Berliner Bühne Zwei wie Pech und Schwefel

Berlin (RP). Der eine ist asketisch, der andere liebt das gute Leben. Der eine trinkt fast nur Mineralwasser, der andere gern mal einen Pfälzer Schoppen. Der eine ist schneidig, wortgewandt, intellektuell - der andere pflegt lieber die sanfte Tour, meidet große Reden und regiert eher aus dem Bauch heraus.

Unterschiedlicher könnten sie kaum sein, die Bundesminister Norbert Röttgen (CDU) und Rainer Brüderle (FDP). Die beiden haben bisher auch politisch wenig gemein. Seit Umweltminister Röttgen vor ein paar Monaten zur Überraschung seiner Parteigenossen und des Koalitionspartners erklärt hatte, er sei allenfalls für eine kurze Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken, herrschte auch zwischen ihm und dem Wirtschaftsminister nahezu Funkstille. Brüderle wirbt seit Jahren für eine möglichst lange Lebensdauer der Reaktoren.

Ihr Scharmützel um die Atomkraft-Laufzeiten haben die beiden unterschiedlichen Ressortchefs nun aber vorerst hintangestellt: Einträchtig wie noch nie in dieser Legislaturperiode stehen sie an diesem Mittwoch nebeneinander vor den Mikrofonen und verkünden ihre erste gemeinsame Gesetzesinitiative. Röttgen ist dafür sogar ins Wirtschaftsministerium auf fremdes Terrain geeilt.

Röttgen und Brüderle wollen mit ihrem Gesetz den Weg zur Erprobung einer neuen Technologie in Deutschland ebnen, der CCS-Technologie. Dahinter verbirgt sich das Abspalten und Speichern von Kohlendioxid, eine Technologie, die in den nächsten Jahrzehnten dringend notwendig wird, wenn Deutschland und der Rest der Welt ihre Klimaziele erreichen wollen.

Die neue Harmonie so kurz vor der Sommerpause, sie kommt ja nicht von ungefähr. Die Kanzlerin hatte letzte Woche auf den Tisch gehauen und unmissverständlich um mehr Disziplin in der Koalition gebeten. Die Zeit der imagezerstörenden Kleinkriege zwischen CDU, CSU und FDP müsse ein Ende haben, mahnte Angela Merkel vor den Fraktionen.

Höflich lässt Brüderle also nun den Röttgen dozieren, über die sanfte Erprobung der CCS-Technologie, über deren riesige Bedeutung in der Klimapolitik und die Möglichkeit, daraus später einen deutschen Exportschlager zu entwickeln.

Der Umweltminister dankt es ihm mit einem Händedruck: "Mensch, wir sehen uns ja gleich schon wieder: im Flugzeug nach Jekaterinburg", witzelt Röttgen. Die beiden gehören zum Tross von Angela Merkel, der an diesem Mittwoch nach Russland und China abgereist ist.

Röttgen und Brüderle, das sind an diesem Tag plötzlich zwei wie Pech und Schwefel.

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