Düsseldorf "Ich werde nie als Kanzlerkandidatin antreten"

Düsseldorf · Kurz vor der Befragung der SPD-Mitglieder zum Koalitionsvertrag hat NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft einen Wechsel nach Berlin endgültig ausgeschlossen.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) wird ab morgen zusammen mit Parteichef Sigmar Gabriel intensiv für die Annahme des schwarz-roten Koalitionsvertrags durch die Parteimitgliedschaft werben. Zuvor aber ist sie Spekulationen um ihre politische Zukunft entgegengetreten. Vor der SPD-Landtagsfraktion stellte Kraft gestern unmissverständlich klar, dass sie nicht für das höchste Regierungsamt zur Verfügung stehe: "Ich werde nie als Kanzlerkandidatin antreten. Ich bleibe in Nordrhein-Westfalen. Darauf könnt ihr euch verlassen", sagte sie auf einer Sondersitzung ihrer Fraktion. Für diese Klarstellung erhielt sie überschwänglichen Beifall.

Kraft, die auch stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende ist, wies damit Spekulationen in Parteikreisen für den Fall zurück, dass der Koalitionsvertrag mehrheitlich von der Basis abgelehnt werden sollte. Dann, so das Szenario, wäre kaum vorstellbar, dass Sigmar Gabriel weiterhin Parteichef bleiben könnte, auch wenn vielfach beteuert werde, ein negativer Mitgliederentscheid sei keineswegs ein Misstrauensvotum gegen den Parteichef. An seine Stelle, so wird weiter spekuliert, könnte dann Hannelore Kraft rücken, die bei der nächsten Bundestagswahl die wahrscheinlichste SPD-Kanzlerkandidatin wäre.

Vor allem in der SPD des Ruhrgebiets, der Heimatregion Krafts, sind solche Überlegungen virulent. Je nachdem, wie weit diese sich verselbstständigen, könnte das für den Ausgang der Mitgliederbefragung entscheidend sein, wird in der Landespartei gemutmaßt. Auch Kraft sieht darin offenbar ein großes Risiko. Andernfalls hätte sie sich vor der Fraktion nicht derart festgelegt, wie sie es getan habe, heißt es in Düsseldorf: "Davon kommt sie nicht mehr herunter."

Die SPD-Landesvorsitzende will in den nächsten Tagen alles daransetzen, die Basis auf Zustimmung einzuschwören. Hierzu dient auch die morgige SPD-Regionalversammlung in Kamen, auf der sie mit Sigmar Gabriel sprechen wird. An der nichtöffentlichen Tagung können alle teilnehmen, die über das SPD-Parteibuch verfügen. Bisher gibt es nach Angaben eines Parteisprechers über 600 Anmeldungen. Am Montag findet eine weitere Regionalversammlung dieser Art in Leverkusen statt.

Die SPD-Mitglieder bekommen in der nächsten Woche die Unterlagen zur Abstimmung über den schwarz-roten Koalitionsvertrag. Sie haben dann die Möglichkeit, entweder mit Ja oder mit Nein zu votieren. Das Ergebnis soll am 14. Dezember bekannt gegeben werden. Eine Prognose über den Ausgang der Mitgliederbefragung verbiete sich, so Marc Herter, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion. Er selbst habe aber ein "gutes Gefühl". Wichtig sei es, in den nächsten Tagen mit der Basis offen über die Inhalte des Koalitionsvertrags zu reden.

An den Regionalkonferenzen wird auch der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Norbert Römer, teilnehmen. Römer hatte vor der Bundestagswahl mehrfach erklärt, er kenne niemanden in seiner Partei, der die große Koalition wolle – "und es wird sie am Ende auch nicht geben". Gestern räumte der Vertraute von Hannelore Kraft etwas kleinlaut ein, er habe sich "geirrt".

CDU-Landeschef Armin Laschet übte gestern Abend deutliche Kritik an der Mitgliederentscheidung. Wenn das Beispiel Schule mache, werde die SPD in den nächsten vier Jahren womöglich immer wieder von diesem Instrument Gebrauch machen wollen, sagte Laschet auf einem CDU-Funktionärstreffen in Düsseldorf.

Gleichwohl empfahl Laschet seiner Partei, das Ende der Abstimmung abzuwarten. Danach aber müsse man mit den Sozialdemokraten über das Wesen der repräsentativen Demokratie reden.

(RP)
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