“Dramatische Entwicklung“ Ausbildungsplatzsuche für Hauptschüler wird immer schwieriger

Gütersloh · In den letzten Jahren haben sich immer mehr Abiturienten für eine Ausbildung entschieden. Bei Jugendlichen mit Hauptschulabschluss lässt sich einer neuen Studie zufolge hingegen eine andere Tendenz ausmachen. Warum diese problematisch ist.

„Azubis gesucht“ steht auf einem Banner bei der Berufsorientierungsmesse “Forum Berufsstart“ (Archivfoto).

„Azubis gesucht“ steht auf einem Banner bei der Berufsorientierungsmesse “Forum Berufsstart“ (Archivfoto).

Foto: dpa/Martin Schutt

Abiturientinnen und Abiturienten streben zunehmend in Ausbildungsberufe, für Hauptschülerinnen und Hauptschüler wird die Suche danach hingegen zunehmend schwieriger. Zu diesem Ergebnis kommt eine am Dienstag veröffentlichte Untersuchung im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung. Demnach stieg der Anteil der Abiturientinnen und Abiturienten, die sich nach dem Schulabschluss für eine Berufsausbildung entscheiden, in dem Zehn-Jahres-Zeitraum zwischen 2011 und 2021 von etwa 35 Prozent auf rund 47 Prozent.

Zugleich sank demnach der Anteil der Jugendlichen mit Hauptschulabschluss, die anschließend in eine Berufsausbildung übergehen, in dieser Zeitspanne nach Angaben der Stiftung um etwa 20 Prozent. Weiterhin vergrößerte sich demnach in den vergangenen Jahren außerdem die Gruppe der jungen Menschen deutlich, die weder zur Schule gehen noch eine Ausbildung machen noch einem Beruf nachgehen. Die Zahl der 15- bis 24-Jährigen, auf die dieses zutrifft, erhöhte sich zwischen 2019 und 2021 erheblich von 492.000 auf rund 630.000.

Als „dramatisch“ bezeichnete der Bildungsexperte und Studienautor Dieter Dohmen die Entwicklungen in diesem Bereich. „Viel zu viele Jugendliche gehen auf dem Ausbildungsmarkt leer aus oder fallen ganz aus dem System. Wir müssen die Integrationsfähigkeit des Ausbildungssystems wieder deutlich erhöhen“, erklärte der Direktor des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie, das die Untersuchung für die Stiftung erstellte.

Nach Einschätzung der Bertelsmann-Stiftung wird es trotz tausender unbesetzter Ausbildungsplätze insbesondere für Jugendliche mit niedriger Schulbildung immer schwieriger, einen Ausbildungsplatz zu finden. Eine Rolle spielten dabei unter anderem steigende Qualifikationsanforderungen und regionale Ungleichgewichte. Die Coronakrise habe vielen jungen Menschen zusätzlich den Berufseinstieg erschwert, weil Praktika und andere Orientierungsangebote gefehlt hätten. Für diese Jugendlichen sei die Lage besonders schwierig.

Der Bertelsmann-Ausbildungsexperte Clemens Wieland sprach sich daher für eine Ausbildungsgarantie aus. „Wir brauchen eine Ausbildungsgarantie, die wirklich jedem jungen Menschen eine Ausbildungschance gibt und die auch individuelle Begleitung und Unterstützung beinhaltet, um den Abschluss zu erreichen“, erklärte er. Der von der Regierung vorgelegte Gesetzentwurf zu einer Ausbildungsgarantie sei unzureichend und greife „deutlich zu kurz“.

(mzu/AFP)
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