Alle Politik-Artikel vom 13. Juli 2003
Italienischer Europaminister verteidigt Berlusconi

Rocco Buttiglione zu Besuch bei Sabine ChristiansenItalienischer Europaminister verteidigt Berlusconi

Berlin (rpo). Ferientheater ohne Ende: Der italienische Europaminister Rocco Buttiglione hat beim Auftritt bei "Sabine Christiansen" seinen Ministerpräsidenten verteidigt. Vor dem von Silvio Berlusconi ausgelösten Eklat im Europaparlament habe der Abgeordnete Martin Schulz Italien selbst angegriffen.Mit Blick auf den Nazi-Vergleich Berlusconis im Streit mit dem deutschen EU-Abgeordneten Martin Schulz sagte Buttiglione am Sonntagabend in der ARD, zwar habe der Ministerpräsident die falschen Worte gewählt, er habe aber das Recht und die Verpflichtung gehabt, zu reagieren. Schulz habe zuvor Italien das Recht abgesprochen, die EU-Ratspräsidentschaft auszuüben. Damit sei Italien selbst angegriffen worden und dazu habe niemand das Recht, sagte der Europaminister in der Sendung "Sabine Christiansen". Berlusconi hatte Schulz im Europäischen Parlament als Idealbesetzung für einen Aufseher in einem KZ-Film bezeichnet. Italien sei ein freies Land und jeder könne sagen, was er wolle, sagte Buttiglione. Italien habe eine demokratische Regierung, und diese müsse von allen respektiert werden. Buttiglione kritisierte, niemand habe Schulz für seine Ausführungen kritisiert und niemand habe ihn zum Rücktritt aufgefordert. Der Minister warf den deutschen Medien einseitige Berichterstattung vor.

Irak spaltet auch Konferenz des "Dritten Weges"

Blair und Kwasniewski weisen Kritik zurückIrak spaltet auch Konferenz des "Dritten Weges"

London (rpo). Noch vor wenigen Jahren hatten die linken Regierungschefs im Rahmen ihrer regelmäßigen Treffen gemeinsame Visionen eines "Dritten Weges" beschworen. Bei der Konferenz an diesem Wochenende traten mehr Differenzen zutage.Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) traf am Sonntag zu dem Treffen von 14 links orientierten Regierungschefs in der Nähe von London ein. Die Politiker wollen dabei bis Montag das Konzept des "Dritten Weges" neu formulieren. Am Rande der Konferenz will sich Schröder zu Gesprächen mit dem britischen Premierminister Tony Blair und dem neuen argentinischen Präsidenten Néstor Kirchner treffen. Die jüngsten Tendenzen der US-Außenpolitik standen im Mittelpunkt einer Konferenz von Regierungschefs der linken Mitte, die am Wochenende in London zusammenkamen. Dabei verteidigten der britische Premierminister Tony Blair und der polnische Präsident Alexander Kwasniewski am Sonntagabend die Politik von US-Präsident George W. Bush gegen Kritik von anderen Teilnehmern. Kwasiniewski verteidigt USA"Wenn ich eines an den Amerikanern bewundere, dann ist es erstens, dass sie zuerst an sich selbst denken, zweitens an sich selbst und drittens immer noch an sich selbst", sagte der brasilianische Präsident Luiz Inacio Lula da Silva. Daraufhin führte Kwasniewski den Marshall-Plan für Europa nach dem Zweiten Weltkrieg an und erklärte, es sei nicht wahr, dass die USA nicht zu uneigennützer Hilfe fähig seien. Auch die Führungsrolle im Kampf gegen den internationalen Terrorismus verdiene Respekt statt Misstrauen. Die Regierungschefs aus Ungarn und Rumänien, Peter Medgyessy und Adrian Nastase, machten einen Mangel an internationalem Dialog für eine Tendenz der USA zu Alleingängen verantwortlich. Blair ließ am Sonntag dementieren, dass es bei der Vorbereitung der Konferenz Differenzen mit Schröder gegeben habe. Der "Independent on Sunday" hatte berichtet, Schröder habe einen Entwurf für eine geplante Erklärung zum Abschluss des Treffens beanstandet. Darin hieß es demzufolge, wenn die Bevölkerung eines Landes unterdrückt werde, habe die internationale Gemeinschaft die Pflicht, einzugreifen. Das Prinzip der Mitverantwortung sei dann wichtiger als das Prinzip der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten souveräner Staaten. Dies hätte das Völkerrecht außer Kraft gesetzt und den Irak-Krieg im Nachhinein gerechtfertigt, kommentierte die Zeitung. Schröder habe diese Passage deshalb nicht mittragen wollen. Ein Sprecher der Downing Street sagte jedoch: "Zu keinem Zeitpunkt gab es irgendeine Uneinigkeit zwischen Großbritannien und Deutschland." An der viertägigen Konferenz über "Progressive Governance" (Fortschrittliches Regieren) nehmen mehrere hundert Delegierte aus 30 Staaten teil. Ziel der Diskussionen ist ein Konzept für einen "Dritten Weg" zwischen konservativer Regierungspolitik und traditionellem Sozialismus. Die Konferenz ist die fünfte ihrer Art nach Washington (1998), Florenz (1999), Berlin (2000) und Stockholm (2002). Zu den Themen gehören Chancengleichheit, Zuwanderung, Klimaschutz und Regeln für einen fairen Welthandel.

