Medienbericht Ex-Offizier sieht Nato als Friedensunterhändler statt als Waffenlieferant

Osnabrück · Der Ex-Nato-Offizier Ulrich Scholz wendet sich gegen Kriegsrhetorik und Waffenlieferungen. Für die Nato sieht er eine andere Rolle. Seiner Ansicht nach trägt der Westen einen Teil der Verantwortung für Putins Aggression.

Soldaten bei einer Nato-Übung in den Niederlanden am Montag.

Soldaten bei einer Nato-Übung in den Niederlanden am Montag.

Foto: AFP/JEFFREY GROENEWEG

 Nach Ansicht des Militärexperten Ulrich Scholz sollte die Nato im Ukraine-Krieg keine Waffen mehr liefern und stattdessen beim Aushandeln eines Friedens helfen. "Man sollte das Kettenrasseln sein lassen und schon gar nicht Waffen in den Konflikt liefern", sagte der Ex-Nato-Offizier im Interview der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Dienstag). "Die Kriegsrhetorik muss raus aus dem Konflikt." Dann könne die Militärallianz auch anders agieren: "Die Nato könnte sich als Waffenstillstands-Unterhändler anbieten." Dass das Bündnis nun seine Ostflanke mit vier weiteren Verbänden verstärken wolle, sei falsch: "Das ist die Konfliktsprache von vorgestern", so Scholz.

Scholz, der viele Jahre auch Planungsstabsoffizier in Nato-Hauptquartieren war, sieht trotz des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine keine Gefahr für die baltischen Staaten. "Putin ist nicht ein Böser, der die Welt überfallen will. Das ist ein Russe, der sein russisches Geschichtsverständnis hat und daraus Politik macht", so der Oberstleutnant a. D. "Die baltischen Staaten waren meiner Ansicht nach noch nie in Gefahr. Denn Putin ist nicht verrückt, er ist ein nüchterner Denker." Daher wolle Putin auch keinen Konflikt mit der Nato, weil er genau wisse, dass es viel zu gefährlich sei, eine direkte Konfrontation mit den USA auszulösen.

Nach Worten des Militärexperten könnte ein Kompromiss zwischen Russland und der Ukraine darin bestehen, dass der Nato-Beitritt der Ukraine verschoben werde. Dann könnte Russland die Ukraine wirtschaftlich kompensieren, etwa durch die russische Erdgas-Versorgung. "Dann werden die Russen abziehen", sagte Scholz.

Nach seiner Einschätzung habe auch das Verhalten des Westens Russland zu dem Angriffskrieg gebracht: "Wir erleben hier, wie so oft in der Geschichte, die Unfähigkeit zur Empathie als Kriegsauslöser", sagte Scholz. Im Westen habe man "die russische Wahrnehmung der Nato-Osterweiterung als geostrategische Strangulierung ignoriert". Scholz zufolge wäre es klug gewesen, von Beginn an einen prominenten und neutralen Moderator etwa von der UNO einzuschalten wie zum Beispiel Kofi Annan. "Dann hätte man eine Lösung gefunden - ohne Krieg", sagte der frühere Nato-Offizier.

(peng/kna)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort