Schlussphase des Stimmenfangs Spekulationen über Zeit nach NRW-Wahl

Düsseldorf/Berlin (rpo). Spekulationen für die Zeit nach der Landtagswahl am Sonntag in Nordrhein-Westfalen haben die Schlussphase des Wahlkampfs überlagert. Parteilinke der SPD bekräftigten die Forderung nach einer Schärfung des sozialen Profils der Partei. Mehrere CDU-Politiker plädierten für eine zügige Nominierung von Parteichefin Angela Merkel zur Kanzlerkandidatin der Union für 2006.

Alle Parteien wollten auf Großkundgebungen in unterschiedlichen nordrhein-westfälischen Städten noch einmal um Stimmen werben. Bei der SPD wollte in Dortmund neben Bundeskanzler Gerhard Schröder auch Spaniens Ministerpräsident José Luis Rodriguez Zapatero sprechen.

13,3 Millionen Wahlberechtigte sind am Sonntag zur Wahl des nordrhein-westfälischen Landtags aufgerufen. In Umfragen lagen CDU und FDP eindeutig vor den Koalitionsparteien SPD und Grüne; allerdings war die Zahl der Unentschlossenen noch hoch.

Auf der Schlusskundgebung der SPD sollten am Abend auch Ministerpräsident Peer Steinbrück und der Bundesvorsitzende der SPD, Franz Müntefering, sprechen, bei der CDU in Düsseldorf neben Spitzenkandidat Jürgen Rüttgers auch Merkel. Ebenfalls in Düsseldorf wollte für die Grünen Außenminister Joschka Fischer werben, für die FDP in Wermelskirchen ihr Parteichef Guido Westerwelle.

Der SPD-Parteilinke Ottmar Schreiner verlangte in der ZDF-Sendung "Berlin Mitte" am Donnerstagabend von der Bundesregierung sozialpolitische Kurskorrekturen. Der Kapitalismuskritik Münteferings müssten nun auch Taten folgen. Juso-Chef Björn Böhning forderte im Deutschlandradio Kultur "einen zweiten Teil Agenda 2010, der auf mehr Gerechtigkeit, mehr Wachstum und Beschäftigung setzt". Die Kapitalismuskritik Münteferings sei dafür ein "wichtiger Baustein", sagte Böhning zudem im Sender n-tv.

Auf deutliche Distanz zu seiner Partei ging der frühere SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine. Mit Blick auf deren "neoliberale Politik" habe er "Schwierigkeiten", für die Landtagswahl eine Empfehlung für die Sozialdemokraten abzugeben, sagte Lafontaine im Sender N24.

Neue Spekulationen gab es um eine Umbildung des Bundeskabinetts nach einer möglichen SPD-Wahlniederlage in NRW. Die Bundesregierung wies einen Bericht der Zeitung "Die Welt" zurück, wonach Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) in diesem Fall zurücktreten werde. Der Mainzer Parteienexperte Jürgen Falter sagte der "Westdeutschen Zeitung", Steinbrück wäre dann ein "heißer Anwärter" auf die Nachfolge von Hans Eichel als Bundesfinanzminister.

In der CDU warb Mecklenburg-Vorpommerns Landesparteichef Eckhardt Rehberg für den Fall eines Wahlsiegs in NRW um eine rasche Nominierung Merkels zur Kanzlerkandidatin. "Je eher desto besser", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger" vom Freitag. Auch der CDU-Landesvorsitzende von Sachsen-Anhalt, Thomas Webel, plädierte in der "Mitteldeutschen Zeitung" für eine rasche Nominierung Merkels, am besten auf Vorschlag von CSU-Chef Edmund Stoiber. Der frühere CDU-Generalsekretär Heiner Geißler riet Merkel im ZDF zur Abkehr vom "neoliberalen Irrweg" der Partei.

Westerwelle verlangte für den Fall einer SPD-Niederlage an Rhein und Ruhr Neuwahlen zum Bundestag. Allerdings seien die Unionsparteien darauf personell und inhaltlich noch nicht ausreichend eingestellt, sagte Westerwelle der "Welt". Scharfe Töne gab es zwischen Grünen und FDP. Westerwelle kritisierte das Engagement der Grünen für mehr Umweltschutz als "Echo einer vergangenen Zeit". Die Grünen warfen der FDP daraufhin billige Polemik gegen den Umweltschutz vor. Damit entlarve Westerwelle "die grenzenlose Heuchelei" der FDP in Sachen Ökologie, erklärte Grünen-Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke und verwies auf mehr als 1,5 Millionen Arbeitsplätze im Umweltschutz.

(afp)
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