Coronavirus in NRW Kliniken müssen Desinfektionsmittel wegschließen

Duisburg/Düsseldorf · In vielen Apotheken und Supermärkten sind Desinfektionsmittel und Atemschutzmasken derzeit ausverkauft. Krankenhäuser in NRW beklagen jetzt, dass es sogar zu Diebstählen kommt. Beim Personal gibt es bislang kaum Engpässe.

 In Essen sehen sich Stadt und Uniklinik gut vorbereitet auf Patienten, die mit dem neuartigen Coronavirus infiziert sind. (Archiv)

In Essen sehen sich Stadt und Uniklinik gut vorbereitet auf Patienten, die mit dem neuartigen Coronavirus infiziert sind. (Archiv)

Foto: dpa/Bernd Thissen

Die Ausbreitung des Coronavirus in Nordrhein-Westfalen sorgt dafür, dass in Krankenhäusern Material wie Atemschutzmasken und Desinfektionsmittel gestohlen werden. „Die Kliniken sind angehalten, ihre Bestände wegzuschließen“, sagte der Sprecher der Krankenhausgesellschaft NRW, Lothar Kratz, unserer Redaktion. „Uns sind Fälle bekannt, in denen beispielsweise Desinfektionsmittel aus Spendern mitgenommen wurde.“ Das meldet auch eine Duisburger Klinik, die ihr Lager als Vorsichtsmaßnahme abgeschlossen hat. Der Ärztliche Direktor sagt: „Bei uns wird gerade alles geklaut, von dem die Leute glauben, es könne gegen Covid-19 helfen.“ Aus dem Warenlager der Uniklinik Münster wurde eine ganze Palette Desinfektionsmittel gestohlen.

Auch die Malteser Kliniken in Duisburg sperren ihre vorrätigen Atemmasken und Desinfektionsmittel derzeit weg. In Toiletten und Zimmern sowie auf den Gängen hingen aber weiterhin Spender, sagt ein Sprecher: „Gerade jetzt ist es ja wichtig, saubere Hände zu haben.“ Im Neusser Lukaskrankenhaus hat es dem Vernehmen nach vereinzelt Diebstähle von Desinfektionsmittel aus der Eingangshalle gegeben. Die Nachfrage sei derzeit zudem auch außerhalb von Krankenhäusern so hoch, dass Engpässe in den kommenden Wochen durchaus möglich seien, ergänzt Kratz. Eine Abfrage bei den Kliniken in der vergangenen Woche habe ergeben, dass die Bevorratung schwanke.

Im Marien-Hospital in Wesel, das zum Klinikverbund Pro Homine gehört, hat man laut einem Sprecher noch einmal nachgeordert: „Das Material reicht aktuell aus.“ Auch das Lukaskrankenhaus, ein Standort des Rheinland-Klinikums, sieht derzeit keine Schwierigkeiten. „Wir haben seit etwa vier Wochen die Vorräte über den Routinebedarf hinaus erhöht“, sagt Sprecherin Ulla Dahmen. Gesichtsschutzmasken und Schutzkittel seien ausreichend vorhanden, „wir sind maximal vorbereitet“, sagt Klinikdirektor Andreas Kremer.

Bei einer weiteren Ausbreitung des Coronavirus könnte es aber auch bei den Ärzten und beim Pflegepersonal in den Kliniken Schwierigkeiten geben. Vergangene Woche mussten das Erkelenzer Hermann Josef-Krankenhaus, die Maria-Hilf-Kliniken in Mönchengladbach und die Kölner Uniklinik Dutzende Mitarbeiter in häusliche Quarantäne schicken. In Erkelenz ist einem Sprecher zufolge derzeit deshalb die Intensivkapazität eingeschränkt. Zudem könnten allgemein nicht-notwendige Operationen verschoben werden. „Verschiebungen von elektiven Operationen sind in Epidemie-Fällen und generell bei dringenderen Notfällen normal“, sagt ein Sprecher der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Kritisch sieht die möglichen Auswirkungen der Berufsverband für Pflegeberufe. „Die Personaldecke beim Pflegepersonal wird in den Krankenhäusern seit vielen Jahren bei weitem zu niedrig gehalten, da gibt es keine Reserven, wenn der Ernstfall eintritt“, sagt Sprecherin Johanna Knüppel.

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Vielerorts gibt es angesichts der Ausbreitung des Virus besondere Schutzmaßnahmen. So wurden in Gangelt im Kreis Heinsberg, wo es besonders viele Infektionen gibt, in Düsseldorf und im Krankenhaus in Kleve bereits eigene Ambulanzen eingerichtet, in denen sich möglicherweise Infizierte testen lassen können. Die Mitarbeiter dort arbeiten in Schutzkleidung. „Mit dieser Vorsichtsmaßnahme möchten wir eine effektive Diagnostik ermöglichen und die Gesundheit unserer Mitarbeiter und Patienten schützen“, sagt der Sprecher der Klinik in Kleve, Christian Weßels.

An der Uniklinik Münster ist es seit Freitag sogar möglich, sich testen zu lassen, ohne das eigene Auto zu verlassen. Neben der Notfallaufnahme wurde laut Sprecherin Anja Wengenroth in drei Containern eine eigene Ambulanz eingerichtet. An der Hauptzufahrt der Klinik können sich Betroffene aus dem Auto heraus melden, die dann dorthin weiterverwiesen werden. Mitarbeiter in Schutzkleidung kommen zum Auto und führen zunächst ein Gespräch. „Ist ein Test nötig, wird ein Abstrich gemacht“, sagt Wengenroth, „während der Betroffene im Auto sitzen bleibt.“ Danach werde er, bis das Testergebnis vorliegt, in häusliche Quarantäne geschickt – und nur dann in die Klinik aufgenommen, wenn der Test positiv ausfällt.

Aushelfen könnten im Ernstfall nach Angaben der Krankenhausgesellschaft NRW etwa Studenten oder bereits pensionierte Klinikmitarbeiter. Es werde derzeit erörtert, so Lothar Kratz, wie „bei einer krisenhaften Zuspitzung“ Medizinstudenten im letzten Ausbildungsjahr und ehemalige Mitarbeiter „in die Versorgung eingebunden werden können.“ Zudem halten sich auch medizinische Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes bereit. Der Verband Nordrhein hat den Einsatzstab aufgestockt und steht im Austausch mit dem Innen- und dem Gesundheitsministerium. „Wir können zum Beispiel medizinisches Personal für Krankenhäuser und Notaufnahmen stellen, wenn diese personelle Engpässe bekommen“, sagt Sprecher Andreas Brockmann.

Die Entscheidung müssten die Kliniken und die zuständigen Gesundheitsämter treffen. Bislang wurde dies aber nicht abgefragt, so Brockmann. Mitarbeiter des DRK sind aber bereits im Kreis Heinsberg tätig und unterstützen dort die Einrichtung und den Betrieb der zentralen Ambulanz. Zudem hat der Kreis Euskirchen in Kooperation mit dem DRK eine eigene Coronavirus-Hotline eingerichtet, auch, um „Unsicherheit oder gar Angst zu vermeiden.“

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