Bericht über Russland-Affäre Justizministerium veröffentlicht geschwärzten Mueller-Bericht

Washington · Das US-Justizministerium hat den in Teilen geschwärzten Bericht von FBI-Sonderermittler Robert Mueller zur Russland-Untersuchung veröffentlicht. Daraus geht hervor: Trump wertete Muellers Ernennung 2017 als das Ende seiner Präsidentschaft.

 US-Präsident Donald Trump.

US-Präsident Donald Trump.

Foto: AFP/MANDEL NGAN

Das US-Justizministerium hat den in Teilen geschwärzten Bericht von FBI-Sonderermittler Robert Mueller zur Russland-Untersuchung am Donnerstag veröffentlicht. Trump hat laut dem Ermittlungsbericht zeitweise versucht, den Sonderermittler Robert Mueller aus dem Amt zu entfernen. Einen Monat nach Muellers Ernennung im Mai 2017 habe Trump schockiert auf den Start der Russland-Ermittlungen reagiert und dies als Ende seiner Präsidentschaft bezeichnet, heißt es in dem am Donnerstag veröffentlichen Abschlussbericht des Sonderermittlers.

Am Tag von Muellers Ernennung - am 17. Mai 2017 - habe Trump im Oval Office mit dem damaligen Justizminister Jeff Sessions und anderen zusammengesessen. Sessions habe ihn dort über Muellers Berufung als Sonderermittler informiert. Laut Notizen einer Mitarbeiterin von Sessions habe sich Trump daraufhin in seinem Stuhl zurückfallen lassen und gesagt: „Oh mein Gott. Das ist furchtbar. Das ist das Ende meiner Präsidentschaft. Ich bin erledigt.“

Seinen früheren Rechtsberater Don McGahn habe er angewiesen, er solle das Justizministerium zur Entlassung Muellers bewegen. Der von Mueller nun geschilderte Vorgang nährt den Verdacht, der US-Präsident könne sich des Versuchs der Justizbehinderung schuldig gemacht haben.

Bei einer Pressekonferenz kurz zuvor verteidigte US-Justizminister William Barr das Verhalten von Präsident Donald Trump in der Russland-Affäre vehement und wies alle Vorwürfe der Befangenheit von sich. Mueller habe keinerlei Beweise für Geheimabsprachen zwischen Trump und dessen Wahlkampflager mit Vertretern Russlands gefunden, betonte Barr mehrfach. Er räumte ein, dass Trumps Rechtsbeistand vorab Einsicht in den bearbeiteten Bericht bekommen habe. Das Weiße Haus habe aber keinerlei Schwärzungen veranlasst. Insgesamt seien Trump und dessen Mannschaft hochkooperativ bei den Ermittlungen gewesen. Dem Präsidenten könnten keine unlauteren Motive unterstellt werden.

Die Demokraten hatten Barr in den vergangenen Wochen Befangenheit und Parteilichkeit im Umgang mit dem heiklen Report vorgeworfen und die komplette - und ungeschwärzte - Veröffentlichung des Berichts verlangt. Das Justizministerium veröffentlichte den bearbeiteten Bericht kurz nach Barrs Auftritt. Die Schwärzungen seien auf das rechtlich Notwendige begrenzt, sagte der Minister. Eine Gruppe führender Kongressmitglieder werde außerdem die Möglichkeit bekommen, den Bericht weitgehend ohne Schwärzungen zu lesen - bis auf bestimmte Gerichtsinformationen, die vertraulich bleiben müssten.

Mueller hatte fast zwei Jahre lang untersucht, ob das Wahlkampflager von Trump Geheimabsprachen mit Vertretern Russlands traf und ob Trump die Justiz behinderte. Barr hatte dem Kongress am 24. März eine eigene vierseitige Zusammenfassung von Muellers Abschlussbericht zukommen lassen. Demnach kam Mueller zu dem Ergebnis, dass es keine Beweise für geheime Absprachen von Trumps Team mit Russlands gab. Zur Frage, ob Trump die Justiz behindert habe, traf Mueller laut Barrs Kurzfassung dagegen keine Festlegung, sondern legte Indizien dafür und dagegen vor. Barr kam auf Grundlage dieser Indizien zu dem Schluss, dass dem Präsidenten auch in diesem Punkt keine strafrechtlichen Vorwürfe zu machen seien.

Trumps Kontrollversuche

Nun folgte die teils geschwärzte Vollfassung. Mueller schildert darin unter anderem zehn Episoden, die Trumps Kontrollversuche über die Ermittlung belegen sollen. Unter anderem führt er auf, wie Trump FBI-Direktor James Comey feuerte, Mitarbeiter anordnete, Mueller entlassen zu lassen und dass es Bemühen dazu gab, Zeugen von einer Kooperation mit den Ermittlern abzuhalten.

Während Trumps Anwälte dessen Verhalten damit begründeten, er habe die verfassungsrechtlichen Befugnisse dafür, bezeichnete Muellers Team das Vorgehen jedoch als fragwürdig. Es entschied, die Geschehen auf ein etwaiges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten zu überprüfen.

