Kolumne: Berliner Republik Wenn der Petitionsausschuss zur Bütt wird

Ein Zusammenschluss von Karnevalsvereinen plant eine Petition an den Bundestag. Das Ziel: Ehrenamtliche Arbeit soll finanziell oder mit Rentenpunkten belohnt werden. Eine jecke Idee.

Die närrischen Tage sind vorbei, die Karnevalisten aber bleiben aktiv. Zum Auftakt der Fastenzeit in der vergangenen Woche forderten die Rheinischen Karnevals-Korporationen mehr "finanzielle Anreize" fürs Ehrenamt. Per Petition an den Bundestag verlangen sie für altgediente Jecken einen zusätzlichen Rentenpunkt und für jüngere Narren einen Steuerfreibetrag zwischen 2000 und 2500 Euro pro Jahr.

Es ist nicht die Größenordnung, die bei diesem Vorschlag irritiert, sondern die Sache selbst. Das Ehrenamt ist eine ideelle Tätigkeit, wie der Name schon sagt. Ob Eltern den Förderverein der Schule ihrer Kinder leiten, ob man aus Barmherzigkeit Krankenhausbesuche macht oder ob man sich im Brauchtum engagiert - die Motivation sollte immer die Gleiche sein: Seinen persönlichen Neigungen und Fähigkeiten entsprechend engagiert man sich für das Gemeinwohl. Bundespräsident Joachim Gauck lädt zu seinem Sommerfest jährlich tausende Ehrenamtler ein. Das ist der richtige Weg, Ehrenamtler zu belohnen.

Einmal abgesehen von den rechtlichen, politischen und finanziellen Schwierigkeiten, Ehrenamtlern Steuervorteile und Rentenpunkte zuzuschustern, könnte die Arbeit der Freiwilligen für die Gemeinschaft mehr Schaden als Nutzen nehmen. Denn sobald das Ehrenamt in Euro bemessen wird, verliert es an Ehrenwert. Möglicherweise wird es dann noch schwerer, Nachwuchs zu gewinnen.

Vielmehr müssen wir das Ehrenamt in seiner gesellschaftlichen Anerkennung aufwerten. In den USA ist es üblich, dass Menschen in einem Vorstellungsgespräch nach ihrem ehrenamtlichen Engagement gefragt werden. Die Haltung, dass dies einen Menschen weiterqualifiziert und auch etwas über seine Haltung aussagt, sollten wir vielmehr verinnerlichen. Schon heute ist es so, dass man fürs Ehrenamt einen finanziellen Ausgleich erhalten kann. Es gibt die Möglichkeit, Aufwandsentschädigungen zu bekommen. Man sollte es bei diesen Regelungen belassen.

Mag sein, dass die Debatte um die Mütterrente die Meinung befördert hat, jeder der etwas geleistet habe, müsse mit Rentenpunkten belohnt werden. Doch die Rente funktioniert nach dem Versicherungsprinzip: Nur wer einzahlt, bekommt auch etwas heraus. Den Müttern wird zugutegehalten, dass das Umlagesystem ohne Kinder nicht fortleben könnte. Wer nun mit dem Argument kommt, auch der Karneval sorge auf seine Art dafür, dass die Fortpflanzung gewährleistet bleibe, gehört allerdings in die Bütt - und nicht in den Petitionsausschuss.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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