Schäuble sah "keine reelle Chance mehr" Politiker hatte schon vor Wochen mit Amt abgeschlossen

Berlin/Hamburg (AP). Dem scheidenden CDU-Chef Wolfgang Schäuble war nach eigenen Worten schon seit Wochen klar, dass seine Zeit an der Spitze von Partei und Fraktion abgelaufen war. Er habe keine reelle Chance mehr gehabt, die CDU auf ihrem Aufklärungskurs weiter zu bringen, sagte Schäuble der "Welt am Sonntag". Am Ende sei er über die 100.000-Mark-Spende des Waffenhändlers Karlheinz Schreiber gestolpert.

"Ich bin im Bewusstsein der meisten Menschen zu sehr mit der Vergangenheit und dem Verantwortlichen für die existenzgefährdende Krise der CDU verknüpft, als dass ich noch eine reelle Chance gehabt hätte, die Union auf ihrem alternativlosen Kurs der Aufklärung und der Rückbesinnung auf die Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner über Sachfragen voranzuführen", erklärte Schäuble.

Er bekräftigte, er habe mit dem dubiosen Finanzgebaren der CDU nichts zu tun gehabt. Zuletzt sei er aber derart in die Machenschaften des Waffenhändlers Schreiber und der früheren CDU-Schatzmeisterin Brigitte Baumeister hineingezogen worden, dass er selbst zum Problem geworden sei. "Nicht wegen der, am Ende aber über die Schreiber-Spende bin ich gestolpert", sagte Schäuble.

Abfällig äußerte sich der scheidende Partei- und Fraktionschef über Parteifreunde, die das Gerücht verbreitet hätten, Generalsekretärin Angela Merkel habe zu jenen gehört, die seinen Sturz betrieben hätten. "Vielleicht gelingt es solchen Parteifreunden, einen Teil der Öffentlichkeit zu beeindrucken. Mich jedenfalls nicht", meinte Schäuble.

Über mögliche Nachfolger im Amt des Parteivorsitzenden wollte sich Schäuble nicht äußern. "Das ist so schwer, weil - gleichviel, wer es wird - mein Nachfolger im Angesicht der Probleme eine beispiellos schwere Aufgabe mit kaum kalkulierbarem Ausgang übernimmt."

Schäuble bekannte, dass ihm der Abschied aus der Politik schwer falle: "Politik ist für mich ja auch eine Art Droge gewesen. Der Entzug wird eine schwere Prüfung werden. Aber ich stelle mich ihr." Der CDU-Politiker machte deutlich, dass er sein Bundestagsmandat behalten wolle.

Die scharfe Kritik seines Bruders, des baden-württembergischen Innenministers Thomas Schäuble, an Altbundeskanzler Helmut Kohl nannte Wolfgang Schäuble "unklug". Die Äußerungen hätten allerdings bewiesen, dass "die Familie zusammenhält". Aus bloßer Wut habe sein Bruder nicht gesprochen. "Vieles von dem, was er sagte, kannte ich bereits seit dem Attentat. Nur wollte ich es nie glauben", sagte Wolfgang Schäuble.

(RPO Archiv)
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