Fischer zu Gesprächen in die USA

Treffen mit Powell, Cheney und Rice geplantFischer zu Gesprächen in die USA

Berlin (rpo). Tauwetter: Außenminister Joschka Fischer ist am Montag für vier Tage zu politischen Gesprächen in die USA gereist. Dort wird er mit konservativen Hochkarätern wie Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice oder Vize Dick Cheney zusammentreffen.Ziel ist die Verbesserung der gespannten deutsch-amerikanischen Beziehungen durch koordiniertes Vorgehen in internationalen Krisenregionen. Die USA hatten auch den Wunsch nach einem größeren internationalen Engagement in Irak geäußert. Themen sind auch der Friedensfahrplan für Nahost, der Kampf gegen den internationalen Terrorismus und weitere Sicherheitsfragen. Nach einem Kurzaufenthalt in New York sind nach Angaben des Auswärtigen Amts am Mittwoch und Donnerstag in Washington Treffen mit Außenminister Colin Powell, Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice und Vizepräsident Richard Cheney vorgesehen. Auch mit Senatoren und Abgeordneten des Repräsentantenhauses will der Grünen-Politiker Gespräche. Zuletzt war Fischer im Oktober vergangenen Jahres in Washington zu Besuch, allerdings wegen der deutsch-amerikanischen Verstimmung über Irak nur mit kleinem Programm.

