Brief an Parteichef Martin Schulz NRW-SPD stellt Forderungen für mögliche große Koalition

Düsseldorf · Der mächtige NRW-Landesverband der SPD hat in einem Brief an Parteichef Martin Schulz und Fraktionschefin Andrea Nahles Forderungen für eine mögliche große Koalition formuliert. Darin geht es unter anderem um die Themen Rente, Steuern und den sozialen Wohnungsbau.

 Generalsekretärin Svenja Schulze, Landeschef Michael Groschek: Forderungen aus Düsseldorf in Richtung SPD-Berlin.

Generalsekretärin Svenja Schulze, Landeschef Michael Groschek: Forderungen aus Düsseldorf in Richtung SPD-Berlin.

Foto: dpa, fg tba

Landeschef Michael Groschek und Generalsekretärin Svenja Schulze betonen in ihrem Schreiben, das unserer Redaktion vorliegt, jedoch ihre grundsätzliche Abneigung gegenüber einem solchen Bündnis.

"Unsere grundsätzlichen Erwägungen, nicht erneut in eine große Koalition einzutreten, haben sich auch mit dem Scheitern der angestrebten [Jamaika]-Koalition nicht verändert. Es ist und bleibt richtig, dass eine große Koalition nur die Ausnahme und nicht die Regel sein darf", heißt es in dem Brief. In sechs Punkten zählen Groschek und Schulze jedoch Anliegen der SPD auf, die "auch nach der Wahl essentiell und die Grundlage für die Gespräche" seien.

Sichere Arbeit und gute Löhne

Dazu gehöre erstens "ein mutiges Reformpaket für sichere Arbeit und gute Löhne". Darunter zählen die Autoren die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung. Man wolle das Rückkehrrecht auf Vollzeit genauso wie das Transparenzgesetz zu einem echten Entgeltgleichheitsgesetz weiterentwickeln.

Zweitens wolle man Rentenkürzungen verhindern und die Lebensleistung bei der Rente anerkennen. "Wir brauchen eine Rentenreform mit dem Ziel, die gesetzliche Rentenversicherung wieder an den Zielen — "Lebensstandardsicherung und Armutsfestigkeit" auszurichten", schreiben Groschek und Schulze. Dazu müsse das Rentenniveau auf dem derzeitigen Niveau gesichert und perspektivisch auf rund 50 Prozent angehoben werden.

Bezahlbarer Wohnraum

Drittens sehen die Nordrhein-Westfalen analog zum Wahlprogramm eine Reform der Einkommensteuer vor, die untere und mittlere Einkommen sowie Familien entlastet und zugleich aufkommensneutral ist. "Wir wollen außerdem eine deutlich höhere Besteuerung besonders hoher Vermögen um damit ein Investitionsprogramm in zweistelliger Milliardenhöhe für die Bereiche Bildung, Kommunen und Wohnen auf den Weg zu bringen", heißt es in dem Brief. Ein geeignetes Instrument sei dabei die Erbschaftsteuer.

Um ein anspruchsvolles Investitionsprogramm im Bereich der Bildung möglich zu machen sei etwa die Abschaffung des Kooperationsverbots notwendig. Außerdem erinnern die beiden Autoren an einen von der SPD bereits zuvor formulierten Pakt zwischen Bund, Ländern und Kommunen, um ein milliardenschweres Bauprogramm für bezahlbaren Wohnraum aufzulegen.

Sofortprogramm für bessere Pflege

Hinzu kommt viertens eine paritätisch finanzierte Bürgerversicherung, um "die Zwei-Klassen-Medizin" abzuschaffen. Ziel sei es, alle Versicherten in die Bürgerversicherung zu bringen. Zudem brauche es ein Sofortprogramm für mehr Personal in der Pflege, um kurzfristig Entlastung für die Beschäftigten zu schaffen.

Fünftens schreiben Groschek und Schulze, dass das Grundrecht auf Asyl unangetastet bleiben müsse. Eine vor allem von der CSU geforderte Obergrenze für Flüchtlinge lehnen sie ab. Der Familiennachzug solle auch für subsidiär Schutzberechtigte wieder möglich gemacht werden. Das hatte in den Jamaika-Sondierungen für erheblichen Ärger zwischen Grünen und Union geführt.

Sechstens sehen die NRW-Genossen eine europäische Sozialunion vor, die ihre Politik an den Bedürfnissen der Menschen ausrichten, soziale Mindeststandards sichern und Lohn- und Sozialdumping wirksam unterbinden solle.

Am Donnerstag ist ein Treffen der drei Parteichefs von CDU, CSU und SPD beim Bundespräsidenten geplant. Angela Merkel, Horst Seehofer und Martin Schulz werden ab 20 Uhr mit Frank-Walter Steinmeier über das weitere Vorgehen sprechen. Der Gipfel könnte Aufschluss darüber geben, in welche Richtung die weiteren Gespräche zwischen den Parteien gehen könnten. Es ist offen, ob es zu einer großen Koalition oder einer Minderheitsregierung kommen wird. Neuwahlen versuchen alle beteiligten Politiker zu vermeiden.

(jd)
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