Kolumne: Berliner Republik Alle reden über Schwarz-Grün

Je größer der Verdruss über die große Koalition wird, desto verlockender erscheint der Union ein Bündnis mit den Grünen. Für 2017 wird schon heute der Weg bereitet.

Wer noch einen Beweis brauchte, dass die Stimmung in der großen Koalition wirklich mies ist, hat ihn durch den Koalitionsausschuss geliefert bekommen. Da wundert es nicht, dass inzwischen alle über Schwarz-Grün als neue Verheißung sprechen.

Im Regierungsviertel läuft eigentlich niemand mehr herum, der noch an Angela Merkels erneuter Kandidatur fürs Kanzleramt zweifelt. Schon zur Zeit des Regierungsbündnisses mit den Liberalen wurde Merkel unterstellt, dass sie alle Koalitionspartner kurz und klein regiert und dass nach SPD und FDP wohl die Grünen an der Reihe wären.

Wäre es 2013 nach der CDU gegangen, dann hätte man eine solche Koalition sehr wohl schmieden können. Doch die Grünen waren nach ihrem schlechten Wahlergebnis kopflos, und auch die CSU fremdelte nach wie vor sehr mit der früheren Bürgerschreck-Partei. Mittlerweile fallen einem aber nicht mehr allzu viele Gründe ein, woran es 2017 scheitern könnte. Die Grünen wollen ihr Steuerkonzept abrüsten und werden im Wahlkampf wahrscheinlich so schlau sein wie die anderen und einfach nicht so ganz genau sagen, wie sie ihre Politik finanzieren wollen. Die Union diskutiert derweil ein Einwanderungsgesetz und will die Energiewende noch so weit auf die Schiene setzen, dass Deutschland seine versprochene Reduktion des CO2-Ausstoßes erreicht.

Der Kreis aus schwarzen und grünen Abgeordneten, der sich regelmäßig im Regierungsviertel zum Spaghetti-Essen trifft, gilt für die Aktiven schon längst nicht mehr als Karriere-Bremse. Und dass sich Merkel mit ihrem Kanzleramtsminister Peter Altmaier und ihrem Gesundheitsminister Hermann Gröhe ganz gerne mit Schwarz-Grünen der ersten Generation umgibt, ist auch kein Geheimnis.

Je größer der Verdruss über die große Koalition wird, desto verlockender erscheint der Union das Bündnis mit den Grünen. Auch die Sozialdemokraten machen sich keine Illusionen darüber, dass sie als Regierungspartei ausgebootet werden könnten. "Wenn das rechnerisch geht, machen die das auch", sagte in der vergangenen Woche ein führender Sozialdemokrat. Den Umfragen nach liegen beide Parteien zusammen derzeit bei rund 54 Prozent. Mehrheitstechnisch kann da also nicht viel schiefgehen.

Eine hübsche Denksportaufgabe wird in den nächsten anderthalb Jahren für die Parteistrategen, ob sie eigentlich mit einer Koalitionsaussage in den Kampf um die Wählergunst ziehen wollen.

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(RP)
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