Beginnende Selbstregierung in Bagdad

Regierungsrat im AmtBeginnende Selbstregierung in Bagdad

Bagdad (rpo). Nach langem Warten haben die Iraker einen ersten wichtigen Schritt auf dem Weg zur Selbstverwaltung gemacht. Auf der Gründungssitzung des von den USA ernannten provisorischen Regierungsrates wurden die ersten wichtigen Entscheidungen getroffen.Er erklärte in einer ersten Amtshandlung den 9. April, an dem das Saddam-Regime durch die Eroberung Bagdads durch US-Truppen gestürzt worden war, zum Nationalfeiertag. Gleichzeitig wurden per Dekret alle vom Saddam-Regime festgesetzten Feiertage abgeschafft. Der von US-Verwalter Paul Bremer eingesetzte Rat mit 25 Mitgliedern, in dem alle wichtigen Ethnien, Religionen und politischen Richtungen des Landes vertreten sind, will an diesem Montag einen Vorsitzenden wählen. Laut Bremer ist der Regierungsrat der erste Schritt beim Aufbau einer Übergangsregierung. In einer Botschaft im irakischen Fernsehen erklärte Bremer ferner, die Iraker würden mit der Einsetzung des Regierungsrates "eine zentralere Rolle bei der Verwaltung ihres Landes spielen". Sicherheit und Stabilität das ZielDas Gremium will sich vorrangig um die Wiederherstellung von "Sicherheit und Stabilität", um die Wiederbelebung der Wirtschaft und die Versorgung der Bevölkerung mit Strom und Wasser kümmern. Der Rat, der zugleich Befugnisse eines Staatsoberhaupts und Parlaments übernimmt, wird außerdem Übergangsminister ernennen, das Budget für das Jahr 2004 billigen und als eine Art kollektives Staatsoberhaupt den Irak nach außen vertreten. Außerdem soll das Gremium die Ausarbeitung einer neuen Verfassung und die Vorbereitung von Wahlen auf den Weg bringen sowie eine Reform des Justiz- und Bildungswesens entwerfen. Der Zusammenstellung des 25-köpfigen provisorischen Regierungsrates waren monatelange Beratungen zwischen der amerikanisch-britischen Besatzungsverwaltung und den Irakern voraus gegangen. Zuletzt hatte Bremer auf Drängen der Iraker dem Rat mehr Entscheidungsbefugnisse als ursprünglich geplant zugestanden. Als oberste Autorität im besetzten Irak behält Bremer allerdings ein Vetorecht gegenüber Entscheidungen des Rates. Sorgfältig ausbalanciert ist auch die Zusammensetzung des Regierungsrates. Ihm gehören Vertreter der Exil-Parteien ebenso an wie angesehene Ärzte, Rechtsanwälte oder Richter, die das Saddam- Regime überdauerten oder von ihm verfolgt wurden. Erstmals halten die Schiiten, die 60 Prozent der Bevölkerung stellen, in einem irakischen Regierungsorgan mit 13 von 25 Vertretern eine Mehrheit. Weltliche Persönlichkeiten sind jedoch gegenüber Geistlichen in deutlicher Überzahl. Im Regierungsrat sitzen außerdem 5 Sunniten, 5 Kurden, eine Turkmenin und ein Christ.

Hamas und Dschihad drohen mit Ende der Waffenruhe

Wegen Vorgehens der palästinensischen SicherheitskräfteHamas und Dschihad drohen mit Ende der Waffenruhe

