Hückelhovener Suchtforum Welche Folgen der Konsum von Cannabis hat

Hückelhoven · Beim 14. Hückelhovener Suchtforum ging es um die Frage: „Was kommt denn da auf uns zu?“ Die Ampel-Koalition hat sich darauf geeinigt, dass der Besitz des Rauschmittels nicht mehr pauschal strafbar sein soll.

Torsten Grigoleit, der leitende Oberarzt der LVR-Klinik in Langenfeld, hielt einen sehr aufschlussreichen und unterhaltsamen Vortrag über Cannabis und die Suchtproblematiken.

Torsten Grigoleit, der leitende Oberarzt der LVR-Klinik in Langenfeld, hielt einen sehr aufschlussreichen und unterhaltsamen Vortrag über Cannabis und die Suchtproblematiken.

Foto: Ruth Klapproth

Der Besitz kleiner Cannabismengen soll für Erwachsene in Deutschland künftig nicht mehr pauschal illegal sein. Im Koalitionsvertrag haben sich SPD, Grüne und FDP darauf geeinigt. Beim 14. Hückelhovener Suchtforum beschäftigten sich rund 85 Teilnehmer – Vertreter der Jugendhilfe, Suchthilfe, Eingliederungshilfe sowie Psychiatrie – mit der geplanten Legalisierung des Hanf-Konsums. Unter der Fragestellung „Was kommt denn da auf uns zu?“ wurde bei der gut besuchten Veranstaltung im evangelischen Gemeindezentrum schnell deutlich, dass unterschiedliche Bedenken und Sichtweisen mit den aktuellen Drogenpolitik-Plänen verbunden sind.

Der Gesetzentwurf werde im November vorgestellt, sagte Marlies Trapp, die Leiterin der Hückelhovener Beratungsstelle für Suchtfragen in Trägerschaft des Caritasverbandes für die Region Heinsberg in Kooperation mit dem Diakonischen Werk des Kirchenkreises Jülich, deren Einrichtung zu der Fachtagung eingeladen hatte. Aus medizinischer Sicht erläuterte Torsten Grigoleit die geplante Cannabis-Legalisierung. Der leitende Oberarzt der Abteilung Abhängigkeitserkrankungen an der LVR-Klinik in Langenfeld machte in seinem Vortrag deutlich, welche unterschiedlichen Wirkungen der Konsum hervorrufen kann: stimulierend, um länger wach und fit zu bleiben, bis dämpfend mit dem Ziel, ruhiger und gelassener zu werden. Eine halluzinogene Wirkung sei ebenso möglich wie Stimmungssteigerungen, Euphorie, Redseligkeit, Wahrnehmungsveränderungen in allen Sinnen oder das Gefühl einer erhöhten Einsicht und Bedeutung.„Man versteht gewisse Zusammenhänge“, so der Sucht-Experte, der bei seiner täglichen Arbeit mit suchtkranken Patienten zu tun hat. Denken, Lernen und das Gedächtnis würden beeinträchtigt, warnte Grigoleit. „Leistungen werden in der Regel schlechter.“ Konzentration und Aufmerksamkeit würden reduziert.

Der Langenfelder Mediziner sprach auch über das Gefühl, berauscht zu sein: „Man fühlt sich nicht im eigenen Körper, sondern neben dem Körper.“ Angstzustände, die auch länger anhalten könnten, sowie Panikattacken über mehrere Stunden könnten mit dem Cannabis-Konsum einhergehen. Dazu Paranoia. Grigoleit: „Der Klassiker: Ich werde beobachtet.“ Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie ging auch auf die Geschichte des Rauschmittels ein, das bereits Anfang des vergangenen Jahrhunderts den Ägyptern wegen des regen Konsums viele Probleme bereitet habe. Ein Verbot in Deutschland habe es am 10. Dezember 1929 erstmals gegeben. In Amerika sei Hanf von der Baumwoll-, Papier- und Chemieindustrie als Konkurrent gesehen worden. Etwa fünf Millionen Konsumenten setzten auf Cannabis „just for fun“.

Grigoleit verwies aber auch auf den riskanten Konsum, bei dem es kritisch werden könnte. im Falle einer Abhängigkeit werde immer mehr konsumiert, um den gleichen Effekt wie zuvor zu erzielen. Cannabis werde auch von einem gewissen Patientenkreis als Medikament eingesetzt. Keine Wirksamkeit trete bei Depressionen, Psychosen, Demenz oder Darmerkrankungen ein. Eine mögliche Wirkung sei beim Tourette-Syndrom, bei Angsterkrankungen sowie Schlafstörungen vorhanden, eine denkbare Wirkung bei chronischen Schmerzen. Wissenschaftlich gesicherte Wirkungen gebe es bei keiner Erkrankung, betonte Grigoleit. Weiterhin erläuterte der Suchtmediziner, dass weltweit ein Prozent der Bevölkerung an Schizophrenie erkrankt sei. Einen kausalen Zusammenhang mit Cannabis-Konsum belegten erste Studien. Rund ein Drittel der an schizophrenen Psychosen Erkrankten weisen laut Grigoleit eine Cannabis-Abhängigkeit auf.

Regionalwissenschaftlerin Philine Edbauer ist Befürworterin der Legalisierung. Die gelernte Buchhändlerin ist Mitglied im Schildower Kreis, der sich zum Ziel gesetzt hat, legale Alternativen zur repressiven Drogenpolitik aufzuzeigen und von den Verantwortlichen neben der ideologiefreien sowie wissenschaftlichen Überprüfung des Schadens und Nutzens eine alternative Drogenpolitik einfordert. Edbauer zeigte auf, was ihrer Meinung nach eine gute Drogenpolitik ausmacht. Schutz und Förderung der Menschenrechte sowie der öffentlichen Gesundheit gehören ebenso dazu wie regulierte Lieferketten, Preisbindungen, eine Altersgrenze für den Handel ab 18 Jahren und der Jugendschutz. Der Umgang mit Drogen müsse erlernt werden. Junge Menschen müssten vor Drogen geschützt werden. Dass Sucht Leben verändere und zerstöre, stellte die stellvertretende Bürgermeisterin Andrea Axer in ihrem Grußwort fest. Alle Bevölkerungsschichten und Altersgruppen seien davon betroffen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort