Was sie auch machen, es ist verkehrt Die Grünen im Lützerath-Dilemma

Meinung | Düsseldorf · Wie umgehen mit einem Protest, der aus den eigenen Reihen kommt und direkt dorthin zielt, wo es richtig weh tut? Die Grünen können dabei gar nicht gewinnen. Immerhin: Sie haben ihre Kommunikationsstrategie angepasst.

Die Klimaaktivistinnen Luisa Neubauer (l) und Greta Thunberg (M) am dritten Tag der Räumung im von Klimaaktivisten besetzten Braunkohleort Lützerath. Verrat am Klimaschutz werfen Kritiker den Grünen vor.

Die Klimaaktivistinnen Luisa Neubauer (l) und Greta Thunberg (M) am dritten Tag der Räumung im von Klimaaktivisten besetzten Braunkohleort Lützerath. Verrat am Klimaschutz werfen Kritiker den Grünen vor.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Die Grünen werden mit dem Thema Lützerath von einer Ecke in die nächste getrieben – von ihrer innerparteilichen Basis, ihrer Wählerschaft, der Klimaschutzbewegung. Am Dienstag kippten Demonstrierende in einer Protestaktion Kohle vor die Tür der Landesparteizentrale, am Donnerstag besetzten Aktivisten die Räumlichkeiten.

Ein Dilemma sind solche Aktionen für die Partei, deren Wurzeln doch gerade in gesellschaftlichen Protestbewegungen liegen. Lässt man Eindringlinge in der Geschäftsstelle gewähren, wirkt es hilflos, lässt man die Polizei durchgreifen, wirkt es autoritär. Bieten Parteivertreter Gespräche an, werden sie öffentlichkeitswirksam von Klimaschützern abgekanzelt. Tun sie es nicht, wirft man ihnen vor, sie scheuten die Auseinandersetzung. Was sie auch tun, es ist verkehrt.

Und dann ist da noch der Widerstand in den eigenen Reihen: Tausende Mitglieder fordern in einem offenen Brief den Stopp der Räumung, die Grüne Jugend kritisiert die Parteispitze laut und laufend.

Abgrenzen können die Verantwortlichen sich von all dem nicht. Gegen Angriffe, die ihr Verrat am Klimaschutz vorwerfen, kann eine grüne Seele sich nicht panzern. Um irgendwie mit der Misere umzugehen, hat die Partei inzwischen ihre Kommunikationsstrategie angepasst.

Eine Weile hatte Wirtschaftsministerin Mona Neubaur den Kohlekompromiss vor allem gelobt. Inzwischen betonen auch Verfechter der Einigung, dass sie in diesen Tagen keineswegs glücklich sind. Das umarmt zunächst mal die Enttäuschten.

Die zweite Säule der neuen Kommunikation ist das Versprechen, dass man beim Klimaschutz liefern will – möglichst schnell, ganz sicher. Gerade damit aber geht die Partei ins nächste große Risiko: Schnell geht nicht viel, Klimaschutzmaßnahmen sind langfristige Projekte. Die Grünen laufen Gefahr, auf ihrem ureigensten Terrain erneut Enttäuschung zu provozieren.

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