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Internationaler Frauentag Frauen solidarisieren sich im Widerstand

Analyse | Berlin · Zum Internationalen Frauentag zeigen iranische Aktivistinnen ihre Unterstützung mit bedrohten Frauen und Müttern in der Ukraine. Die iranische Oppositionsführerin Maryam Rajavi sieht durch den ukrainischen Widerstand die „Passivität des Westens“ herausgefordert. Auch aus der Ukraine kommt eine starke Botschaft.

 Frauen im Iran zeigen ukrainische Fahnen, um ihre Unterstützung für das ukrainische Volk auszudrücken.

Frauen im Iran zeigen ukrainische Fahnen, um ihre Unterstützung für das ukrainische Volk auszudrücken.

Foto: dpa/Uncredited

Der Widerstand von Frauen in der Ukraine macht ihr Hoffnung. Frauen, die sich im Kampf einsetzen, der Angst trotzen und sich den Truppen eines Machthabers entgegenstellen, der Raketen auf Zivilisten feuern lässt und Hunderttausende Menschen zur Flucht zwingt. „Das macht mir wirklich Mut, dass es in eine positive Richtung weitergehen wird. Ich weiß nicht, wie es morgen oder übermorgen aussehen wird. Aber der Einsatz dieser Frauen spielt eine sehr wichtige Rolle“, sagt die iranische Oppositionelle Paria Kohandel, die sich dem Berliner Frauenverband angeschlossen hat und sich für inhaftierte Frauen im Iran engagiert.

Ist das naiv? Der Krieg in der Ukraine geht in den 13. Tag, die Kämpfe werden brutaler, Russlands Präsident Wladimir Putin schreckt längst nicht mehr vor Angriffen auf zivile Einrichtungen zurück. Und doch zieht Paria Kohandel Mut und Hoffnung aus dem beharrlichen Widerstand in der Ukraine. Naivität kann man der 23-Jährigen wahrlich nicht unterstellen. Im Alter von 17 Jahren musste die Tochter des iranischen Dissidenten Saleh Kohandel aus ihrer Heimat fliehen. Er hatte sich für die iranische Opposition engagiert und Familien von Gefangenen finanziell unterstützt. Das war der Grund für seine Verhaftung im Jahr 2007. Elf Jahre saß Saleh Kohandel insgesamt im Gefängnis. Irgendwann wurde die Gefahr zu groß, dass auch die Tochter inhaftiert wird, sie musste das Land verlassen „Das war die schwierigste Entscheidung in meinem Leben“, sagt Paria Kohandel, „weil ich die einzige Besucherin meines Vaters im Gohardasht-Gefängnis war.“

Aus dieser Erfahrung und dem Schicksal ihrer Familie entstand ein Engagement, das bis heute andauert. Kurz vor dem Internationalen Frauentag veranstaltete Kohandel gemeinsam mit anderen Aktivistinnen der Berliner Frauenverbände der iranischen Hauptopposition die Konferenz „Die Kraft des Wandels im Iran und des Friedens und der Stabilität in der Welt“. Rund 1000 Frauen nahmen nach Angaben der Veranstalterinnen an der Konferenz am Samstag in Berlin teil, mehr als 3000 Frauen aus 35 Ländern waren virtuell zugeschaltet. Angesichts des Krieges stellten die Frauenrechtlerinnen die Veranstaltung ins Zeichen der Solidarität mit bedrohten Müttern und Frauen in der Ukraine.

Die iranische Oppositionsführerin Maryam Rajavi bezeichnete den Widerstand des ukrainischen Volkes als „Wendepunkt in der Wiederbelebung der Widerstandskultur in der heutigen Welt“. Mit dem Widerstand würden die „Beschwichtigungspolitik und Passivität des Westens“ herausgefordert, sagte die Präsidentin des Nationalen Widerstandsrates im Iran (NWRI). „Sie standen auf und motivierten die ganze Welt zur Unterstützung.“ Rajavi lebt im Exil in Paris. Der NWRI wurde vom Bundesamt für Verfassungsschutz als politischer Arm der größten militanten Widerstandsgruppe im Iran, der Volksmudschahedin eingestuft. Seit 2009 wird deren Aktivität in den deutschen Verfassungsschutzberichten jedoch nicht mehr erwähnt.

Vida Niktalean, die Vorsitzende des Vereins „Frauen für Demokratie im Iran – Norddeutschland“ zog bereits eine Lehre aus dem Krieg in der Ukraine: „Wenn man Despoten und Tyrannen stets beschwichtigt und ihnen das Gefühl gibt, dass man ihnen alles durchgehen lässt, empfinden sie das als Freifahrtschein zur Unterdrückung, Verfolgung und Ermordung der freiheitsliebenden Menschen in dieser Welt“, sagte die Hamburger Frauenrechtlerin. Sie mahnte die Einhaltung des im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung festgehaltenen Satzes an: „Straflosigkeit bei Menschenrechtsverletzungen muss weltweit beendet werden.“

Die frühere Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) sagte, der Diskriminierung von Frauen müsse ein Ende gesetzt werden. Sie forderte mehr politische Teilhabe von Frauen weltweit und eine stärkere Beteiligung auch in der politischen Führung. „Wir sind immer noch eine Minderheit, wenn es um die Beteiligung von Frauen geht, auch in Europa. Wir müssen uns gemeinsam für den Frieden einsetzen“, sagte Süssmuth. Die frühere Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) sagte, bei Frauenrechten gehe es um die Rechte der Hälfte der Weltbevölkerung. „Wenn wir die Fundamentalisten und ihre Interpretationen akzeptieren, dann haben wir überhaupt keine Menschenrechte“, sagte Kramp-Karrenbauer. Sie forderte Hilfe für die Frauen im Iran, um Freiheit und Gleichberechtigung zu erlangen. „Wir müssen mit den Frauen auf der ganzen Welt kämpfen. Wir brauchen Solidarität.“

Zugeschaltet waren auch Politikerinnen aus der Ukraine, darunter die Parlamentarierin Lisa Jasko von der Partei „Diener des Volkes“ der auch Präsident Wolodymyr Selenskyj angehört. „Unsere Brüder, Väter und Söhne sind im Krieg. Die Frauen arbeiten sehr hart. Viele von uns haben zu den Waffen gegriffen. Andere leisten humanitäre Hilfe“, sagte Jasko. Sie rief dazu auf, das eigene Land nicht aufzugeben und den Glauben nicht zu verlieren. „Wir kämpfen für euch alle. Wenn wir unsere Freiheit jetzt nicht verteidigen, wird die Geschichte nicht mehr dieselbe sein“, sagte die Ukrainerin.

Wenn Paria Kohandel heute Berichte aus der Ukraine sieht, fühlt sie sich an ihre Kindheit erinnert. Neun Jahre war sie alt, als ihre Mutter den Iran verlassen musste. Zwei Optionen hatte die Mutter damals, erzählt Kohandel: Bleibt sie im Iran, hätte sie aufgeben müssen. Verlässt sie das Land, könne sie weiter kämpfen. Die Mutter wählte Letzteres. „Der einzige Weg, diese starken Frauen in Urkaine zu unterstützen, ist, hinter ihrem Widerstand zu stehen. Gemeinsam schaffen wir es“, sagt die 23-Jährige.

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