Berliner Bühne Olé, Olé, Koalition, Olé

Fußball verbindet. Völker, Nationen, Kontinente. Vielleicht sogar die schwarz-gelbe Koalition der Kesselflicker in Berlin. Die koalitionären Hoffnungen ruhen besonders auf Jogis Jungs. Nur die Linkspartei stört die WM-Euphorie.

Einflussreiche Strategen aus Union und FDP versuchen derzeit die harmonisierende Wirkung der Fußball-WM in eine politische Therapie für die schlingernde Wunschkoalition umzuwandeln. Weil das gemeinschaftliche Tröten für Löws Elf sogar bayerische CSU-Männer mit Jungliberalen aus Mecklenburg und erzkatholischen CDU-Rheinländern verbinden soll, könnte es der Koalition den lange ersehnten Koalitionsfrieden näher bringen. So haben sich beispielsweise die zutiefst zerstrittenen Gesundheitspolitiker aus Union und FDP entschlossen, vor den Beratungen über Prämien und Pillen am Freitag mit einem gemeinschaftlichen Politiker-Viewing des zweiten Deutschland-Spiels gegen Serbien die Atmosphäre aufzulockern.

Im Koalitionsausschuss am Dienstag sollen die koalitionären Streithähne sogar in entspannter Runde die besten öffentlichen Fußball-Schauplätze ausgetauscht haben. Und Bundeskanzlerin Merkel, die sich am Freitag mit den Spitzen der Gewerkschaften und Wirtschaftsverbände im brandenburgischen Schloss Meseberg zum "Zukunftsgipfel" trifft, lässt sich die unmittelbare Zukunft der Nationalmannschaft im südafrikanischen WM-Turnier natürlich auch nicht entgehen.

Den Termin mit den Managern und Funktionären hat das Kanzleramt vorsorglich auf 15.45 Uhr gelegt. Zeit genug für Poldi & Co gucken in der Regierungszentrale. Etwa 30 bis 40 Fußball-Fans mit Abgeordnetenstatus und ministerialen Würden gehören außerdem zum exklusiven Kreis des DFB, der in seinem neuen Berliner Hauptstadtbüro zum Fußball-Schmaus einlädt.

Fußball-Leidenschaft und Fußball-Sachverstand sind in der Koalition indes ungleichmäßig verteilt. Von Merkel ist bekannt, dass sie schon als Jugendliche begeisterte Fußball-Zuschauerin war, Hansa Rostock die Treue hält und sogar ihren Privatwagen mit einer Deutschland-Flagge schmücken würde, wie sie neulich bekundete. Ihre Dienstlimousine hat ja ohnehin das schwarz-rot-goldene Banner an der Motorhaube. Von den Ministern Leutheusser-Schnarrenberger, Röttgen, Westerwelle und Aigner ist eine überschäumende Begeisterung für den Volkssport nicht überliefert.

Fußball-Fans im Kabinett sind aber Familienministerin Kristina Schröder (CDU, sonst Eintracht Frankfurt), Innen- und Sportminister Thomas de Maiziére (CDU, dem 1. FC Köln nahe stehend), Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP, früher 1. FC Kaiserslautern, heute Mainz 05) und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, der in seinem Jugendverein selbst Verteidiger war. Auffallend, dass die Fußball- Fans im Kabinett am Freitagmittag keine öffentlichen Termine wahrnehmen.

Nur die Linkspartei stört das koalitionäre WM-Fieber etwas. Die Bundestagsfraktion hat für Freitag eine Aktuelle Stunde zu den Opel-Hilfen beantragt. Nun will eine außergewöhnlich große Fußball-Koalition aus Union, SPD, Grünen und FDP die Debatte verschieben.

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