Forderungen nach Importstopp Energie-Embargo gegen Russland? – „Diese Vorstellung ist naiv“

Meinung | Düsseldorf · Justus Haucap war Vorsitzender der Monopolkommission und lehrt Volkswirtschaft an der Uni Düsseldorf. In einem Gastbeitrag argumentiert der Professor, warum Wladimir Putin mit einem Importstopp für Gas, Öl und Kohle nicht beizukommen ist.

 Anlagen der Erdgasverdichterstation Mallnow der Gascade Gastransport GmbH. 

 Anlagen der Erdgasverdichterstation Mallnow der Gascade Gastransport GmbH. 

Foto: dpa/Patrick Pleul

Die Forderungen nach einem kompletten Importstopp für Gas, Öl und Kohle aus Russland werden lauter. Gerade hat eine bunte Mischung aus Schauspielern, Schriftstellern, Aktivisten und anderen Prominenten in einem offenen Brief ein solches Embargo gefordert. Mit unseren Devisen würden wir alle den Krieg Putins finanzieren. Das hört sich plausibel an, doch so einfach ist es leider nicht.

Zur Kriegsfinanzierung benötigt Putin nämlich weder Euro noch Dollar. Die russischen Soldaten werden in Rubel bezahlt. Waffen und Munition werden in Russland produziert und in Rubel abgerechnet. Russland ist militärisch weitgehend autark, für das Militär benötigt Putin keine Gas- und Ölexporte in die EU. Die wenigen Hightech-Komponenten, die der Westen aber ohnehin aufgrund der Exportverbote nach Russland nicht mehr liefert, importiert Russland aus China, Taiwan und Malaysia.

Die russische Zentralbank stabilisiere den Rubel aber „mit unserem Geld“, so die bunte Expertengruppe. Dafür müsste Russland mit Devisen aus dem Öl- und Gasgeschäft die (selbst gedruckten) Rubel vom Markt kaufen. Mit den zurückgekauften Rubeln kann die Zentralbank aber relativ wenig anfangen, abgesehen davon, dass sie selbst Rubel drucken kann. Mit den Devisen kann Russland hingegen Importe aus China bezahlen. Zugleich kauft China weiter Öl aus Russland. Für Handel mit China braucht Putin daher nicht zwingend Öl- und Gasexporte in die EU.

Gleichwohl würde ein deutscher Importstopp für Gas, Öl und Kohle aus Russland russische Importe aus Asien etwas erschweren, das stimmt. Insofern wäre die Maßnahme zumindest langfristig nicht wirkungslos. Fraglich bleibt aber, ob dies Putin zum Einlenken bewegt oder ob dies als Eskalation angesehen wird, auf die er mit weiterer Eskalation im Krieg reagieren wird.

Einige Militärexperten warnen davor, Putin ganz an die Wand zu drängen. Diese Warnung mag richtig oder falsch sein – naiv ist jedoch leider die Vorstellung, dass Putin ohne „unsere Devisen“ bald die Rubel für den Krieg ausgehen.

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