Maßnahme gegen Lehrermangel GEW warnt vor „Zwangsversetzungen“ nach Duisburg

Update | Kreis Wesel/Duisburg · Die Lehrergewerkschaft im Kreis Wesel berichtet von einer Anordnung, die „(Zwangs)-Versetzungen“ von Lehrpersonal nach Duisburg vorsehe. Die Bezirksregierung wiegelt ab. Es gibt aber wohl konkrete Zielvorgaben.

 Schulausfall wegen Lehrermangel soll es nach Möglichkeit nirgendwo geben, deshalb wirbt die Bezirksregierung in Duisburgs Nachbarkommunen um Lehrkräfte.

Schulausfall wegen Lehrermangel soll es nach Möglichkeit nirgendwo geben, deshalb wirbt die Bezirksregierung in Duisburgs Nachbarkommunen um Lehrkräfte.

Foto: dpa/Caroline Seidel

Die Verantwortlichen bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft im Kreis Wesel ärgern sich. Grund dafür ist eine im Rahmen einer Videokonferenz zwischen der Bezirksregierung Düsseldorf und den Schulämtern zur Sprache gekommene Verfügung, die vorsehen soll, dass die Schulämter Lehrpersonal benennen, das für ein Schuljahr nach Duisburg versetzt wird. Hintergrund ist der eklatante Lehrermangel in der Großstadt. Zuletzt konnte von 57 offenen Stellen in der Stadt keine einzige besetzt werden. Der WDR hatte zuerst über die Lage berichtet.

Bei der Lehrergewerkschaft im Kreis Wesel spricht man vor diesem Hintergrund von „(Zwangs-)Versetzungen“. Derzeit würde der Lehrermangel mit allen Möglichkeiten, die sich bieten würden, gestopft, schreibt Heinz-Dieter Hamm, Vorsitzender der GEW in Wesel in einer Stellungnahme zur Lage im Kreis. „Hier werden auch im Schulamt Kreis Wesel Löcher aufgerissen, um die Lehrerversorgung in Duisburg zu sichern.“

Dass sich Hamms Verständnis für die Anordnung der Bezirksregierung in Grenzen hält, liegt auch daran, dass die Lage im Kreis Wesel selbst nicht ideal ist. „Es ist ein personeller Flickenteppich. Den größten Lehrermangel haben wir derzeit an den Grundschulen, wobei aber auch mittlerweile an den Gesamtschulen der Mangel größer wird“, schreibt Hamm. „Es gibt Schulen im Kreis Wesel, an denen der Anteil sogenannter Seiteneinsteigern bei fast 50 Prozent liegt. Das bedeutet für die ausgebildeten Lehrkräfte eine immense Belastung, da sie diese Beschäftigte neben dem alltäglichen Unterricht zusätzlich noch pädagogisch-didaktisch betreuen müssen.“

Die Einlassung der Bezirksregierung zu der Anordnung liest sich naturgegeben deutlich weniger dramatisch. Von Zwangsversetzungen ist hier nicht die Rede – im Gegenteil: „Die angesprochene Verfügung der Bezirksregierung setzt auf Freiwilligkeit und das Einverständnis der betreffenden Lehrenden“, heißt es in einer Stellungnahme. Der Bezirkspersonalrat sei bereits im Vorfeld mit allen Zahlen und Fakten beteiligt und bei der Videokonferenz mit den Schulämtern anwesend gewesen.

Nach Informationen unserer Redaktion existieren allerdings konkrete Zielvorgaben, die die Schulämter der einzelnen Städte und Kreise im Zuständigkeitsbereich der Bezirksregierung Düsseldorf erfüllen sollen, um einen Teil der mittlerweile 70 unbesetzten Stellen in Duisburg abzudecken. Auch intern wurde wohl die freiwillige Entscheidung der jeweiligen Lehrkräfte betont. Was jedoch passieren soll, wenn sich nicht genügend Freiwillige finden, scheint nicht klar kommuniziert worden zu sein.

In der offiziellen Stellungnahme der Bezirksregierung wird geschildert, wie schwierig die Personalsituation in Duisburg sei. „Trotz diverser Maßnahmen – zum Beispiel Abordnungen aus anderen Schulämtern in den Jahren 2017 und 2021; Priorisierter Versorgung von Duisburg im Versetzungsverfahren; Stellen mit Zulage – konnten die Probleme nicht nachhaltig beseitigt werden.“ So seien die Lehrereinstellungsverfahren zum 1. Februar 2022 und 1. Mai 2022 in der Primarstufe weitestgehend erfolglos verlaufen. „Daher werden nun kurzfristig wirkende Maßnahmen ergriffen.“ Um dieser angespannten Personalsituation in Duisburg zu begegnen und weiterhin die Unterrichtsversorgung in den betroffenen Schulen gewährleisten zu können, sei es Aufgabe der Schulaufsicht, eine entsprechende Personalplanung vorzunehmen.

Rüdiger Wüllner, Duisburger Sprecher der Lehrergewerkschaft GEW, begrüßt die Pläne im Gegensatz zu seinem Kollegen in Wesel. „Alle helfenden Hände in Duisburgs Grundschulen sind willkommen“, sagt er. Dass explizit Schulen angesprochen werden, zeige, dass das Problem endlich ernst genommen werde.

Solche Aktionen seien laut Wüllner allerdings nur hilfreich, um den akuten Lehrermangel etwas zu entschärfen. Auf Dauer brauche es andere Lösungen. „Die Landesregierung muss die Lehrerzuteilung ändern“, sagt Wüllner. Der Sozialindex müsse hierbei eine größere Rolle spielen. Davon würde Städte wie Duisburg oder auch Gelsenkirchen automatisch profitieren. „Sonst kann man jedes Jahr eine kleine Brandlöschaktion durchführen.“

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