Ukraine Julia Timoschenko will für Präsidentenamt kandidieren

Kiew · Die frühere Regierungschefin der Ukraine, Julia Timoschenko, tritt bei der Präsidentschaftswahl am 25. Mai an. "Ich habe vor, für den Präsidentenposten zu kandidieren", sagte die 53-Jährige am Donnerstag in Kiew.

Julia Timoschenko spricht in Dublin vor Delegierten
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Die proeuropäische Politikerin von der Vaterlandspartei war im Zuge des Umsturzes in der Ukraine am 22. Februar aus der Haft entlassen und vor kurzem wegen eines Rückenleidens in Berlin behandelt worden. 2004 stand sie gemeinsam mit dem späteren Präsidenten Viktor Juschtschenko an der Spitze der sogenannten orangenen Revolution in ihrem Land.

2010 unterlag Timoschenko bei der Präsidentschaftswahl ihrem prorussischen Rivalen Janukowitsch. Unter dessen Mandat wurde sie festgenommen und 2011 wegen Amtsmissbrauchs im Zusammenhang mit einem umstrittenen Gasgeschäft mit Russland zu sieben Jahren Haft verurteilt.

Im Gefängnis erkrankte Timoschenko an einem Rückenleiden. Die EU machte ihre Freilassung und Behandlung zur Bedingung für die Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens mit der Ukraine. Diesem verweigerte Janukowitsch schließlich im November die Unterschrift, woraufhin ihn eine Protestbewegung stürzte.

Die Chronologie im Fall Julia Timoschenko
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Foto: dpa, Aleksandr Prokopenko

Zuletzt löste Timoschenko auch im Westen Kritik aus, nachdem Auszüge aus einem mitgeschnittenen Telefonat veröffentlicht worden waren. Darin hatte sie offenbar mit Bezug auf den russischen Staatschef Wladimir Putin und die Eingliederung der ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim in die Russische Füderation gesagt, sie sei "bereit, eine Maschinenpistole zu nehmen und diesem Dreckskerl eine Kugel in den Kopf zu schießen".

Timoschenko kündigte in dem Telefonat außerdem an, "alle meine Kontakte zu nutzen und die gesamte Welt in Bewegung zu setzen, damit von Russland nicht einmal ein verbranntes Stück Erde bleibt". Später bestätigte sie die Äußerungen. Dem russischen Inlandsgeheimdienst FSB warf sie allerdings vor, eine besonders drastische Gesprächspassage manipuliert zu haben. So habe sie keineswegs die Auslöschung der acht Millionen ethnischen Russen in der Ukraine mithilfe von Atomwaffen gefordert, sondern bloß klargestellt: "Russen in der Ukraine sind Ukrainer."

Umfragen sprechen für Poroschenko

Jüngsten Umfragen zufolge hat der ukrainische Oligarch Petro Poroschenko derzeit die größten Chancen auf das Präsidentenamt in der Ukraine. Der "Schokoladenkönig" genannte Süßwarenunternehmer erhielt fast 25 Prozent an Zuspruch, Boxweltmeister Vitali Klitschko landete mit neun Prozent weit dahinter. Timoschenko erhielt gute acht Prozent. Poroschenko war unter Janukowitsch Minister, unterstütze aber die jüngste Protestbewegung auf dem Kiewer Unabhängikeitsplatz (Maidan).

Der Internationale Währungsfonds (IWF) stellte der Ukraine einen Kredit in Höhe von bis zu 18 Milliarden Dollar (13 Milliarden Euro) in Aussicht. Der Kredit ist an Bedingungen wie die Erhöhung des Erdgaspreises und das Einfrieren von Renten und Gehältern bei Staatsbediensteten geknüpft, wie IWF-Vertreter in Kiew mitteilten. Insgesamt könnten sich die internationalen Hilfszahlungen an die Ukraine einschließlich des IWF-Kredits auf 27 Milliarden Dollar in einem Zeitraum von zwei Jahren belaufen.

Laut Interims-Regierungschef Arseni Jazenjuk von Timoschenkos Vaterlandspartei hat die Europäische Union Hilfszahlungen in Höhe von 1,6 Milliarden Euro angekündigt. Die erste Tranche könnte nach seinen Worten innerhalb von zwei Monaten nach der Unterzeichnung des Abkommens mit dem IWF überwiesen werden. Die USA stellten eine Milliarde Dollar in Aussicht, Japan 1,5 Milliarden Dollar.

Die Vereinbarung mit dem IWF werde wohl ausreichen, "eine explosive Krise" im Wirschaftsbereich in der Ukraine zu vermeiden, sagte William Jackson vom Institut Capital Economics. Es blieben aber "schwerwiegende Zweifel an der Fähigkeit der Politiker" vor der Präsidentenwahl "bedeutende Veränderungen umzusetzen".

Lammert kritisiert Kandidatur

Bundestagspräsident Norbert Lammert hat die Comeback-Pläne der ukrainischen Politikerin Julia Timoschenko scharf kritisiert. "Die Äußerungen von Frau Timoschenko sind indiskutabel", sagte der CDU-Politiker "Spiegel Online" am Donnerstag mit Blick auf einen Telefonmitschnitt mit Todesdrohungen Timoschenkos gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin. "Sie bestätigen die Vermutung, dass sie für die politische Führung der Ukraine ebenso wenig geeignet ist wie der aus dem Präsidentenamt getriebene Viktor Janukowitsch."

(AFP)
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