Der Bericht enthält außerdem alle schriftlichen Antworten Trumps auf Muellers Ermittlungsfragen - es sind zwölf Seiten ohne Schwärzungen. Der Präsident gibt unter anderem an, sich an wichtige Ereignisse in Muellers Untersuchung nicht mehr zu erinnern - etwa an ein Treffen im Trump-Tower 2016, wo eine russische Anwältin mit seinen Topberatern zusammengekommen war und seiner Wahlkampagne Hilfe angeboten hatte.

Trump erklärte zudem, sich nicht daran zu erinnern, dass ihm gesagt wurde, dass der russische Präsident Wladimir Putin seiner Kampagne helfen wolle, oder Hillary Clintons Wahlkampf schaden wolle, oder dass ihm irgendein ausländischer Staatslenker bei seiner Kandidatur helfen wolle. Ein persönliches Treffen mit dem Sonderermittler hatte Trump damals abgelehnt.

Muellers Team gab anschließend zu Protokoll, unzufrieden mit Trumps schriftlichen Antworten zu sein. Diese seien „unzureichend“, geht aus dem Bericht hervor. Die Ermittler entschieden aber, Trump nicht für eine Befragung vorzuladen, weil sie davon ausgingen, dass es in der Folge zu einem langwierigen Rechtsstreit kommen würde.

Barr verteidigt Trump

Barr erklärte am Donnerstag, Muellers Bericht liste zehn Episoden auf, in denen Trump möglicherweise die Justiz behindert haben könnte. Er und sein Stellvertreter Rod Rosenstein seien der Meinung, dass manche der Episoden nicht im rechtlichen Sinn eine Behinderung der Justiz dargestellt hätten. Zugleich warb er um Verständnis für Trumps Verhalten und erklärte länglich, der Präsident habe keine unlauteren Absichten im Sinne gehabt.

Der Präsident sei in einer „beispiellosen“ Situation gewesen, sagte Barr. „Als er sein Amt angetreten hat und seine Verantwortung als Präsident wahrnehmen wollte, untersuchten Ermittler und Staatsanwälte sein Verhalten vor und nach seinem Amtsantritt, sowie das Vorgehen einiger seiner Mitarbeiter.“ Gleichzeitig habe es in den Medien unaufhörlich Spekulationen über Trumps persönliche Schuld gegeben. Muellers Bericht zeige, dass Trump „frustriert und verärgert“ darüber gewesen sei, dass die Ermittlungen seine Präsidentschaft unterminierten. Das Weiße Haus habe dennoch vollständig mit Mueller kooperiert und uneingeschränkten Zugang zu Dokumenten gegeben.

Unabhängig von der Frage, ob einzelne Handlungen Trumps eine Behinderung der Justiz dargestellt haben könnten, sei dies ein klarer Nachweis, dass der Präsident keinerlei unlautere Motive verfolgt habe, sagte Barr weiter.

Reaktion der Demokraten

Mit diesen Ausführungen zu Trumps Gemüts- und Motivlage dürfte Barr weitere Kritik der Demokraten auf sich ziehen, die ihm seit Wochen vorwerfen, eher als Anwalt des Präsidenten zu agieren denn als unabhängiger Justizminister des Landes. Die Demokraten hatten sich unter anderem beschwert, dass der Minister versuche, die Deutungshoheit über die Ermittlungsergebnisse zu gewinnen - durch seine Zusammenfassung oder eben durch den Presseauftritt kurz vor der Veröffentlichung des Berichts.

Die Chefs der Demokraten im Repräsentantenhaus und im Senat, Nancy Pelosi und Chuck Schumer, sprachen am Donnerstag von einer schweren Vertrauenskrise. Der einzige Weg, öffentliches Vertrauen in den Umgang mit den Russland-Ermittlungen wiederherzustellen, sei eine öffentliche Aussage Muellers in beiden Kammern des Kongresses. „Das amerikanische Volk verdient es, die Wahrheit zu hören.“

Barr, dem Mueller unterstellt ist, sagte, er habe keine Einwände gegen eine Aussage des Sonderermittlers vor dem Kongress. Der Vorsitzende des Justizausschusses im Repräsentantenhaus, Jerry Nadler, erklärte, sein Gremium werde so schnell wie mögliche eine Anhörung mit Mueller ansetzen.

Trump hatte sich nach der Veröffentlichung von Barrs Zusammenfassung in allen Punkten entlastet gesehen und dies in aller Regelmäßigkeit wiederholt. Kurz nach Barrs Pressekonferenz postete Trump auf Twitter ein Bild im Stil eines Kinofilmplakates. Darauf ist er selbst von hinten zu sehen. Dazu die Worte: „Keine Geheimabsprachen, keine Behinderung“ und der Slogan: „Game over“. Kurz danach sagte er bei einem Termin mit Veteranen im Weißen Haus, er habe einen guten Tag. Es habe keine geheimen Absprachen mit Russland und auch keine Behinderung der Justiz gegeben.

(zim/dpa/AFP)
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