Frankfurter Synodalversammlung Kirche sucht den Weg in die Zukunft

FRANKFURT · Auf der ersten Synodalversammlung der katholischen Kirche prallten die Meinungen hart aufeinander.

 Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, bei der Synodalversammlung in Frankfurt.

Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, bei der Synodalversammlung in Frankfurt.

Foto: dpa/Andreas Arnold

Der erste Schultag ist immer der schwierigste – weil unklar ist, wer neben wem sitzt. Diese heikle Frage hat die katholische Kirche auf ihrer ersten Frankfurter Synodalversammlung zum Reformdialog denkbar einfach gelöst: Alle 230 Teilnehmer wurden im Saal des ehemaligen Dominikanerklosters in alphabetischer Reihenfolge platziert: Bischöfe neben Laien, Priester neben Ordensfrauen und Verbandsvertretern – alles durcheinander. Das katholische Gottesvolk als bunter Haufen.

So beginnt also der Reformprozess, und schon am ersten Tag zeichnet sich ab, wohin die Reise gehen könnte. So kennt der erste Bericht zu Macht und Gewaltenteilung in der Kirche eigentlich nur drei Themen: Frauen, Frauen, Frauen. Obwohl über Frauen in Diensten und Ämtern erst noch gesprochen wird, ist dieser Schwerpunkt schon jetzt ein Signal. In der Debatte dazu meldeten sich der Regensburger Bischof Voderholzer und der Kölner Erzbischof, Rainer Maria Kardinal Woelki, zu Wort, die auf das besondere Wesen des Amtes verwiesen und in Laien eher wichtige „Missionare des Alltags“ sahen, so Voderholzer. Der Bochumer Theologe Thomas Söding antwortete beiden mit einer Frage: „Sind wir in der katholischen Kirche hier am Ende der Geschichte oder an einem Wendepunkt, an der wir uns erneuern müssen?“

Und warum sei Partizipation nur außerhalb der Kirche möglich, nicht aber innerhalb? Der Tag hatte bereits erregt begonnen. Nicht einmal eine Stunde war die auf drei Tage angelegte Synodalversammlung alt, da wurde ihr Anlass schon in Frage gestellt. Bischof Voderholzer kritisierte, dass die im vergangenen Jahr publizierte Missbrauchsstudie wissenschaftlich nicht ausreiche, einen Zusammenhang zwischen sexualisierter Gewalt und der Institution herzustellen. Seiner Meinung nach fehle damit dem Reformprozess gleich „an seiner Wiege die Grundvoraussetzung“, sagte er. Er forderte ein wissenschaftliches Symposium über den Missbrauch, um mehr Klarheit zu gewinnen, ehe man die Studie zum Anlass nimmt, über systemische Veränderungen nachzudenken – wie jetzt in Frankfurt. Ob Voderholzer nach dieser Wortmeldung den synodalen Weg bis zum Ende mitgehen wird, ist ungewiss. Zumal er bereits im Vorfeld einen solchen Ausstieg für sich vorsorglich nicht ausgeschlossen hat.

Die Synodalversammlung sei „der richtige Ort, an dem Krawall gut ausgetragen wird; und es wäre schlimm, wenn die Angst so groß, dass das nicht möglich wäre“, sagte uns am Rande der Versammlung der Bischof von Aachen, Helmut Dieser. „Wir brauchen diesen synodalen Weg,“ erklärte er, zeigte sich aber erschüttert, dass es in der Kirche so viel „bitterste Enttäuschung“ gebe.

Aufgeregtheiten müssen nicht tragisch sein, neu sind sie auch nicht. Eine Textstelle aus der Apostelgeschichte nach Lukas machte die Runde: „Die einen schrien dies, die anderen das; denn in der Versammlung herrschte ein großes Durcheinander, und die meisten wussten gar nicht, weshalb man überhaupt zusammengekommen war.“ Wenigstens sind Störfeuer von außen gelöscht worden.

Mit Beiträgen zur Reformdiskussion beteiligten sich einige auch außerhalb der Versammlung: Kardinal Gerhard Ludwig Müller attestierte den Teilnehmern, mit ihren Gesprächen über Macht in der Kirche bloß „Populismus und theologische Ignoranz“ zu betreiben; die Jugendorganisation der erzkonservativen Piusbruderschaft veröffentlichte E-Mail-Adressen der Teilnehmer und bat um entsprechende Kommentare; und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer wünschte sich die Abschaffung des Zölibats.

Anmerkung der Redaktion: In einer vorherigen Fassung des Artikels hieß es, Opus Dei habe aus der Webseite die Mailadressen der Teilnehmer veröffentlicht. Das ist nicht korrekt. Tatsächlich war es die Piusbruderschaft. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.

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