Jerusalem (rpo). Die Extremisten von Hamas und dem Islamischen Dschihad wollen ihre Waffenruhe aufkündigen, wenn palästinensische Sicherheitskräfte weiter gegen ihre Anhänger vorgehen. Eine Entwaffnung werde keinesfalls akzeptiert, ließen beide Gruppen verlauten.Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon brach unterdessen zu einem viertägigen Besuch nach Großbritannien auf. Die palästinensischen Sicherheitskräfte hätten mit einer Kampagne begonnen, deren Ziel "die Entwaffnung des palästinensischen Widerstands im Gazastreifen" sei, erklärten Hamas und Islamischer Dschihad. "Dieser Schritt stellt eine rote Linie dar, deren Überschreitung unter keinen Umständen akzeptiert werden kann." Das israelische Radio berichtete am Sonntag, die palästinensischen Sicherheitskräfte hätten am Wochenende Waffen beschlagnahmt und etwa 20 Verdächtige festgenommen. Die Spannungen zwischen den palästinensischen Sicherheitsbehörden und militanten Mitgliedern der Hamas hatten bereits am Samstag zugenommen. Hamas-Kämpfer griffen einen Stützpunkt der palästinensischen Sicherheitskräfte in Gaza an. Der Angriff mit Gewehrschüssen und Handgranaten erfolgte einen Tag, nachdem Leibwächter des palästinensischen Sicherheitschefs Mohammed Dahlan einen Hamas-Aktivisten angeschossen hatten. Der palästinensische Ministerpräsident Mahmud Abbas steht unter erheblichem israelischen Druck, die militanten Organisationen zu entwaffnen. Abbas hat dies mit der Begründung abgelehnt, er wolle keinen Bürgerkrieg auslösen, und setzt daher auf Verhandlungen. Blair will unbequeme Themen ansprechenDas Treffen zwischen Scharon und dem britischen Premierminister Tony Blair soll die ins Stocken geratene Umsetzung des Friedensplans vorantreiben und die zuletzt gespannten Beziehungen beider Länder wieder verbessern. Aus britischen Regierungskreisen verlautete, Blair wolle mit seinem Gast über illegale jüdische Siedlungen im Westjordanland und den fortgesetzten Bau eines Sicherheitszauns gesprechen. Israelische Medien berichteten, Abbas habe am Sonntag Blair angerufen und ihn gebeten, Scharon zur Freilassung weiterer palästinensischer Gefangener zu drängen. Die Beziehungen zwischen Israel und Großbritannien waren in den vergangenen Monaten abgekühlt. Großbritannien lud im Januar zu einer Konferenz über die Reform der palästinensischen Autonomiebehörde ein, berücksichtigte Israel jedoch nicht. Kurz vor der Wahl in Israel weigerte sich Blair, den damaligen israelischen Außenminister Benjamin Netanjahu zu treffen. In der britischen Presse hatte Scharon zuvor seinen europäischen Kollegen vorgeworfen, mit ihren anhaltenden Kontakten zum palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat den Nahost-Friedensprozess zu behindern. Scharon sagte dem "Daily Telegraph", das Verhalten der Europäer untergrabe die Autorität des palästinensischen Präsidenten Abbas. Dies sei "ein großer Fehler". Syrien will wieder über Golanhöhen verhandeln Syrien bekräftigte am Samstag seine Bereitschaft zur Wiederaufnahme von Friedensgesprächen mit Israel. Die regierungsnahe Zeitung "Tischrin" berichtete, auf der Basis der Ergebnisse der Friedenskonferenz von Madrid könnten die Verhandlungen um die Rückgabe der Golanhöhen fortgesetzt werden. Die Verhandlungen waren vor drei Jahren im Streit über die Größe des zurückzugebenden Gebiets gescheitert.

