Wachtendonk Streit um Abholzen an der Lessingstraße

Wachtendonk · Die Anwohner wollen die Rechtmäßigkeit der von der Wachtendonker Verwaltung durchgeführten Maßnahme prüfen lassen – vom Thema Asyl her und vom Thema Naturschutz. Kritik kommt auch aus der Kommunalpolitik.

 Die Zufahrt zu dem vom Kerkener Architekturbüro Schroers geplanten Asylhaus führt über die frisch geschlagene Schneise.

Die Zufahrt zu dem vom Kerkener Architekturbüro Schroers geplanten Asylhaus führt über die frisch geschlagene Schneise.

Foto: Schroers/privat

Die Anwohner wollen die Rechtmäßigkeit der von der Wachtendonker Verwaltung durchgeführten Maßnahme prüfen lassen — vom Thema Asyl her und vom Thema Naturschutz. Kritik kommt auch aus der Kommunalpolitik.

Die Schneise ist vom Betriebshof geschlagen. Doch für die Interessengemeinschaft Lessingstraße (IGL) in Wachtendonk ist die Angelegenheit damit nicht erledigt. "Wir werden die Rechtmäßigkeit der Verwaltungsmaßnahme prüfen", kündigt IGL-Mitglied Reiner Lücke an. Wie die anderen Nachbarn der Lessingstraße ist er entsetzt über die von der Gemeinde als Pflegemaßnahme charakterisierte Abholzung.

Die Maßnahme hält Hilmar Wasseige für sachlich nicht begründet. Er ist nicht nur Anwohner der Lessingstraße, sondern auch Vorsitzender des Kreisverbands Viersen in der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Von Kahlschlag spricht Wasseige. Er weist darauf hin, dass der Grünstreifen als Ausgleichsfläche für Versiegelungen anderswo fungiert, solange der Bebauungsplan vom Rat nicht geändert wurde. Der Kreis Kleve als Untere Landschaftsbehörde hätte die Genehmigung für eine Rodung der Zufahrt zum neuen Asylhaus nach Abwägung auch im Sommer erteilen können. Das habe er der Wachtendonker Verwaltung so auch mitgeteilt. Dass die Abholzung vom Dienstag mit dem Kreis abgestimmt gewesen sei, wie von der Verwaltung behauptet, habe zumindest der von ihm angerufene Mitarbeiter in Kleve nicht bestätigt.

Es sei keine Gefahr in Verzug gewesen. "Da sollten vollendete Tatsachen geschaffen werden", vermutet Wasseige. Den Verlust an Natur bezeichnet er als "nicht wieder gutzumachen". Selbst wenn es nicht zur Rodung der Zufahrt kommen sollte, dauere es 15 Jahre, bis der Grüngürtel wieder hergestellt sei. "Kleine Gehölze haben nicht die biologische Qualität wie große, zum Beispiel als Rückzugsgebiet für Vögel. Und dann ist unsicher, ob alle Pflanzen auch ausschlagen."

Im Landesbüro anerkannter Naturschutzverbände in Oberhausen will Wasseige den zuständigen Mitarbeiter über die Vorgänge an der Lessingstraße unterrichten. Dem schließe sich eine Prüfung an, ob und wie danach dagegen vorgegangen wird. Auch die IGL selber will laut Lücke die Rechtmäßigkeit prüfen lassen und dann gegebenenfalls Konsequenzen ziehen. Außerdem werden die Ratsfraktionen um ihre Meinungen gebeten.

"Nicht alles, was formal korrekt ist, ist auch politisch klug", urteilt Ludwig Ramacher von Bündnis 90/Die Grünen. Die Partei stehe fest zum Standort der Asylbewerberunterkunft an der Lessingstraße, aber ebenso fest zu demokratischen Gepflogenheiten. "Insofern hätte es aus unserer Sicht Sinn gemacht, die Beschlussfassung über die erneuten Einwände der Anwohner im Gemeinderat abzuwarten, bevor man Pflegearbeiten am Grünstreifen vornimmt, die aus anderem Blickwinkel wie ein Abholzen aussehen könnten."

Aus Sicht von SPD-Fraktionschef Hans-Joachim Ebel ist die Sache "äußerst unglücklich" verlaufen. Bevor die 300 Seiten Einsprüche aus der zweiten Offenlage der Bebauungsplanänderung nicht abgearbeitet seien, könne man nicht Fakten schaffen. Und: "Den Weg zum Asylhaus könnte man auch schaffen, indem man grüne Bäume entfernt. Im Hochsommer ist die Nistzeit vorbei." Ebel rechnet nicht damit, dass das Asylhaus wie geplant noch 2014 fertig wird. Das denkt auch CDU-Fraktionsvorsitzender Joachim Oomen. Er verteidigt den Grünschnitt. "Es war richtig, das zu machen. Wann sonst?"

Die IGL gedenkt derweil, das Verhalten von Rat und Verwaltung bei der Kommunalwahl am 25. Mai zu honorieren. "Wir haben hier auf der Straße rund 50 Wahlberechtigte, und wir können auch noch Freunde und Bekannte mobilisieren", deutet Lücke an. Es müsse Schluss damit sein, dass zum Vorteil Einzelner Politik am Bürger vorbei gemacht wird.

(RP)
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