Die Seligsprechung

Am Wochenende wird Johannes Paul II. seliggesprochen – so kurz nach dem Tod wie noch kein Papst zuvor. In Rom laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Bis zu einer Million Pilger werden erwartet.

Rom Sein Bild hängt an fast jeder Straßenkreuzung, darunter steht ein Satz von ihm: "Packen wir es, wir sind alle Römer." Die Römer arbeiten daran, es zu packen, aber am Petersrplatz oder am Circus Maximus, da wird noch an den Bühnen gebaut, ist noch das Klopfen von Hämmern auf Metall zu hören, sind viele Menschen mit den Vorbereitungen auf das kommende Großereignis beschäftigt – für ihn: Johannes Paul II.

Und für die, die seinetwegen in Massen nach Rom reisen werden. Am Wochenende spricht Papst Benedikt XVI. seinen Vorgänger selig. Seit Monaten bereiten sich die Kirche und die Stadt Rom auf dieses Wochenende vor. Ob sie bereit sind für dieses Ereignis, das wird sich zeigen. Nach wie vor herrscht eine gewisse Uneinigkeit darüber, wie viele Pilger denn kommen werden. Verantwortliche der Stadt erwarten etwa eine Million Gäste.

Der Leiter des Deutschen Pilgerbüros, Don Antonio Tedesco, sprach von "500 000 bis einer Million" Pilger. Gegenüber Radio Vatikan sagte er: "Es gibt Leute, die bis jetzt unsicher gewesen sind. Gerade in den vergangenen Tagen waren bei uns die Nachfragen häufig, besonders von Familien und älteren Leuten, ob man noch ein Quartier findet. Ja, es gibt noch freie Zimmer. In günstigeren Pensionen und in Hotels sowieso."

Wie viele am Ende es genau gewesen sein werden, wird keiner genau sagen können. Fest aber steht: Johannes Paul II. bewegt immer noch die Gläubigen. Denn was der Pole Karol Wojtyla in seinen über 26 Jahren als Papst bewirkt hat, das beeindruckt nach wie vor. Auch die, die nicht glauben. Wie der Vorgänger Benedikts XVI. im Kalten Krieg die polnische Opposition und die Gewerkschaft Solidarnosc stärkte, ist vielen in Erinnerung. Dass er seinem Attentäter Ali Agca vergab und mit ihm im Gefängnis sprach. Auch sein Besuch an der Klagemauer von Jerusalem im Jahr 2000 hinterließ großen Eindruck.

Es gibt viele besondere Stationen seines Pontifikats. Es gibt natürlich auch viele Kritiker, die ihn als konservativ und weltfremd bezeichnet haben. Aber wer ihn gekannt hat, war von seiner Art, mit Menschen umzugehen, begeistert. Und seine Seligsprechung begeistert eben auch viele.

Es ist mit nur etwas mehr als sechs Jahren das kürzeste Seligsprechungsverfahren der Neuzeit. Üblicherweise hätten nach dem Tod Karol Wojtylas allein fünf Jahre bis zur Aufnahme eines Verfahrens vergehen müssen. Aber schon am 2. April 2005, dem Tag seines Todes, waren diese Plakate auf dem Petersplatz zu sehen. "Santo subito", "Sofort heilig", stand da bereits geschrieben.

So schnell ging und geht es nicht. Aber mit der Seligkeit hat man sich sehr beeilt. Schon im Juni 2005 eröffnete der Vatikan das offizielle Verfahren, das am Wochenende seinen feierlichen Abschluss findet. Die Pilger sind für morgen Abend zur Vigilfeier in den Circus Maximus eingeladen. Der römische Generalvikar, Kardinal Agostino Vallini, leitet sie. Und Papst Benedikt sucht über eine Live-Schaltung den Kontakt zu den Tausenden Gläubigen. Er selbst verfolgt die Gebetswache von seiner Wohnung aus.

Die eigentliche Seligsprechungsfeier, die Erhebungsmesse mit Benedikt XVI. auf dem Petersplatz, beginnt am Sonntag um 10 Uhr. Die Pilger brauchen keine Eintrittskarte. Für die, die nicht mehr auf oder nahe an den Petersplatz kommen, wird die Zeremonie auch auf Großbildschirmen übertragen.

Den Gläubigen wird am Sonntag ein Schrein präsentiert. Er enthält eine Ampulle mit Blut von Johannes Paul II.. Es ist die erste offizielle Reliquie. Nach der Seligsprechung haben die Gläubigen Gelegenheit, den derzeit noch in einer der Grotten unter dem Petersdom liegenden, aber dann öffentlich aufgestellten Sarg des seligen Johannes Paul II. zu verehren. Danach wird er in der Sankt Sebastians-Kapelle oben im Dom endgültig beigesetzt.

Zu den Feierlichkeiten werden in Rom auch zahlreiche prominente Gäste erwartet. Unter ihnen ist die französische Ordensschwester Marie Simon-Pierre Normand, die ihre Genesung von Parkinson Johannes Paul II. zuschreibt. Auch der langjährige Papstsekretär, Kardinal Stanislaw Dziwisz, heute Erzbischof von Krakau, wird natürlich nach Rom kommen. Auch die Bundesregierung wird vertreten sein: So kommt Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) zur Seligsprechung nach Rom.

Damit nicht nur er vom Flughafen möglichst reibungslos auf den Petersplatz kommt, dafür hat die Stadt Rom personell einiges aufgeboten. 2000 Polizisten, Carabinieri und Feuerwehrleute sind im Einsatz. Selbst pensionierte Carabinieri und Feuerwehrleute sollen reaktiviert worden sein. Ab 4 Uhr früh am Sonntag werden der Petersplatz und die Umgebung komplett abgesperrt. Es gibt ein Flugverbot. Auch Scharfschützen werden auf den Dächern sein. Die öffentlichen Verkehrsmittel fahren in Rom die ganze erste Mainacht dazu in verkürzter Taktfrequenz. Das wird nötig sein, denn egal wie viele Pilger nach Rom kommen werden, die Stadt ist jetzt schon gut gefüllt. Wenn alles vorbei ist und auch der letzte Pilger Rom verlassen hat, gilt als offizieller Gedenktag für den seligen Papst Johannes Paul II. übrigens der 22. Oktober. Es ist der Tag seiner Amtseinführung im Jahr 1978. Das Datum zählt aber zunächst nur für die polnischen Bistümer und die Diözese Rom. Selige werden nach dem Kirchenrecht schließlich nur lokal verehrt. Und noch ist Johannes Paul II. nicht heilig. Noch.

(RP)
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