Konzert in der Tonhalle mit Zugabe für den Frieden Die Bewahrer des schönen Klangs

Düsseldorf · Der französische Cellist Gautier Capuçon und das Kammerorchester Wien-Berlin sorgten in der Tonhalle für perfekte musikalische Harmonie.

 Der französische Cellist Gautier Capuçon.

Der französische Cellist Gautier Capuçon.

Foto: Felix Broede

Jungs spielen am liebsten mit Jungs. Diese Erfahrung machen nicht nur genderbewusste Eltern von Kindergarten- oder Schulkindern kopfschüttelnd tagtäglich. Dieses Relikt aus emanzipatorisch weniger fortgeschrittenen Zeiten hält sich offenbar auch in nach außen aufgeklärten, irgendwo im Innern jedoch nach wie vor konservativ beseelten Orchestern von Weltklasse. Dieser Eindruck jedenfalls drängt sich auf, wenn man in der Tonhalle die 17 Männer auftreten sieht, die als Kammerorchester Wien-Berlin sich aus den überwiegend melierten Stimmführern der Berliner und Wiener Philharmoniker rekrutieren. Schönklang-Bewahrer par excellence. Und so klingt das auch.

Mozarts „Kleine Nachtmusik“ ist wie immer Hochglanz-Unterhaltung in perfekter Harmonie. Die Tempi flott, die Geigen gediegen, ab und an ein zartes, intelligentes Rubato. Viele luftige Klangfarben, perfektes, von strenger Hierarchie geprägtes Zusammenspiel. Das ist so schön, dass einem die Ohren klingen, was schon am Schluss des Kopfsatzes eine Hörhilfe im Parkett zum Ausrasten bringt.

Der Rest ist Haydn. Die Cellokonzerte in C- und D-Dur zunächst. Sehr hübsche, sehr bekannte, sehr dankbare Kost für alle Beteiligten. Gautier Capuçon, einer der Großen und Ernstzunehmenden im Klassik-Zirkus, schafft auf seinem unglaublich ausgeglichenen Goffriller-Cello den Spagat zwischen historisch informierter Spielweise, die mit wenig Vibrato, wenig Mätzchen und klarer Phrasierung die Struktur der ehrwürdigen Musik herauskitzelt, und einem durchaus neuen Blick auf etliche Details, der den allbekannten Notentext neu erleuchtet.

Capuçon denkt groß, verliert selbst in den Kadenzen nie den Schwung, die Energie der Musik aus den Augen. Zum virtuosen Lametta setzt er gern und rasant den Springbogen ein, was nicht immer gut klingt, aber großen Effekt macht. Seine Fingersätze sind das reine Abenteuer, ohne Netz und doppelten Boden. Das D-Dur-Konzert singt wunderbar. Und das übrigens – keineswegs selbstverständlich – in inniger Übereinstimmung mit den Jungs des Kammerorchesters.

Das spielt zum Schluss zur Abwechslung Haydn, die Sinfonie 45, „La passione“. Zwei Hörner tuten anfangs samten dunkel, später in lichten Höhen. Die beiden Oboen: Wohlklang pur. War das Tempo bei Schlussätzen der beiden Cellokonzerte schon sehr molto, gerät das Presto-Finale zum Kehraus. Großer Applaus. Die Zugabe für den Frieden.

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