Vereinbarte Feuerpause „Relative Ruhe“ nach Waffenstillstand in Idlib

Beirut · Eine zwischen Russland und der Türkei vereinbarte Waffenruhe für die nordsyrische Provinz Idlib hat offenbar zumindest in den ersten Stunden Wirkung gezeigt. In der Region herrsche „relative“ Ruhe, teilten Aktivisten in der Nacht zum Freitag mit.

Wladimir Putin, Präsident von Russland und Recep Tayyip Erdogan, Präsident der Türkei, schütteln sich nach den Waffenstillstands-Gesprächen die Hände.

Wladimir Putin, Präsident von Russland und Recep Tayyip Erdogan, Präsident der Türkei, schütteln sich nach den Waffenstillstands-Gesprächen die Hände.

Foto: dpa/Uncredited

Die am Donnerstag zwischen Russland Staatschef Wladimir Putin und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ausgehandelte Feuerpause war um Mitternacht in Kraft getreten. Weder die syrische Regierungsarmee noch die mit ihr verbündeten russischen Verbände hätten danach zunächst ihre Luftangriffe in Idlib fortgesetzt, erklärte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Noch bis kurz vor Inkrafttreten waren die Gefechte in Idlib weitergegangen. Bis wenige Minuten vor Mitternacht habe es Bombardierungen gegeben, erklärte die Beobachtungsstelle.

Die in Großbritannien ansässige Beobachtungsstelle stützt sich auf ein Netzwerk von Informanten vor Ort. Die Angaben der Aktivisten-Organisation sind von unabhängiger Seite oft kaum nachprüfbar.

Einige Stunden vor Beginn der Feuerpause griff die türkische Armee Stellungen der syrischen Regierungsarmee mit Drohnen an, wie das Verteidigungsministerium in Ankara mitteilte. Bei diesen Angriffen am Nachmittag seien 21 syrische Soldaten „neutralisiert“ worden - „neutralisiert“ bedeutet im Militärjargon üblicherweise die Tötung feindlicher Kämpfer.

Die türkischen Drohnenangriffe waren nach Angaben des Ministeriums ein Vergeltungseinsatz für die Tötung von mehr als 30 türkischen Soldaten durch die syrischen Regierungstruppen in jüngster Zeit.

Putin und Erdogan hatten sich bei sechsstündigen Verhandlungen in Moskau auf die Feuerpause verständigt. Es soll zudem einen zwölf Kilometer breiten Sicherheitskorridor entlang einer strategisch wichtigen Autobahn geben, wie aus dem von der Nachrichtenagentur AFP eingesehenen Abkommenstext hervorgeht. Um den Korridor zu schützen, soll es ab 15. März gemeinsame Patrouillen russischer und türkischer Soldaten geben.

Durch die Einigung solle vermieden werden, dass die humanitäre Krise „noch schlimmer wird“, sagte Erdogan bei einer Pressekonferenz mit Putin. Dieser zeigte sich optimistisch, dass die Absprachen als „gute Grundlage für ein Ende der Kämpfe dienen“ und „das Leiden der Zivilbevölkerung beenden“.

Putin beantragte für Freitag eine Sitzung des UN-Sicherheitsrats in New York hinter verschlossenen Türen, um das Gremium über die Vereinbarung zu informieren, wie AFP aus diplomatischen Kreisen erfuhr. UN-Generalsekretär António Guterres äußerte die Hoffnung, dass die Feuerpause in eine „dauerhafte“ Einstellung der Kämpfe mündet. Die Bevölkerung in Idlib habe bereits „enormes Leiden“ hinter sich, erklärte Guterres in New York. Er forderte die Konfliktparteien zur Einleitung eines politischen Prozesses auf.

Russland und die Türkei unterstützen in dem Konflikt die verfeindeten Parteien. Moskau steht an der Seite der syrischen Regierungstruppen, deren Gegner werden teilweise von der Türkei unterstützt. In Idlib gehen die Truppen des syrischen Machthabers Baschar al-Assad mit russischer Unterstützung seit Dezember massiv gegen die letzten Hochburgen islamistischer Milizen vor. Knapp eine Million Menschen sind seitdem nach UN-Angaben in die Flucht getrieben worden.

Die Türkei startete ihrerseits vor einigen Tagen eine große Militäroffensive gegen die Regierungstruppen in der Region, nachdem bei einem syrischen Luftangriff auf türkische Beobachterposten 34 Soldaten getötet worden waren. Am Donnerstag wurden zwei weitere türkische Soldaten bei Beschuss durch die syrische Regierungsarmee getötet, wie das Verteidigungsministerium in Ankara mitteilte.

Wegen der Eskalation der Kämpfe in Idlib hatte Erdogan am Wochenende die Grenzen seines Landes zur EU für Flüchtlinge geöffnet. Griechische Sicherheitskräfte bemühen sich seither mit massivem Einsatz, Grenzübertritte zu verhindern.

(AFP)
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