Die Strompreise steigen Luxusgut Energie

Berlin · Die EEG-Umlage zur Förderung der erneuerbaren Energien droht ab 2013 drastisch zu steigen, wenn die Bundesregierung nicht gegensteuert. Doch der Strom wird auch aus anderen Gründen teurer.

Peter Altmaier - Bundeswirtschaftsminister und enger Vertrauter der Kanzlerin
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Das ist Peter Altmaier

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Foto: dpa/Sebastian Kahnert

Peter Altmaier hat eine wahre Herkulesaufgabe vor sich: Der neue Umweltminister soll die Energiewende der Bundesregierung so geschickt organisieren, dass sie zwar einerseits funktioniert und festgelegte Regierungsziele nicht zu deutlich verfehlt werden, andererseits aber die Strompreisentwicklung für Verbraucher und Unternehmen erträglich bleibt.

"Die Politik muss dafür sorgen, dass die Energiepreise für Bürger und Wirtschaft nicht über das absolut notwendige Maß hinaus steigen. Für mich hat höchste Priorität, dass Strom bezahlbar bleibt", sagt der CDU-Politiker. Ein wichtiges Instrument, mit dem er arbeiten kann, ist die sogenannte EEG-Umlage zur Förderung der erneuerbaren Energien.

Was ist die EEG-Umlage? Um mehr Ökostrom aus Sonne, Wind, Biomasse oder Wasserkraft zu gewinnen, zahlen Verbraucher und Unternehmen eine Umlage über den Strompreis. Dieser Aufschlag ist im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) festgelegt und beträgt derzeit 3,59 Cent pro Kilowattstunde.

Die Zusatzkosten für die Förderung der erneuerbaren Energien liegen derzeit für einen Drei-Personen-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 3500 Kilowattstunden bei rund 125 Euro pro Jahr. Das Geld geht an die Betreiber von Windparks, Photovoltaik-Anlagen oder Biogasanlagen, die staatlich festgelegte Vergütungssätze erhalten. Der Ökostrom wird bevorzugt ins Netz eingespeist; er profitiert vom sogenannten Einspeisevorrang im EEG. Der Anteil der EEG-Umlage am Strompreis insgesamt macht allerdings derzeit erst neun Prozent aus.

Warum steigt die EEG-Umlage? Wenn mehr Ökostrom produziert wird, steigt auch die Umlage und damit die Belastung für Verbraucher und Unternehmen. Bis 2020 soll der Ökostrom-Anteil nach dem Energiekonzept der Bundesregierung auf 35 Prozent der Stromerzeugung steigen, bis 2050 sogar auf 80 Prozent.

Nach aktueller Schätzung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft decken die Öko-Energien erstmals fast ein Viertel des Stromverbrauchs. Erklärtes Ziel der Bundesregierung ist es, durch den Ausbau des Ökostroms das Klima besser zu schützen und eine größere Unabhängigkeit Deutschlands von fossilen Energieträgern wie Kohle, Erdgas und Erdöl zu erreichen.

Die Nuklearkatastrophe im japanischen Fukushima hat diesen Prozess beschleunigt: Zusätzlich beschloss die Bundesregierung 2011 den schrittweisen Ausstieg aus der Atomkraft. Damit wurde Deutschland international zum Vorreiter. Kein anderes führendes Industrieland hat sich derart ehrgeizige Ziele für den Umbau seiner Energieversorgung gesetzt.

Wie wird die EEG-Umlage festgelegt? Die Verbraucher zahlen den Produzenten des Ökostroms die Differenz zwischen dem Marktpreis für eine Kilowattstunde Strom und dem staatlich festgelegten Fördersatz. Ein Hausbesitzer, der nach dem 1. April eine neue Solaranlage auf dem Dach installiert und angemeldet hat, bekommt beispielsweise eine auf 20 Jahre garantierte Vergütung von 19,5 Cent pro Kilowattstunde.

Wird der Strom für sieben Cent an der Leipziger Strombörse verkauft, müssen die Verbraucher 12,5 Cent über die EEG-Umlage bezahlen. Da der steigende Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung den Strompreis an der Leipziger Börse senkt, müssen die Verbraucher eine immer höhere Differenz und damit eine höhere Umlage bezahlen — ein unseliger Zusammenhang, den Umweltpolitiker auflösen wollen.

Die Verwalter des Umlage-Kontos, die Übertragungsnetzbetreiber, berechnen angesichts der Anlagenzahl und Erfahrungswerten beim Wetter die möglichen Förderzahlungen und geben immer zum 15. Oktober eine Umlage für das kommende Jahr an. Verrechnen sie sich, wird das mit der nächsten Umlage korrigiert.

Für 2013 wird vor allem wegen des massiven Zubaus an Solaranlagen eine deutliche Erhöhung der EEG-Umlage auf etwa fünf Cent pro Kilowattstunde erwartet. Allein im ersten Halbjahr wurden Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von 4200 Megawatt gebaut, fast doppelt so viele wie im Vorjahr.

Ist der Anstieg der EEG-Umlage allein auf den Ausbau des Ökostroms zurückzuführen? Nein. Große Industrieunternehmen wurden von den Ökoförderkosten befreit; sie müssen entweder gar keine oder nur eine reduzierte EEG-Umlage bezahlen. Gleiches gilt für die Netznutzungskosten.

Hinzu kommt eine teure Marktprämie für Besitzer von Wind- und Solarparks, die ihren Strom selbst vermarkten. Zudem hat die Bundesregierung unlängst beschlossen, die Kosten für die teure Anbindung der Offshore-Windanlagen in Nord- und Ostsee an das Stromnetz zumindest teilweise den Verbrauchern aufzubürden. All dies erhöht die EEG-Umlage.

Was trägt maßgeblich zum Anstieg des Strompreises bei? Die erhöhte Nachfrage stark wachsender Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien nach fossilen Brennstoffen lässt die Energiepreise weltweit steigen. Gleichzeitig wird das Angebot an fossilen Brennstoffen immer knapper. Heizöl und Erdgas etwa werden schrittweise teurer, was sich auch in Deutschland trotz des bereits bemerkenswert hohen Anteils des Ökostroms spürbar negativ niederschlägt.

Auch ohne Energiewende und Atomausstieg würde der Strom schrittweise merklich teurer. Einzig wirksame Gegenwehr: mehr Energieeffizienz. In jedem Privathaushalt ließe sich bis 2020 genauso viel Strom durch Sparmaßnahmen einsparen, wie der Strom teurer werden wird, sagt Stephan Kohler, Chef der Deutschen Energieagentur.

(mar)
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