NFL-Fans in Deutschland „Die Nacht von Montag auf Dienstag ist am schlimmsten“

Düsseldorf · Zum Super Bowl zwischen den Philadelphia Eagles und Kansas City Chiefs haben auch in Deutschland wieder viele NFL-Fans mitgefiebert. Sie organisieren sich inzwischen in Fanklubs, machen Podcasts oder treffen sich auf Partys, um die Spiele gemeinsam zu schauen. Wie das Leben der Fans hierzulande aussieht.

 Eine Deutschland- und eine USA-Fahne rahmen unter dem Dach der Münchner Allianz Arena das NFL-Logo ein.

Eine Deutschland- und eine USA-Fahne rahmen unter dem Dach der Münchner Allianz Arena das NFL-Logo ein.

Foto: AP/Markus Schreiber

In Deutschland NFL-Fan zu sein ist nicht unbedingt mit so viel Anstrengung verbunden, wie so mancher glaubt. „Die spielen doch immer nachts, oder?“, ist ein oft gehörtes Klischee. Das stimmt so nicht, denn der Hauptspieltag ist sonntags um 19 Uhr deutscher Zeit. Mitten in der Nacht, also gegen 2.15 Uhr am Morgen, laufen jede Woche lediglich drei Partien.

Wenn man nun Fan eines Teams ist, das wahlweise eine große Fanbasis hat oder sportlich erfolgreich ist (oder beides), dann hat man aber natürlich öfter das „Vergnügen“ diese Spiele zur besten US-amerikanischen Sendezeit zu schauen. Die beiden Teams, die im Super Bowl standen – die Philadelphia Eagles und Kansas City Chiefs, gehören dazu. Sie waren in diesem Jahr jeweils fünf Mal mitten in der Nacht deutscher Zeit gefordert, niemand öfter.

Das sorgt bei Fans in Deutschland natürlich für gewisse Herausforderungen – aber keine, die nicht zu bewältigen sind: „Ich muss morgens früh raus, aber das ist nicht das Problem, ich schlafe dann vor“, erklärt zum Beispiel Gerald Nassheuer, seit vielen Jahren Eagles-Fan und Mitgründer des ersten deutschen Eagles-Fanklubs. „Wenn das Spiel um 2 Uhr ist, dann gehe ich um 21 oder 22 Uhr ins Bett und schlafe drei Stunden. Dann ist halt der Montag etwas kürzer.“ Am schlimmsten seien die Spiele in der Nacht von Montag auf Dienstag. „Donnerstagnacht ist in Ordnung, weil der Freitag in der Regel etwas ruhiger ist.“

Nassheuer entwickelte Mitte der 2000er mit Anfang 20 sein Interesse für den US-Sport und die NFL. Durch die Bekanntschaft zu einer Familie aus Philadelphia während des Abiturs gab es eine erste Verbindung zu den Eagles, woraus später eine Leidenschaft wurde. In dieser Saison hat er jedes Spiel live verfolgt. „Man ist da als Fan schon irgendwie angewiesen auf das Mitwirken und das Dulden der Freundin“, sagt Nassheuer und spielt damit besonders auf die Tatsache an, dass die Eagles am vergangenen Heiligabend ein Spiel hatten. Die Feier sei halt ein wenig vorverlegt worden, um 22 Uhr saß er vor dem Fernseher. Das Spiel gegen die Dallas Cowboys ist schließlich ein besonderes.

Die Eagles und Cowboys haben seit vielen Jahren eine große Rivalität. Jede Saison treffen sie sich zweimal. Beim Spiel Mitte Oktober in Philadelphia war Nassheuer sogar vor Ort in den USA, 200 Euro kostete ein Ticket – was noch eines der Günstigeren war. Die Sehnsucht, einmal ein Spiel seiner Mannschaft live vor Ort zu sehen, haben viele deutsche Football-Fans. Nassheuer hatte dieses Privileg schon zwei Mal, Mika Faierson muss darauf noch warten. „Das steht auf jeden Fall auf der Bucket List“, sagt er und meint damit einen Besuch in Kansas City, Missouri, wo die Chiefs spielen. Denn der 24-Jährige ist dem Gegner der Eagles im kommenden Super Bowl zugeneigt.

