Theater in Hückelhovener Aula „Alte Liebe“, in der die rosa Träume unerfüllt bleiben

Hückelhoven · Mariele Millowitsch und Walter Sittler boten bestes Rezitationstheater mit Buch von Elke Heidenreich und Bernd Schroeder.

 „Alte Liebe“, eine szenische Lesung mit Mariele Millowitsch und Walter Sittler in der Hückelhovener Aula, wurde mit viel Applaus gefeiert.

„Alte Liebe“, eine szenische Lesung mit Mariele Millowitsch und Walter Sittler in der Hückelhovener Aula, wurde mit viel Applaus gefeiert.

Foto: Laaser, Jürgen (jl)

„Bitte, sag‘ doch was. Du wolltest doch immer das letzte Wort haben!“ Das war das letzte Wort, zwei Sekunden später standen mehr als 700 Menschen von ihren Sitzen in der ausverkauften Hückelhovener Aula auf, um mit Händen und Zurufen zu applaudieren, und zwar den Fernsehstars Mariele Millowitsch und Walter Sittler, die in knapp zwei Stunden als Lore und Harry Szenen einer Ehe aus dem Buch „Alte Liebe“ von Elke Heidenreich und Bernd Schroeder auf die Bühne gebracht hatten.

Und auf der, der Hintergrund dunkelblau ausgeleuchtet, standen zwei Stühle an zwei Tischen mit Retro-Nachttischlampen, auf dem einen ein Fläschchen Wasser, auf dem anderen ein gefülltes Weizenbierglas, auf beiden Tischen das Manuskript der „Alten Liebe“. Aus dem die Schauspieler teils frei sprechend, teils lesend ihr Leben reflektierten, aufgehängt an der bevorstehenden Hochzeit ihrer Tochter Gloria, ihrer dritten mit 36 Jahren. Damit ist auch klar, dass die beiden Protagonisten aus der 68er-Generation stammen, die Alter Ego des früheren realen Ehepaars Elke Heidenreich und Bernd Schroeder, die erkennbar mit Lore und Harry aus Revoluzzerträumen in der anfangs bekämpften bürgerlichen Welt gelandet sind. Gloria steht wohl als Adaption für die revolutionsorchestrierende Musik der 1960er, nämlich Van Morrissons „Gloria“, eine stete Erinnerung.

Die erfahrenen (Fernseh-)Schauspieler Millowitsch und Sittler machen mit Sprache, Phonetik, Mimik und Gestik das Buch zu einem Mittelding zwischen Rezitation und Zwei-Personen-Theater, überaus sympathisch, von vielen Lachern, Zwischenbeifall vom überwiegend weiblichen Publikum begleitet, das vergnüglich auf den Fernsehabend verzichtete. Den Männern entging dabei das herzhafte Massen-Gelächter, mit dem die Anwesenden die Grimasse quittierten, mit der Lore-Mariele-Elke die Feststellung über Ex-Bundeskanzlers Gerhard Schröders fünfte Ehe garnierte. Auch eine Art Metapher für das Stück darüber, wo die Träume gelandet sind. Lore hat sich in der Literatur als Bibliothekarin vergraben, Harry sind die Träume im städtischen Bauamt ausgetrieben worden, als Pensionär liebt er nun den Garten, das Golfspiel und Weizenbier. „Harry“, sinniert Lore mittendrin, „ich glaube, ich liebe dich noch!“ – „Lore, sag‘ mir Bescheid, wenn du es weißt.“ Später dann: „Lore, ich glaube, ich liebe dich noch!“ – „Harry, weißt du es, oder glaubst du es?“

Zum Finale findet man temporär, nur verbal, auf der Aula-Bühne sogar zu alter Leidenschaft zurück bei der Tochter-Hochzeit mit einer Immobilien-Heuschrecke, aus der roten Vergangenheit wird eine rosa Zukunft, und das eine Woche vor Lores Pensionierung. Sie hatte nicht das letzte Wort – der Sekundentod ließ sie am Arbeitsplatz zusammensinken, ihm blieb nur die rote Vergangenheit. Beiden der frenetische Schlussapplaus.

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