Deutsches Doppel bei den French Open Das Finale war nicht eingeplant

Paris · Kevin Krawietz und Andreas Mies können bei den French Open als erstes deutsches Doppel seit 1937 einen Grand-Slam-Titel gewinnen. Zunächst aber gab es Übernachtungsprobleme zu lösen.

 Kevin Krawietz (l) und Andreas Mies klatschen sich ab.

Kevin Krawietz (l) und Andreas Mies klatschen sich ab.

Foto: dpa/Jean-Francois Badias

Nach dem größten Erfolg seiner bislang überschaubaren Karriere stand Andreas Mies vor einem Problem. Das kleine Häuschen für sich, Familie und Freunde hatte der Kölner nur bis zum Freitag gebucht. Denn so optimistisch, dass er mit Partner Kevin Krawietz am Samstag nun auch noch das Doppelfinale der French Open spielen würde, war er dann doch nicht. "Ich muss", sagte er, "gleich mal mit der Frau telefonieren", also der Vermieterin.

Es ist ohnehin schon die zweite Unterkunft in Paris. Am vergangenen Sonntag mussten Mies (28) und der Coburger Krawietz (27) das erste Mal ihre über das Internet gebuchten Wohnungen wechseln. Zweite Woche bei einem Grand Slam, darauf hatten sie gehofft, aber zunächst auch das finanzielle Risiko gescheut. Jetzt haben sie zusammen schon 290.000 Euro sicher. "Ich hab von meiner Familie schon eine Rechnung über 100 Euro bekommen", sagte Mies grinsend.

Auf der Rechnung standen alkoholische Getränke, es galt, den Einzug der beiden in das Endspiel in Roland Garros gebührend zu feiern. Mies und Krawietz sind das erste deutsche Doppel seit Marc-Kevin Goellner und David Prinosil 1993 (in Paris), dem dies gelungen ist, und sie wären das erste deutsche Doppel seit Gottfried von Cramm und Henner Henkel 1937 (ebenfalls in Paris), das bei einem Grand Slam gewinnt. Dafür gäbe es dann 580.000 Euro.

Mies und Krawietz spielen seit eineinhalb Jahren gemeinsam Doppel. Mittlerweile haben sie sechs Challenger gewonnen, Turniere der zweiten Liga, erreichten 2018 in Wimbledon das Achtelfinale und siegten im Februar in New York erstmals auf der ATP-Tour. In der Weltrangliste stehen sie im Doppel auf den Positionen 49 (Krawietz) und 50 (Mies), im Einzel, nun ja: Krawietz wird auf Rang 269 geführt - Mies gar nicht. Er war mal die Nummer 781, aber das ist fünf Jahre und ein paar Knieverletzungen her.

Selbstbewusst aber sind sie allemal. Als sie nach ihrem Halbfinalsieg am Donnerstag unter der Dusche standen, "war alles noch so unreal", berichtete Krawietz, "wir stehen", ergänzte Mies, "in der Umkleide und sagen uns: 'Ey, das ist der Wahnsinn'". Mies sagt stellvertretend für beide aber auch: "Wir waren immer fest davon überzeugt, dass wir das Zeug dazu haben, ein Grand-Slam-Turnier zu gewinnen. Wir wissen aber auch, wir haben noch Luft nach oben."

Viel mehr als der Sieg bei einem Grand Slam, das geht nicht. Philipp Petzschner war 2010 in Wimbledon und 2011 bei den US Open der letzte Deutsche, der einen dieser vier großen Titel gewonnen hat - an der Seite von Jürgen Melzer aus Österreich. Krawietz und Mies treffen am Samstag auf dem imposanten Hauptplatz Philippe Chatrier auf die Franzosen Jeremy Chardy und Fabrice Martin, "da wird", vermutet Mies zurecht, "die Hütte brennen".

Der Anruf von Mies bei der Vermieterin war übrigens erfolgreich. "Ansonsten", hatte er mit einem Grinsen behauptet, "schlafe ich halt auf Chatrier".

(sid/old)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort