Kultur in Duisburg Ein Abend im Zeichen von Innen- und Außenwelten

Duisburg · So lief das Vernissage-Klavierkonzert im Duisburger „Ear Port“ anlässlich der Foto-Ausstellung „The Red Couch – A Gallery of Mankind“ von Horst Wackerbarth.

 Horst Wackerbarth erläuterte dem Publikum seine im Duisburger „Ear Port“ ausgestellten Fotoarbeiten von der „Roten Couch“.

Horst Wackerbarth erläuterte dem Publikum seine im Duisburger „Ear Port“ ausgestellten Fotoarbeiten von der „Roten Couch“.

Foto: Olaf Reifegerste

Auch wenn die Foto-Ausstellung „The Red Couch – A Gallery of Mankind“ von Horst Wackerbarth seit Mitte vergangenen Monats durch das Schaufenster des „Ear Port“ im Duisburger Innenhafen größtenteils schon zu sehen war, die offizielle Ausstellungseröffnung verbunden mit einem Klavierkonzert und einer Performance fand erst jetzt am Sonntag statt. Dabei stand der Vernissage-Konzertabend ganz im Zeichen von räumlich- und sinnlich-wahrnehmbaren Innen- und Außenwelten.

Bei der Teil-Uraufführung der Komposition „Neben.Wirken“ von Kunsu Shim, die er im letzten Jahr für einen „Tastenspieler und einen Saitenspieler“ geschrieben hat, spielte Mabel Yu-Ting Huang die Partitur auf der für das Publikum einsehbaren Klaviatur des Konzertflügels. Die Saitenspielerin Jieun Jun hingegen widmete sich allein dem Innenleben des Instruments, indem sie mit Rundholz, Glasflasche, Konservendose und anderen Alltagsgegenständen den Saiten des Klaviers verschiedenartige Klänge entlockte.

Beide Partien der Komposition seien zwar individuell konzipiert, was eine große Variation des Zusammenspiels ermögliche, schrieb Kunsu Shim im Programmheft, doch präparierte er nicht nur die Klaviersaiten, sondern experimentierte auch mit variablen Präparationen, mal als temporäre Präparation, mal als De-Präparation. Auf diese Weise könne der Charakter eines Tones durch die Mitwirkung des Saitenspielers mehr oder weniger stark in einen instabilen Zustand gebracht werden. Hörbar gemacht wurde dieses Prinzip durch das Klingen der Töne als Verfremdung, ob als Verzerrung oder Geschnarre beispielsweise.

Vorausgegangen war das Klavierstück „Dali – Musica magica para piano“ (1995/96) von Gerhard Stäbler, das Mabel Yu-Ting Huang solistisch darbot. In den 51 dreiunddreißig Viertel umfassenden Abschnitten (zuzüglich einer ausgedehnten Pause) wirke Schuberts (Klavier-)Musik nach, heißt es in besagtem Programmheft. Dazu wurde ein artifizieller Text von Huang zu ihrem Spiel eingesprochen, der seine Wurzeln in Walter Benjamins Essay „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ (1935) hat.

Von Innen- und Außenwelten erzählen auch die Fotoarbeiten der „Roten Couch“ von Horst Wackerbarth, seinem wohl wichtigsten Kunstprojekt.  Seit 40 Jahren bereist er die Welt mit dieser Couch, die er in das Lebensumfeld verschiedener Menschen stellt und diese darauf porträtiert.  Dabei gehe es ihm vor allem darum, die großen Themen der Menschheit in der Biografie eines Individuums zu spiegeln, sagte er. Denn jeder Mensch sei ein Unikat. Die im „Ear Port“ ausgestellten 17 Fotografien sind regional und ortsbezogen allein auf Duisburg fokussiert. Entstanden sind die Aufnahmen in den Jahren 2009 und 2010, wo sich Wackerbarth hierzulande viel aufgehalten hat und dabei Shim und Stäbler kennengelernt und als Freunde gewonnen habe. Infolgedessen sind die beiden Duisburger Musiker und Komponisten ebenso abgebildet wie die Tänzer Avi Kaiser und Sergio Antonino, als auch der weltbekannte Violonist Frank Peter Zimmermann. Als Umfeld-Motive wählte Wackerbarth zum Beispiel den Landschaftspark, die Mercator-Insel in Ruhrort, die Stadtteile Marxloh und Hochfeld, den Zoo sowie den Innenhafen mit dem „Garten der Erinnerung“.

Zum Abschluss des Programms agierten Shim und Stäbler als Akteure in der Performance „Tat.Ort“, die in der „Zeit des Stillstands“ entstand, wie die beiden die derzeitige Gegenwartssituation in Zeiten von Corona beschreiben: Sie draußen, vor den Schaufensterscheiben des „Ear Port“, als „ausgesperrtes“ Duo; das Publikum drinnen, ihr Wirken und Handeln beobachtend und verfolgend, als separierte Gruppe.

Nach 90 Minuten endete der teils innerlich stille, teils Nachdenklichkeit auslösende Abend, den das gut eingestimmte Publikum augenscheinlich genoss und mit reichlich Beifall bedachte.

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