Steuerstreit in der Union schwelt weiter

Koch lehnt Neuverschuldung weiter abSteuerstreit in der Union schwelt weiter

Berlin (rpo). Ungeachtet eines Appells der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel schwelt der Steuerstreit in der Union weiter. Hauptkritiker einer vorgezogenen Steuersenkung bleibt Hessens Ministerpräsident Roland Koch. Entgegen aller Absprachen lehnt er eine höhere Neuverschuldung weiter hartnäckig ab. Koch sprach sich entgegen den Absprachen mit der Parteispitze erneut strikt gegen Steuersenkungen "auf Pump" aus. Wenige Tage vor der Vorlage von Finanzierungseckpunkten durch die Regierung rief die CDU-Vorsitzende Angela Merkel ihre Partei wiederum zur Geschlossenheit auf. Kritik an Koch kam von der CSU, die wegen der Dauerdebatte in der Union Nachteile für die Landtagswahlen am 21. September befürchtet. Koch sagte dem Hamburger Nachrichtenmagazin "Spiegel", ein weiterer Anstieg der Schulden sei "nicht vertretbar". "Wir können als Bundesrepublik Deutschland doch nicht einfach sagen: Jetzt ist uns mal alles egal, was wir mit unseren europäischen Partnern einst beschlossen haben - um Jahr für Jahr dagegen zu verstoßen", warnte Koch mit Blick auf die im Euro-Stabilitätspakt festgelegte Drei- Prozent-Grenze beim Haushaltsdefizit. Vor einer Woche hatte sich Merkel mit ihrer Position im CDU- Präsidium durchgesetzt, keine Unionsvorschläge für die Finanzierung der vorgezogenen Steuerreform zu machen, bevor die Regierung ihr Konzept auf den Tisch legt. Mit Blick auf Koch kritisierte sie jetzt im "Tagesspiegel am Sonntag": "In einer großen Volkspartei wird es immer wieder vorkommen, dass der eine oder der andere der Versuchung nachgibt, dem Kanzler mit Finanzierungsvorschlägen die Arbeit abzunehmen." Machtkampf zur UnzeitKochs wiederholtes Abweichen von der vereinbarten Parteilinie ist nach Informationen verschiedener Medien auch bei der CSU auf scharfe Kritik gestoßen. Koch habe nicht nur zur Unzeit seinen Machtkampf gegen Merkel eröffnet, er schade auch der CSU im Landtagswahlkampf, soll der bayerische Staatskanzleichef Erwin Huber intern moniert haben. Auch Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Edmund Stoiber sei erbost gewesen. Der niedersächsische CDU-Ministerpräsident Christian Wulff sagte in der ZDF-Sendung "Berlin direkt", Koch sei eine "ständige Bereicherung der politischen Landschaft". Es gebe aber ein klares Machtgefüge in der Union, "und da ist Angela Merkel Chefin". In der selben Sendung sagte CDU-Vize Christoph Böhr, die Frage des Kanzlerkandidaten - um die es beim Streit Koch/Merkel nach Ansicht von beobachtern geht - werde nicht jetzt, sondern ein Jahr vor der Bundestagswahl entschieden. "Stimmengewirr in der CDU wird unerträglich" Böhr forderte seine Partei in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" auf, nach der Vorlage der Regierungsvorschläge geschlossen zu reagieren. Sie müsse "noch am selben Tag unverzüglich zu einer Stimme finden". Andernfalls werde "das Stimmengewirr in der CDU unerträglich" werden. Die Steuersenkungen müssten an Strukturreformen beim Arbeitsmarkt sowie bei den Sicherungssystemen von Rente und Gesundheit gekoppelt werden. Wenn Schröder "mal etwas richtig macht, kann die Union nicht erklären, dass es falsch ist". Auch der Präsident des CDU-Wirtschaftsrates, Kurt Lauk, forderte Steuersenkungen. Er schlug Einsparungen von 23 Milliarden Euro vor, um die Steuerreform zu finanzieren. "Ich habe Verständnis für Roland Koch und Unions-Fraktionsvize Friedrich Merz, die jede Neuverschuldung ablehnen", sagte Lauk der "Welt am Sonntag". Auf einen Zeitplan für eine Entscheidung über das Vorziehen der Steuerreform legte sich Merkel nicht fest. Die Union habe aus den Erfahrungen mit Abweichlern im Bundesrat gelernt, "Festlegungen erst dann zu treffen, wenn die Zeit dafür reif ist und Entscheidungen anstehen".

