Borussia Dortmund WM-Held Götze ist nur noch Mitläufer

Dortmund · Mario Götze war einst Deutschlands Antwort auf Lionel Messi, 2014 schoss er Deutschland im Finale zum WM-Titel. Nun ist er nicht einmal mehr Stammspieler bei Borussia Dortmund.

Mario Götze – Schwabe, Borusse, Weltmeister
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Das ist Mario Götze

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Foto: afp, desk

Paco Alcácer zwickt’s an der Achillessehne. Deshalb wird der spanische Stürmer von Borussia Dortmund am Samstag beim Bundesliga-Duell mit Borussia Mönchengladbach zuschauen. Das freut sicher nicht alle Dortmunder. Mario Götze vielleicht doch. Denn er ist der erste Nachrück-Kandidat. Mehr ist er schon lange nicht mehr. Der Mann, über den der damalige DFB-Sportdirektor Matthias Sammer vor neun Jahren sagte, er sei das „größte Talent, das wir je hatten“, hat beim BVB keinen Stammplatz mehr.

Götze kennt diese Situation. Bereits vor seiner Rückkehr nach Dortmund war er bei Bayern München in der Rolle des hochdekorierten Ergänzungsspielers angekommen. Mehrere Verletzungen und eine lange unerkannte Stoffwechselerkrankung hatten das Jahrhunderttalent entscheidend zurückgeworfen.

Auch die Karriere in der Nationalmannschaft stockte, ehe sie vor zwei Jahren ihr wahrscheinliches Ende fand. Das war eine harte Landung, die sich allerdings abgezeichnet hatte. Zunächst ging es mit Götze steil bergauf. Zu einer Zeit, da er noch mit den A-Junioren am Sonntagvormittag vor ein paar Spielerberatern, Verwandten und Fußballpuristen hätte spielen können, verzauberte er 80.000 Zuschauer im ehemaligen Westfalenstadion. Als 18-Jähriger führte er aus dem vorderen Mittelfeld die erstaunliche Mannschaft von Borussia Dortmund zu ihren Meistertiteln 2011 und 2012. Und natürlich war er in der Nationalmannschaft schnell unentbehrlich mit seiner Spielintelligenz, seiner Klasse am Ball, seiner Beweglichkeit.

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Foto: dpa/Diego Azubel

Seine Berater drängten ihn zum nächsten Schritt. In Deutschland konnte das nur der zum FC Bayern sein. Zumindest für drei Jahre war Götze damit zum Lieblingsfeind der Dortmunder Südtribüne geworden, die ihn bei den Gastspielen der Münchner derart lautstark auspfiff, das so manchem noch heute die Ohren davon klingeln.

Viele BVB-Fans sahen es deshalb mit einiger Genugtuung, dass Götze in München zunehmend die Selbstverständlichkeit des Spiels abzugehen schien. In seinen öffentlichen Auftritten wirkte er manchmal fremdgesteuert und offenbarte einen Hang zur Überheblichkeit. Schnöselig fanden ihn einige.

Selbstverständlich erkannten sie das in seinen fußballerischen Aktionen wieder. Man sieht ja gern, was man sehen will. Tatsache aber war, dass Götze bei allem Trainingseifer, den ihm Mitspieler und Trainer großherzig bescheinigten, so langsam vom Olymp herabsteigen musste in den täglichen Konkurrenzkampf des Profifußballs.

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Foto: AFP/ANNE-CHRISTINE POUJOULAT

Dabei handelte er sich allerhand Beulen ein. Die meisten Fachleute hielten das für völlig normal. Sie sahen ihn auf der üblichen Bewährungstour, die alle Großen mitmachen. Und sie verwiesen hartnäckige Kritiker nach dem ersten Bayern-Jahr darauf, dass Götze immer noch erst 22 Jahre alt sei. Das war 2014. Genau in dem Jahr wurde er mit seinem entscheidenden Tor im WM-Finale gegen Argentinien zu einer Ikone. Das Tor, die Vorbereitung durch André Schürrle, der Abend in Rio stellten Götze in ein Licht, in das er da schon nicht mehr gehörte.

Trotz seiner Jugend zeigte die Formkurve nach unten. Und Bundestrainer Joachim Löw tat ihm keinen Gefallen, als er verriet, er habe ihm nach der Einwechslung ins Ohr geflüstert: „Nun zeig der Welt, dass du besser bist als Messi.“

Das ist Götze nie gelungen. Und es war überhaupt nie ein gerechter Maßstab. Dass Götze nicht an Messi, einen der besten Spieler der Geschichte, heranreichen würde, war frühzeitig klar. Dennoch klingt Löws Satz bei der Bewertung von Götzes Leistungen immer wieder durch.

Daher war es bereits ein tiefer Sturz vom WM-Helden zum normalen Bundesliga-Fußballer. Götze aber beteuerte, er sei damit zufrieden, in Dortmund beschwerdefrei spielen zu können. Selbst das aber ist ihm nicht mehr vergönnt. In der vergangenen Saison fand er noch mal Anschluss, als sein Konkurrent Alcácer wegen mangelnder Fitness aus der Startelf flog und er selbst sich mit starken Trainingsleistungen zurückarbeitete. Doch zu Beginn dieser Saison war wieder kein Platz für Götze.

Die Folgen: Götze ließ wissen, dass es auch im Ausland ganz ordentliche Fußballklubs gebe. Und in Dortmund kursierten urplötzlich ein paar Zahlen. Es hieß, dass Götze zehn Millionen Euro pro Jahr verdiene. Ohne diese Zahl zu bestätigen, erklärte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, dass der Verein grundsätzlich zu einer weiteren Zusammenarbeit mit dem Spieler bereit sei. Aber er betonte auch: „Ich bin mir sicher, dass kaum ein anderer Klub einem Spieler mehr Wertschätzung entgegengebracht hat als wir Mario Götze.“ Was er nicht sagte, was doch jeder hörte: Götze muss sich in seine neue Rolle als einer unter vielen fügen und Gehaltsabstriche in Kauf nehmen. Die Reaktion in den allgegenwärtigen sozialen Medien: Götze stand als undankbarer Absahner da.

Ein bisschen ist es wie in der Bayern-Zeit, als er sich das Image des Schnösels eingefangen hatte. Ein Vereinswechsel ist wieder mal die mögliche Lösung des Konflikts. Aber anders als früher warten nun nicht mehr die ganz Großen auf das einstige Wunderkind.

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