Literatue Späte Versöhnung mit Dieter Forte
Düsseldorf · Der neue Sammelband „Ich schwimme gegen den Strom“ erinnert an den großen Düsseldorfer Schriftsteller Dieter Forte, der vor einem Jahr verstarb und der von seiner Heimatstadt lange Zeit ignoriert worden ist.
Im April 2019 ist der Schriftsteller Dieter Forte 83-jährig in seiner Wahlheimat Basel gestorben. Am dortigen Theater hatte er vor fünfzig Jahren als Dramaturg die Nachfolge von Friedrich Dürrenmatt angetreten. Eine schöne Sache für jemanden, der gerade erst seinen Bühnenerstling geschrieben hatte. Doch so einfach lagen die Dinge nicht. Zwar wurde die Uraufführung von „Martin Luther & Thomas Münzer oder die Einführung der Buchhaltung“ zu einem riesigen Erfolg mit zahlreichen Inszenierungen weiterer Theater, gleichzeitig aber auch zu allgemeiner Aufregung in den Feuilletons jener Tage. Ein Hauptvorwurf lautete damals, der Autor vermische in seinem Drama „historische Teilwahrheiten, Verfälschungen und Karikaturen.“
Eigentlich hätte Fortes Werk zuerst in Düsseldorf gespielt werden sollen, seiner Geburts- und lebenslang empfundenen Heimatstadt. Es hatte bereits Verhandlungen mit dem Schauspielhaus gegeben, auch Ankündigungen, doch dann platzte das Projekt. Der junge Dramatiker war darob tief gekränkt und wies sein Leben lang auf die von ihm so empfundene „Schmähung“ hin. Immerhin besann man sich in Düsseldorf später auf den verlorengegangenen Sohn, widmete ihm Lesungen und gab sogar einer großen Schule den Namen Dieter Forte. Bei dem renommierten Heine-Preis der Stadt ging er aber leer aus.
Hat Düsseldorf vor einem halben Jahrhundert mit dem zornigen Abgang eines jungen Dramatikers einen großen literarischen Verlust erlebt? Dieser Meinung sind nicht wenige, die in der Stadt als Kulturschaffende wirken. Auf deren Initiative geht ein „Lesebuch“ zurück, das jetzt im Rathaus von Oberbürgermeister Thomas Geisel persönlich vorgestellt wurde. Im Vorwort zu dem Erinnerungsband „Ich schwimme gegen den Strom“ mahnen der Herausgeber Olaf Cless und seine Kollegen: „Wir erheben Einspruch dagegen, dass große Erzähler Dieter Forte nun, da er seit einem Jahr aufgehört hat zu schreiben, womöglich zu den Akten gelegt wird.“ Der heutige OB drückte sein Bedauern über die damaligen Missverständnisse aus: „Für eine Versöhnung hätte ich mich persönlich gern eingesetzt.“
Tatsächlich bietet das neue Buch viel Erhellendes, auch Spannendes, über einen großen Literaten, der seit jungen Jahren an einer bösen Lungenkrankheit litt. Der überaus produktiv dagegen anschrieb und es schließlich schaffte, in seinem letzten Lebensjahr den schönen Band „Als der Himmel noch nicht benannt war“ zu Ende zu bringen. Es geht darin um die 5000 Jahre währende Geschichte der Menschheit, die Erschaffung der Welt und die Erfindung der Sprache. „Unglaublich, kaum fassbar“, beschreibt der RP-Kulturchef Lothar Schröder seine Leseeindrücke. Eine andere begeisterte Forte-Leserin ist Elke Heidenreich: „Wir haben einfach nur dieses eine kleine Leben und kämpfen darum, dass es gut sein möge. Aber Bücher wie die Romane von Dieter Forte helfen uns, zu begreifen, (…) wie man etwas daraus machen kann, ohne auf die falsche Seite zu geraten.“