran gehen. „Wir waren motiviert und wollten wieder aufmachen, aber das geht noch nicht“, sagt er. Die Stadt teilte auf Anfrage mit, alle Anträge auf eine Erweiterung der Außengastronomie mit dem Ziel prüfen, den Gastronomen so weit wie möglich entgegen zu kommen. „Dennoch können wir auch mit Blick auf die Gastronomie keinen Kaarster Weg gehen, sondern müssen uns an die Vorgaben des Gesetzgebers halten“, teilte Stadtsprecher Peter Böttner mit. Notwendige Abstände müssen somit eingehalten, die Zahl der Sitzplätze womöglich nach unten korrigiert werden. Die Stadt Kaarst hat bereits konkrete Hilfen für die Gastronomen beschlossen. Die Terrassen-Gebühr wurde auf Initiative der Wirtschaftsförderung für dieses Jahr ausgesetzt, die Herabsetzung der Gewerbesteuervorauszahlung und die Stundung von Abgaben wurden umgesetzt. Böttner: „Die Stadt steht eng an der Seite der Kaarster Wirte und Gastronomen. Das Ordnungsamt sucht den persönlichen Kontakt, um bei der Umsetzung der rechtlichen Vorgaben zu helfen.“

Das „Haus Broicherdorf“ dagegen empfängt seit Montag wieder Gäste. Werner Richter (82) gibt zu: „Mir hat das frisch gezapfte Bier gefehlt.“ Gemeinsam mit Sohn und Schwiegertochter ist er in die Gaststätte gekommen, die sich nach der coronabedingten Schließung zwar verändert, aber sehr gut gefüllt zeigt. Mindestens die Hälfte der Tische fehlt, die Theke ist mit rotem Band abgetrennt, am Eingang hängt ein Desinfektionsspender. Chef Johannes Johnen ist froh über die Wiedereröffnung: „Die Gäste haben Gesprächsbedarf“, sagt er, was die zahlreichen Stammgäste bestätigen. Peter Thurwach hält sein erstes durch Kellner Norbert Schmitz serviertes Bier sogar fotografisch fest: „Ich habe mich sehr darauf gefreut.“ Mit der Einhaltung der Abstandsregeln hat er keine Probleme, trotzdem achtet Johannes Johnen genau darauf. Seine Angestellten und er tragen Mundschutz. Tochter Theresa weist Servicekraft Petra Ossenbühl mit Hilfe eines Aktenordners in die umfangreichen neuen Regeln ein. Nach dem Besuch jedes Gastes müssen die Angestellten nicht nur alle Kontaktflächen gründlich desinfizieren, sondern sie sind auch angehalten, sich mindestens alle 30 Minuten die Hände zu waschen. Das wird penibel notiert – ebenso wie Kontaktdaten und Aufenthaltsdauer der Gäste. Diese gehören fast alle vom Alter her zur Risikogruppe, kosten ihr Miteinander in vollen Zügen aus und unterhalten sich munter über die Tische hinweg.

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