Packungen mit Nummer und Erstöffnungsschutz Ein „Pass“ soll die Pillen künftig vor Fälschern schützen

Berlin · An diesem Samstag geht ein Milliarden teures neues Verbraucherschutzsystem bei den Apotheken in ganz Europa an den Start

 Jede Arzneimittelpackung hat künftig eine individuelle Nummer zur Nachverfolgung und Identitätsprüfung.

Jede Arzneimittelpackung hat künftig eine individuelle Nummer zur Nachverfolgung und Identitätsprüfung.

Foto: obs/Quelle: securPharm e.V.

Arzneimittelfälscher richten vor allem im illegalen Handel bei Patienten schwere Schäden und in der Pharmabranche Milliarden-Verluste an. Nun sollen die Verbraucher noch sicherer sein, auf den legalen Wegen vor Fälschern geschützt zu sein. Hersteller, Apotheker, Großhändler und Kliniken haben sich dazu europaweit zu einem Netzwerk zusammengeschlossen und wollen ab Samstag jede einzelne Pillenpackung identifizieren und ihre Echtheit garantieren.

Zwei Merkmale bilden dann den Kern des sogenannten securPharm-Systems: Wie bei Wasserflaschen soll man sofort erkennen können, ob die Packung schon einmal geöffnet wurde. Zum anderen bekommt jede Packung eine Art Pass. Sie wird mit einer nur einmal vergebenen Nummer gekennzeichnet und bei der Auslieferung registriert. Der Apotheker scannt den Code ein. Wenn diese Nummer nicht existiert oder das System meldet, dass ein Medikament mit dieser Kennung bereits verkauft wurde, schlägt securPharm Alarm.

Allerdings sind wenige Tage vor dem Start „erst“ 160 Millionen Arzneimittelpackungen im neuen System angemeldet. 90 Prozent der bei den Apothekern vorrätigen Medikamente stecken danach noch in den herkömmlichen Schachteln. Sie dürfen noch drei Jahre lang bzw. bis zu einem früheren Haltbarkeitsdatum abverkauft werden. Damit steigt der Anteil der „sicheren“ Verpackungen von Tag zu Tag.

Die Grundlage liefert eine europäische Fälschungsschutzrichtlinie. Deshalb wird das neue System am Samstag auch nicht nur in Deutschland sondern in 27 weiteren Mitgliedsstaaten scharf gestellt; Italien und Griechenland folgen bis 2025. Und Großbritannien hat sich entschieden, auch nach dem Brexit angebunden zu bleiben. Betroffen sind dann pro Jahr im Endausbau über zehn Milliarden Packungen. Die Kommission schätzt, dass die Umstellung bei allen Beteiligten zusammen gut zehn Milliarden Euro gekostet haben wird. Allein in Deutschland wird mit einer Milliarde Umstellungskosten gerechnet, da die Packstraßen für 60.000 verschiedene Medikamente erneuert werden mussten. Einzelne Hersteller haben hier durchaus dreistellige Millionenbeträge investiert.

Betroffen sind grundsätzlich alle verschreibungspflichtigen Medikamente. Ausnahmen gibt es für spezielle Mittel, wie etwa zur radioaktiven Krebsbekämpfung, die direkt vom Hersteller zur Tumorbehandlung beim Patienten gehen. Umgekehrt gibt es auch unter den ansonsten außerhalb von securPharm laufenden nicht verschreibungspflichtigen Mitteln einzelne, die in das System eingepflegt werden.

Die legalen Wege in der Arzneimittelversorgung sind in Deutschland, anders als in Dritte-Welt-Ländern, schon relativ sicher. Von 57 Verdachtsfällen im vorletzten Jahr bestätigte sich nur einer. Auf einschlägigen gefälschten Internetseiten kann nach Einschätzung von securPharm der Anteil gefälschter Arzneien durchaus bei 50 Prozent liegen.

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