Verkehrschaos am Samstag Lokführer drohen Bahn mit unbefristeten Streiks

Der zweite Warnstreik der Lokführer binnen einer Woche hat am Samstag im Zugverkehr für teils chaotische Zustände gesorgt. Nun deutet vieles auf längere Streiks hin. Die Lokführer-Gewerkschaft GDL droht der Bahn mit einer Urabstimmung, sollte das Unternehmen sich nicht bewegen.

Verspätung wegen Bahnstreik: Das sind Ihre Rechte
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Foto: dpa, rwe htf

Der Streik bei der Bahn am Samstag erfolgte nur wenige Stunden nach einem Pilotenstreik bei der Lufthansa. Es war der zweite Warnstreik der Lokführer binnen einer Woche, der die Reisepläne von Zehntausenden Bahnfahrern durchkreuzte. In ganz Deutschland behinderte ein dreistündiger Ausstand der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) am Samstag von 6 Uhr bis 9 Uhr den Schienenverkehr massiv. Etwa 1000 Züge fielen aus oder waren mit stundenlanger Verspätung unterwegs.

Nun zeichnen sich im Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn längere Streiks ab. Die GDL wird in den nächsten Tagen voraussichtlich eine Urabstimmung über einen Arbeitskampf einleiten. Das sagte ihr Vorsitzender Claus Weselsky am Samstag in Berlin. Auf Bahnreisende könnten damit bundesweit noch größere Einschränkungen kommen.

Streiks gelten auch deswegen als wahrscheinlich, weil im Tarifkonflikt mit der Bahn bislang keine Einigung abzusehen ist. Die Positionen sind verhärtet.

Die GDL verlangt von der Bahn für das gesamte Zugpersonal 5,0 Prozent mehr Geld und eine um zwei Stunden verkürzte Wochenarbeitszeit. Sie kritisiert eine hohe Zahl an Überstunden, die nicht abgebaut werde, weil die Bahn zu wenig Personal einstelle. Der bundeseigene Konzern bietet bislang nur den Lokführern eine Einkommenserhöhung um 1,9 Prozent.

Sollte die Bahn kein besseres Angebot mehr vorlegen, werde der GDL-Hauptvorstand in der kommenden Woche wohl die Urabstimmung beschließen, sagte Weselsky. "Die nimmt alles in allem womöglich 14 Tage Zeit in Anspruch. Danach sind wir in der Lage und auch bereit, weitere Arbeitskampfmaßnahmen durchzuführen, die dann durchaus länger sein können", kündigte er an. Nach dpa-Informationen will die GDL auf weitere Warnstreiks verzichten, solange die Urabstimmung läuft.

Die Deutsche Bahn kritisierte den erneuten Streik als überflüssig und verwies auf ihre Bereitschaft, jederzeit wieder in die Verhandlungen einzusteigen. "In diesem Tarifkonflikt hilft nur verhandeln. Wir sind jederzeit bereit, über alles für unsere Lokführer zu verhandeln - über Löhne, über Arbeitsbedingungen und über neue Spielregeln für Tarifverhandlungen", so das Unternehmen. Bisher sei die GDL-Spitze den Einladungen nicht gefolgt.

Die DB verwies auf ihr Angebot vom 1. September, das eine Erhöhung des Entgelts um 1,9 Prozent bei einer Laufzeit von einem Jahr vorsieht. Die GDL fordert von der Bahn fünf Prozent mehr Lohn und eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit um zwei auf 37 Stunden.

Weselsky forderte die Arbeitgeber auf, "endlich ein substanzielles Angebot zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen vorzulegen". Damit hätte die GDL die Möglichkeit, unbefristet zu streiken. "Dann gilt: Wer nicht hören will, muss fühlen", warnte der GDL-Chef. Er machte die Deutsche Bahn für die Arbeitskämpfe verantwortlich, da sie sich weigere, über die GDL-Forderungen zu verhandeln. Die DB wolle "ihre Hausgewerkschaft EVG mittels Kooperationsabkommen in die Führungsrolle hieven", so Weselsky. Dabei sei die Mehrheit des Zugpersonals in der GDL organisiert.

Kurz zuvor war bei der Lufthansa am späten Freitagabend ein sechsstündiger Pilotenstreik zu Ende gegangen. Der Betrieb am Frankfurter Flughafen lief am Samstag zum Großteil dann wieder planmäßig. Von und nach Italien wurden jedoch mehr als 100 Flüge gestrichen. Der Grund: ein Fluglotsenstreik in dem Land. So fielen allein am Flughafen Rom-Fiumicino laut Nachrichtenagentur Ansa über 50 Verbindungen aus, weil Mitarbeiter der italienischen Flugsicherung am Nachmittag für vier Stunden ihre Arbeit niedergelegt hatten.

Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) hatte am Freitag von 17.00 bis 23.00 Uhr Kurz- und Mittelstreckenflüge der Lufthansa bestreikt, die in Frankfurt starten. Insgesamt waren dadurch 218 Verbindungen ausgefallen, 26 000 Passagiere waren an Deutschlands größtem Airport von den Streichungen betroffen.

"Der Streik war ein voller Erfolg", sagte Cockpit-Sprecher Jörg Handwerg am Samstag. Durch die Flugausfälle sei wirtschaftlicher Druck auf das Unternehmen entstanden. "Das war das Ziel der Streikmaßnahmen." Nach ersten Schätzungen der Lufthansa dürften durch den Arbeitskampf Kosten von "einigen Millionen Euro" entstanden sein.

(dpa AFP)
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