Massen-Amnestie US-Präsident Biden will Tausende Straftäter begnadigen

Washington · Joe Biden begnadigt tausende Amerikaner, die wegen Besitz von Marihuana einen Eintrag im Strafregister haben. Der Präsident ordnet die zuständigen Minister an, die Behandlung der Droge durch die Regierung zu überprüfen.

Biden sagte, alle, die unter Bundesrecht einen Eintrag im Strafregister hätten, würden begnadigt.

Biden sagte, alle, die unter Bundesrecht einen Eintrag im Strafregister hätten, würden begnadigt.

Foto: dpa/Arne Immanuel Bänsch

Der US-Präsident kündigte seine Initiative zur Entkriminalisierung von Marihuana in einer Videobotschaft an. „Zu viele Leben sind wegen des gescheiterten Umgangs mit Marihuana auf den Kopf gestellt worden“, erklärte Biden, der in den 80er- und 90er-Jahren als Vorsitzender des Rechtsausschusses im US-Senat eine Schlüsselrolle gespielt hatte, die strikten Drogengesetze zu beschließen. Die Zeit sei gekommen, „diese Fehler zur korrigieren“. Tausende seien wegen des bloßen Besitzes von Marihuana verurteilt worden. „Und haben als Konsequenz keine Arbeit, Wohnung oder Ausbildung erhalten.“

Biden sagte, alle, die unter Bundesrecht einen Eintrag im Strafregister hätten, würden begnadigt. Er habe seinen Justizminister Merrick Garland angewiesen, ein entsprechendes Verfahren zu entwickeln. Die Regierung werde Bescheinigungen ausstellen, die das Pardon des Präsidenten dokumentierten.

Nach Angaben des Weißen Hauses sitzt derzeit niemand in einem Bundesgefängnis, der dort eine Strafe allein wegen des Besitzes von Marihuana abbüßt. Von der Amnestie profitierten aber 6.500 Menschen, die in der Vergangenheit verurteilt worden waren und noch immer einen Eintrag in dem Strafregister hätten. Hinzu kämen Tausende Einwohner des District of Columbia, dem Sitz der amerikanischen Hauptstadt, die unter Aufsicht der US-Regierung steht.

Der Präsident ging noch einen Schritt weiter, indem er die zuständigen Ministerien anwies, zu prüfen, wie Marihuana künftig eingestuft werden soll. Zurzeit wird die Substanz genauso behandelt wie sehr viel gefährlichere Drogen. Biden sagte, der gesunde Menschenverstand und die Fairness gebieten einen anderen Umgang. „Es macht keinen Sinn, Marihuana unter Bundesrecht wie Heroin zu behandeln.“

Experten wie Andrew Freedman von der „Coalition for Cannabis Policy, Education and Regulation“ weisen darauf hin, dass dieser Prozess der Neueinstufung langwierig sei. Zunächst müsse das Gesundheitsministerium Aussagen über die Wirkung von Marihuana treffen. Dieser Befund werde dann von der Drogenbehörde DEA überprüft, die schließlich Empfehlungen an den Justizminister übermittelt. Falls Biden Druck mache, „kann das in zwei Jahren gelingen“.

Freedman weiß, wovon er spricht. Er spielte 2014 eine Schlüsselrolle bei der Legalisierung von Cannabis in Colorado; dem ersten Bundesstaat in den USA. Das brachte Colorado in direkten Gegensatz zu dem bestehenden Bundesrecht, nach dem Marihuana weiter eine verbotene Substanz blieb - mit Konsequenzen für alle Beteiligten.

Während der Verkauf in dem Staat legal war, konnten die lizenzierten Geschäfte keine Bankkonten führen. Reisende, die vergaßen ihre Cannabis-Produkte zu entsorgen, konnten etwa auf dem Flughafen von Denver von den Beamten der TSA belangt werden.

Seitdem hat sich der Widerspruch innerhalb der amerikanischen Rechtsordnung nur vergrößert. Inzwischen erlauben 37 der 50 US-Bundesstaaten den medizinischen Gebrauch von Marihuana. In 19 Bundesstaaten darf Cannabis zum privaten Genuss straffrei konsumiert werden. Fünf weitere Staaten stimmen bei den Zwischenwahlen im November über die Legalisierung ab. In nur noch einer Handvoll Gliedstaaten steht der Besitz weiter unter Strafe.

Freedman meint, Biden habe mit seiner Initiative einen wichtigen nationalen Dialog angestoßen. Analysten erwarten nun, dass Gouverneure bei der Begnadigung wegen bloßen Marihuana-Besitzes nachziehen. Die große Mehrheit der Betroffenen war nach den Gesetzen der Gliedstaaten verurteilt worden. Auf diese trifft das Präsidenten-Pardon nicht zu.

Cannabis auf Bundesebene vollständig zu legalisieren kann nur der US-Kongress. Dort zeichnet sich in beiden Parteien Bewegung ab. Bei den Republikanern macht die Abgeordnete Nancy Mace aus South Carolina Druck, die Gesetze zu ändern. Sie unterstützt die Initiative Bidens. „Wir sehen eine Welle an Reformen überall im Land“, erklärte Mace nach Gesprächen im Weißen Haus. „Es wird höchste Zeit, dass der Kongress etwas tut.“

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