Berliner Bühne Sarrazin überrascht Westerwelle

Guido Westerwelle bringt so schnell nichts aus der Fassung. Zehn Jahre FDP-Chef, 14 Jahre Abgeordneter - da sollte er routiniert am Rednerpult auf alle Herausforderungen gefasst sein. Doch jetzt brachte ihn einer aus der Fassung: Sarrazin, der als Abgeordneter den Minister mitten im Plenarsaal stellte.

Zehn Querdenker der SPD
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Der Außenminister war mitten im Redeschwung über die Grundzüge seiner Politik, als Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) ihn unterbrach: "Herr Kollege Westerwelle, möchten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Sarrazin zulassen?" Westerwelles Gesichtszüge entgleisten. Ungläubig schaute er auf die amtierende Sitzungspräsidentin. "Wer?", fragte er überrascht, so als hätte er sich verhört oder könnte umgehend über einen köstlichen Versprecher der Präsidentin lachen. Doch die blieb ganz ruhig und sagte ohne Stimmveränderung schlicht: "Herr Sarrazin."

Westerwelle konnte es nicht fassen und fragte eher belustigt nach: "Ist der jetzt auch Mitglied dieses Hauses?" Ganz sachlich informierte Göring-Eckardt: "Ja, schon seit einiger Zeit." Und in diesem Moment erhob sich Manuel Sarrazin, 1982 in Dortmund geborener Grünen-Abgeordneter, der sich 1998 den Hamburger Grünen angeschlossen, in die Europapolitik eingearbeitet und 2008 als Nachrücker erstmals in den Bundestag eingetreten war.

Offenbar dämmerte dem Minister in diesem Augenblick, den deutlich älter als 28 wirkenden Politiker mit dem schon früh ausgedünnten Haupthaar durchaus schon im Hohen Haus wahrgenommen zu haben, denn umgehend bat Westerwelle um Verzeihung für den Fauxpas: "Herr Kollege, ich bitte um Entschuldigung." Sarrazin belehrte daraufhin den Kollegen Minister: "Ich bin nicht nur Mitglied dieses Hauses. Ich gehöre auch einer anderen Fraktion an und habe andere Überzeugungen." Woraufhin Westerwelle sich eine kleine Spitze nicht verkneifen konnte: "Wenn Sie jetzt noch ein Buch schreiben, bin ich platt!"

Es ist nicht die einzige Namens-Parallele, die im Bundestag verwirren kann. Wenn "Frau Roth" eine Zwischenfrage stellen will, kann es sich um die Claudia von den Grünen oder die Karin von der SPD handeln. Auch bei "Frau Hinz" ist nicht gleich klar, ob es die Priska von den Grünen oder die Petra von der SPD ist. Und "Herr Kurth" kann sowohl der Markus von den Grünen oder der Patrick von der FDP sein.

Die auffälligste Doppelung betrifft jedoch ausgerechnet zwei der wichtigsten Funktionen, die das Parlament zu vergeben hat. Die Kanzlerin, das weiß jeder, ist Frau Merkel. Und die Chefin der Kontrolleure von Frau Merkel, die Vorsitzende des Haushaltsausschusses, die über die Einhaltung des so genannten Königsrechtes des Parlamentes wacht? Ja, das ist ebenfalls Frau Merkel. Selbst der erklärende Ortszusatz hilft nicht unbedingt weiter. Denn das ist bei der Haushaltsausschuss-Vorsitzenden die Abgeordnete "Merkel (Berlin)". Tatsächlich ist diese Frau Merkel aus Charlottenburg und in der SPD heimisch. Petra Merkel ist gerade 63 geworden und damit sieben Jahre älter als die in Hamburg geborene Angela Kasner, die unter dem Namen ihres ersten Mannes vom Osten her Karriere machte.

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