Kaum jemand sammelt sie noch ein Kamelle für die Tonne – Zeit für die Sinnfrage

Meinung | Düsseldorf · An Karneval werden tonnenweise Kamelle geworfen. Doch nur wenige Karnevalisten sammeln die Bonbons noch auf. Das Nachsehen haben am Ende die Müllwerker. Es wird Zeit für die Sinnfrage.

Diese Mühe machen sich viele Karnevalisten nicht mehr. (Archiv, Symbol)

Diese Mühe machen sich viele Karnevalisten nicht mehr. (Archiv, Symbol)

Foto: dpa/Mohssen Assanimoghaddam

Kamelle zu Karneval sind so beliebt wie die Socken zu Weihnachten: Kaum einer freut sich drüber. Viele Narren lassen inzwischen liegen, was ihnen beim Zoch zugeworfen wird. Das süße Etwas, einst nicht nur von Kindern begehrt, fliegt vom Wagen nicht selten direkt in den Dreck. Nur wenige fangen die Karamellbonbons aus der Luft, kaum einer will sich noch bücken, um einzusammeln, was auf dem Boden gelandet ist. Die Müllwerker haben das Nachsehen. Sie müssen, kaum ist der Frohsinn vorbeigezogen, die oft klebrige Masse vom Asphalt klauben. Was übrig bleibt, wird (als olle Kamelle) verbrannt. Da liegt es doch nahe, die rheinische Sinnfrage zu stellen: Wo jövet dann so jett?

Für diese Debatte haben Karnevalisten vor Aschermittwoch keinen Kopf. Danach aber hat jeder etwas zu kamelle: Hat es noch Sinn, bei den Karnevalsumzügen tonnenweise Klümpchen zu werfen, wenn sie am Ende doch meist im Müll landen? Das ist zunächst eine Kostenfrage – die Kamelle sind ganz schön teuer geworden. Schon der Preis könnte ein Argument sein, zumindest die Menge zu reduzieren. Ob das reicht? Schließlich handelt es sich um Lebensmittel, die da vernichtet werden. Kamelle gehören in den Mund und nicht in die Tonne, damit könnte der Karneval ein Fall für die Essensretter von Foodwatch werden.

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Doch allein aus dem Blickwinkel der Vernunft wird im Brauchtum nichts betrachtet. Entscheidend ist das Gefühl. Ein Kamelle-Verbot, mag es auch ökologisch begründbar sein, scheint daher kaum denkbar. Vielleicht aber hilft die Rückschau auf die Historie. Beim ersten Rosenmontagszug, so steht es in der Kölner Chronik, hätten ausgewählte Untertanen kleine Geschenke bekommen, überreicht von Adjutanten. Später sei der Kreis der Empfänger aufs allgemeine Publikum erweitert worden. Eine schöne Vorstellung: Ob in Düsseldorf oder Köln – Spaß an der Freud in Tüten.

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