Der Sylter wurde schon 2012 als Teenager von seinem älteren Bruder, der Fan der New England Patriots ist, angesteckt. Faierson sah damals Highlights von Jamaal Charles, zu dieser Zeit einer der besten Running Backs der Liga und in Diensten der Chiefs, und blieb bei Kansas City hängen. Das war noch vor der erfolgreichen Zeit mit Quarterback Patrick Mahomes und sogar noch vor Andy Reid, dem heute so gefeierten Cheftrainer. Dass Reid dann aber aus Philadelphia kam und die Chiefs zu dem machte, was sie heute sind, hatte natürlich seinen Einfluss darauf, dass Faierson ein so großer Fan wurde.

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Foto: AP/John Locher

Als die Chiefs immer erfolgreicher wurden, vermisste er eine Art Anlaufstelle für deutsche Fans. „Mir fehlte etwas, das News verbreitet und versucht, die Fans so ein bisschen zu verbinden“, erklärt er. Also startete er 2018 mit einem Twitter-Account, um genau das zu tun. Bis heute twittert er dort fast täglich rund um die Chiefs, besonders natürlich zu den Spielen. Fast 2000 Follower hat der Account namens „German Arrowheads“ inzwischen.

Immer größerer Beliebtheit erfreuen sich aktuell natürlich auch die Eagles. Der „Philadelphia Eagles Fanclub Germany e.V.“ bekommt nach Angaben von Nassheuer momentan deutlich mehr Neuanmeldungen als sonst. 140 Mitglieder zählt er laut Angaben der Facebook-Seite am 4. Februar. Offiziell angefangen hat alles vor ziemlich genau fünf Jahren, am Vorabend des ersten Super-Bowl-Sieges der Eagles. Sieben Leute, darunter Nassheuer, gründeten den Fanklub. Anfangs waren sie ob der Fans, die vor allem wegen des Erfolgs dazukamen, ein wenig skeptisch. Aufgenommen werden aber natürlich alle. „Es ist auch die Aufgabe eines Fanklubs, die Leute an einem gewissen Punkt abzuholen. Wir alle wachsen ja nur, wenn man jemanden hat, der einem was beibringt“, erklärt Nassheuer.

Denn genau dazu ist der Fanklub da, ebenso wie Faiersons Twitter-Account: Um deutsche Fans miteinander zu verbinden, um den Austausch zu fördern und um Gleichgesinnte zu finden. Das geht über sämtliche soziale Medien und auch über deutschsprachige Podcasts, die sowohl die Chiefs als auch die Eagles anbieten. Auch persönlicher Kontakt spielt eine große Rolle, viele deutsche Fangruppen veranstalten inzwischen „Watchpartys“, um die Spiele ihres jeweiligen Teams gemeinsam zu schauen. Rund um den Eagles-Fanklub gab es zum Super Bowl sogar drei Stück: in Hamburg, Hennef und Freiburg. Nassheuer war in Hennef dabei, der Kölner organisierte das ganze.

Alles, was Faierson, Nassheuer und viele andere deutsche NFL-Fans machen, machen sie ehrenamtlich und in ihrer Freizeit, weil ihr Team ihre große Leidenschaft ist. Darum sitzen sie jeden Sonntag vor dem Fernseher, lesen die neuesten Nachrichten in den sozialen Medien oder tiefgehende Analysen der Experten, nehmen Podcasts auf und schlagen sich teilweise die Nächte um die Ohren. Es gehört dazu und macht das Football-Fan-Dasein auch irgendwie aus. Außer vielleicht in der Nacht von Montag auf Dienstag. Da ist es am schwierigsten.

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