Solidarisches Abendmahl Bergerkirche wird zum Speisesaal

Düsseldorf · Ein gemeinsames Essen an einer langen Tafel in der Bergerkirche lenkt den Blick auf die Armut in Düsseldorf. Der Gottesdienst stellt den Bezug zu einer Tradition der Urkirche her.

 Pfarrer Thorsten Nolting teilt nach dem Gottesdienst das Brot.

Pfarrer Thorsten Nolting teilt nach dem Gottesdienst das Brot.

Foto: Werner Gabriel

Die Bergerkirche verwandelte sich zur Feier des Abendmahls in einen Speisesaal. In Windeseile hatten die Besucher des Gottesdienstes eine lange Tafel aufgebaut und nahmen gemeinsam Platz. Das war keine Zweckentfremdung, sondern gemeinsames Tafeln liegt auf einer biblischen Linie: "Wichtige Stationen im Leben Jesu waren mit einem gemeinsamen Essen verbunden, auch der letzte Abend vor Leiden und Tod von Jesus am Gründonnerstag", erläutert Pfarrer Thorsten Nolting, Vorstand der Diakonie.

Die Urkirche habe dann das gemeinsame Essen nach dem liturgischen Abendmahl zu einer Tradition gemacht mit einem besonderen Akzent: "Auch Arme und Kranke bekamen von dem Essen, die Gemeinde dachte an die Schwachen."

Um diese Tradition aufzugreifen, ist die Bergerkirche der richtige Ort. Denn sie ist die Kirche der Diakonie, dort können sich jede Woche Bedürftige Lebensmittel abholen. Etwa 300 Düsseldorfer kommen regelmäßig. "Die Armut in Düsseldorf wächst offenbar", erklärt Nolting.

Wachsende Armut

Ein Trend, auf den auch andere Kirchengemeinden und Klöster reagiert haben. Der Verein Flingern mobil betreibt für die Elisabethpfarre einen Laden, in dem Bedürftige zu Niedrigstpreisen einkaufen können. "505 Kunden aus dem Stadtteil sind in unserer Kundenkartei registriert, die Zahl hat spürbar zugenommen", sagt Diakon Klaus Kehrbusch. Ähnliche Erfahrungen hat Franziskanerbruder Klaus-Dieter gemacht, der die Firminus-Klause betreut: "Etwa 200 Düsseldorfer holen sich im Schnitt jeden Tag eine Mahlzeit."

Die Mehrzahl von ihnen gehöre nicht zu den klassischen Obdachlosen, sondern seien Rentner oder Hartz-IV-Empfänger, die kaum über die Runden kämen. In der Oberbilker St. Josef-Kirche gaben wachsende Schlangen vor der Essensausgabe vor Jahren bereits den Ausschlag, die Lebensmittel-Ausgabe professionell zu organisieren. "Etwa 15 Ehrenamtliche kümmern sich jetzt darum. Und wir bekommen viele kleine Spenden von Bewohnern des Stadtteils", so Pfarrer Ansgar Puff. Über die Armut und Not machten sich die Menschen ihre Gedanken.

Auch an der langen Tafel in der Bergerkirche. Viele hatten haltbare Lebensmittel als Spende mitgebracht, die in gläsernen Regalen in der Kirche aufbewahrt werden — als Mahnung, vor der Not nicht die Augen zu schließen. Das passt auch zu einer Interpretation der Ereignisse im Garten Gethsemane: Jesus bittet die Jünger, mit ihm zu wachen und zu beten. Aber die schlafen ein. "Schlafen kann auch ein Verdrängen von Problemen sein, die Menschen überfordern", formulierte eine Gesprächsrunde am Tisch. Nolting griff das in der Predigt auf: Ostern verheiße auch die Kraft, für die Probleme wach sein zu können.

(RP)
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