Kommentar Finger weg von staatlicher Konjunkturhilfe

Meinung | Berlin · Kaum mehren sich die Zeichen des Konjunkturabschwungs, gibt es die ersten Rufe nach staatlicher Investitionsförderung und anderen Instrumenten der Konjunkturpolitik. Niedersachsens SPD-Ministerpräsident Weil etwa möchte Investitionen in Energieeffizienz steuerlich fördern, und bei seinen Parteifreunden kursiert die Idee, den Prozentsatz für die degressive jährliche Abschreibung von Firmeninvestitionen zu erhöhen.

Neue Haushaltsgeräte verwöhnen den Verbraucher
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Solchen Reflexen sollte die Koalition jedoch bis auf Weiteres widerstehen. Noch zeichnen sich konjunkturelle Bremsspuren vor allem deshalb ab, weil die internationalen Krisen die Auslandsnachfrage nach deutschen Exportprodukten dämpfen. Allerdings jammert die Industrie auf hohem Niveau: Noch im Juli erreichten die deutschen Exporte ein Allzeithoch von über 100 Milliarden Euro. Nachfragerückgänge gehören zum normalen Konjunkturzyklus, sie sind mit Sicherheit kein Fall für irgendwelche übereilten politischen Reflexe.

Die ab 2015 angestrebte Nullverschuldung im Bundeshaushalt ist zudem mehr als nur ein Fetisch Merkels oder Schäubles. Die schwarze Null ist das Symbol der gelungenen Haushaltskonsolidierung, sie steht als solche auch symbolhaft für den Erfolg der Sanierung der Euro-Zone nach ihrer größten Krise. Die Mehrheit der Investoren an den Finanzmärkten würde sofort wieder ins Grübeln geraten, würde Berlin dieses wichtige Ziel aufgeben.

Deshalb sollte auch niemand die Schuldenbremse für Bund und Länder infrage stellen, die ein unverzichtbares Mittel für das Gelingen der Konsolidierung ist. Wer wie Stephan Weil Investitionen fördern möchte, könnte dies auch durch Umschichtungen im eigenen Haushalt tun. Oder durch andere Maßnahmen, die den Steuerzahler nichts kosten, etwa durch Bürokratieabbau oder weniger taktisch motivierte Blockaden der Länder im Bundesrat.

Gleichwohl wird sich der deutsche Finanzminister auch kommende Woche bei der IWF-Herbsttagung in Washington wieder internationalen Forderungen nach mehr öffentlichen Investitionen und anderen konjunkturstützenden Maßnahmen ausgesetzt sehen. Schäuble wird aber gut daran tun, diese Wünsche wie schon vor einigen Wochen bei der G7-Tagung in Australien abzuwehren. Denn die Arbeitsteilung mit der Europäischen Zentralbank sieht nach wie vor so aus: Die EZB stützt die fragile Euro-Konjunktur mit Niedrigzinsen und dem umstrittenen Ankauf von Wertpapieren, während die Staaten beweisen müssen, dass sie ihre Haushalte dauerhaft konsolidieren können. Beweisen sie es nicht — und deshalb ist die Entwicklung in Frankreich gerade so besorgniserregend — könnte die Euro-Krise auch schnell wieder zurückkehren.

(RP)
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