Kulturtipps zum Wochenende Die beste Musik zum Hören und Lesen

Ein Wochenende mit Musik: Der Schriftsteller Thomas Melle feiert in seinem neuen Buch die Beastie Boys. Und das amerikanische Duo Beach House macht die schönste Platte, die derzeit möglich ist.

 Die Beastie Boys.

Die Beastie Boys.

Foto: Random House

Musik zum Lesen

Es gibt inzwischen 17 Bände der „Musikbibliothek“ des Kölner Verlags Kiepenheuer & Witsch. Soeben sind zwei neue erschienen: Thomas Melle schreibt über die Beastie Boys und Susann Pásztor über die frühen Genesis. Die Bände haben ungefähr das Format von Reclam-Heften, das heißt, man kann sie in der Jackentasche transportieren und in der Bahn oder im Wartezimmer herausholen. Zum Konzept gehört, dass bekannte  Autorinnen und Autoren sehr persönliche Porträts schreiben und der fertige Text mitunter weniger von den Musikerinnen und Musikern handelt als vielmehr von einem Leben, das zum Klang einer bestimmten Musik geführt wurde. Soundtrack of our Lives wäre also auch ein treffender Titel für die Reihe gewesen.

Das Vorbild für die „Musikbibliothek“ dürfte die englischsprachige Reihe „33 1/3“ sein, in der es immer um ein einzelnes Album geht. Jonathan Lethem schrieb dort etwa über „Fear Of Music“ von den Talking Heads, ein anderer Höhepunkt ist Carl Wilsons Studie über „Let’s Talk About Love“ von Celine Dion.

Manchmal kann man nicht nachvollziehen, was und wie die „Musikbibliothek“-Autoren über bestimmte Künstler schreiben. Aber gerade dann wird es interessant. Weil man sich nämlich angeregt fühlt: Hätte ich das Buch doch geschrieben! Wie hätte ich es wohl geschrieben? Besonders toll sind dennoch jene Bücher, bei denen man merkt, dass da jemand für eine bestimmte Musik brennt.

Der letzte Satz von Thomas Melles 86 Seiten über die Beastie Boys lautet so: „Die Beastie Boys waren die beste Band der Welt.“ Superlativ der Zuneigung, Drama des Vergangenen.

Das neue Album von Beach House

Diese Musik ist so schön, dass man das Album nicht bloß hört, sondern darin abtaucht. Beach House heißt die Band, sie stammt aus Baltimore, und ihre neue Produktion „Once Twice Melody“ ist ihr Meisterwerk. „Dream Pop“ nennt man das Genre, aber das ist nur eine Hilfsbezeichnung. Aus Gitarren, Synthies und Percussion spinnen Beach House einen Sound-Kokon, der sich wie Zuckerwatte anfühlt und sich weich und warm um das Publikum legt. Manchmal piekst er allerdings, dann spürt man, dass Dornen eingewebt sind.

2006 veröffentlichten Victoria Legrand und Alex Scally ihr Debütalbum, und das Bemerkenswerte ist, dass sie seither denselben Trademark-Klang beibehalten haben. Sie variierten nicht, erweiterten ihn nicht. Sie arbeiteten in all den Jahren ausschließlich daran, ihn zu verfeinern, zu verbessern, ihn zu perfektionieren. Und auf „Once Twice Melody“ erreichen sie ein beeindruckendes Niveau. Man muss hören, wie sich die Melodien aus dem Nebel lösen und aufsteigen. Wie die wunderbare Stimme Legrands zu schweben beginnt und man gar nicht mehr auf den Text achtet, sondern nurmehr auf das Schmeicheln.

Beach House bewegen sich in der Tradition von Kollegen wie Slowdive und My Bloody Valentine, sie klingen dabei so zeitgemäß wie die Geistesverwandten von Tame Impala und schätzen den Disco-Glam von Giorgio Moroder.

Diese Platte ist nun die erste, die sie selbst produziert haben. Die Veröffentlichung erfolgte in vier Schritten, sie brachten über Wochen hinweg jeweils vier oder fünf Songs heraus, bis das Album vollständig war. Erst jetzt bekommt man also den vollen Genuss. 18 Stücke, die sich über fast anderthalb Stunden erstrecken.

Bisweilen schimmert Düsternis durch die Texte, von Verzweiflung und Depression ist die Rede, es tauchen surreale Bilder auf. Und dann hört man Verse wie jenen, in dem das Haar von jemandem zu silbernen Sternen schmilzt. Herrlich.

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