Bush weiter unter Beschuss

Auch nach CIA-SchuldeingeständnisBush weiter unter Beschuss

Washington/London (rpo). Auch nach dem Schuldeingeständnis von CIA-Direktor George Tenet steht US-Präsident George W. Bush im eigenen Land weiter unter Beschuss. Howard Dean, demokratischer Präsidentschaftsbewerber, bezeichnete Tenet lediglich als "Sündenbock".In der Debatte um die Rechtfertigung des Irak-Kriegs geraten die Regierungen in Washington und London weiter unter Druck. US-Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice erklärte am Sonntag, eine umstrittene Äußerung von Präsident George W. Bush in seiner Rede Ende Januar über einen versuchten Uran-Kauf Iraks in Afrika habe der Wahrheit entsprochen, hätte aber nicht in der Rede enthalten sein sollen. Der Chef des US-Geheimdienstes CIA, George Tenet, übernahm am Freitag die Verantwortung für falsche Passagen in der Rede. In seiner Rede zur Lage der Nation hatte Bush erklärt, nach britischen Erkenntnissen habe Irak versucht, bedeutende Mengen Uran in Afrika zu kaufen. Am Mittwoch erklärte die US-Regierung, dass die Informationen auf gefälschten Dokumenten aus Niger beruhten. Die britische Regierung bekräftigte am Samstag, sie halte die Angaben weiterhin für richtig. Das Büro des britischen Premierministers Tony Blair erklärte, die Informationen über den versuchten Urankauf seien aus ausländischen Geheimdienstkreisen gekommen. Sie hätten sich nicht auf das gefälschte Dokument gestützt. Ex-Außenminister Robin Cook hakt nachDer britische Außenminister Jack Straw schrieb an einen Ausschuss des Unterhauses, die CIA habe Zweifel an den Informationen geäußert, diese aber nicht spezifiziert. Der frühere Außenminister Robin Cook sagte in der Zeitung "The Sunday Times", die Regierung müsse die Frage beantworten, warum ihre Beweise die CIA nicht überzeugt hätten. Nach zunehmender Kritik an seiner Darstellung der Gründe für einen Krieg wies Bush am Freitag dem Geheimdienst die Verantwortung für die falschen Informationen zu. Wenige Stunden später räumte Tenet ein, CIA-Mitarbeiter hätten das Manuskript zu Bushs Rede zur Lage der Nation gelesen und Einwände erhoben, woraufhin das Weiße Haus den Text hinsichtlich des angeblichen Uran-Geschäfts mit Niger geändert habe. Die CIA habe jedoch versäumt, wegen Zweifeln am Wahrheitsgehalt die gesamte Passage zu streichen. Rice sagte am Sonntag in Sender Fox News, die Passage hätte nicht in der Rede enthalten sein sollen, da an Reden des Präsidenten ein höherer Maßstab als an Geheimdienstinformationen angelegt werde. Dennoch sei es "aberwitzig anzunehmen, dass der Präsident der Vereinigten Staaten wegen der Frage, ob Saddam Hussein sich um Uran aus Afrika bemüht hat, in den Krieg zog". Die Äußerung selbst sei aber akkurat gewesen, dies habe die britische Regierung erklärt, und dies werde auch von anderen britischen und US-Geheimdienstinformationen bestätigt. Der Leiter der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Mohamed ElBaradei, sagte bereits Anfang März, die Dokumente, die den Vorwurf des versuchten Uran-Kaufs stützen sollten, seien gefälscht. Der frühere UN-Chefinspekteur Hans Blix sagte am Sonntag im Sender BBC, Washington und London hätten die Geheimdienstinformationen möglicherweise auf eine Weise interpretiert, die ihre Kriegspläne gerechtfertigt hätten. Schließlich sei das Hauptargument der irakische Besitz von Massenvernichtungswaffen gewesen. "Wenn diese Basis erschüttert wird, ist das eine ernste Angelegenheit." Bush und Blair treffen sich am kommenden Donnerstag in Washington. Unter anderem sei ein gemeinsamer Auftritt im Kongress geplant, teilte Blairs Büro mit.

Bundeswehr im Irak: "Jetzt nicht" statt lautes "Nein"

Neue Zurückhaltung in der Beziehung Berlin - WashingtonBundeswehr im Irak: "Jetzt nicht" statt lautes "Nein"

Berlin (rpo). In den Beziehungen zwischen Berlin und Washington beherrschen wieder die leiseren Töne die Szenerie. Auch in der Frage der Entsendung einer NATO-Truppe mit Bundeswehrkontingent in den Irak. Statt eines lauten "Nein" schallt lediglich ein leises "Jetzt nicht" über den Atlantik.In diesem Sinne formulierte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) zurückhaltend seine Absage an einen deutschen Militäreinsatz im Irak. Im deutsch-amerikanischen Verhältnis ist wegen des Irak- Streits schon genug Porzellan zerschlagen worden. Auf beiden Seiten des Atlantiks sind Regierungspolitiker seit dem Ende des Irak-Kriegs vor rund drei Monaten in ihrer Wortwahl vorsichtiger geworden. Doch Außenminister Joschka Fischer (Grüne) wird bei seinem ersten Besuch in den USA seit dem Krieg mit höchst sensiblen Fragen zum Thema Irak, aber auch Afghanistan konfrontiert. Die siegreiche Besatzungsmacht hat Riesenprobleme bei der Befriedung des Landes und zahlt einen hohen Blutzoll. Hinzu kommen die Vorwürfe gegen die US- Regierung, vor dem Krieg haltlose Propaganda über das angebliche Atomwaffenprogramm Saddam Husseins verbreitet zu haben. In dieser prekären Lage will der Kriegsgegner Deutschland eine neuerliche Konfrontation mit Washington vermeiden. Höflich lehnte der Kanzler den Wunsch von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, der bekannt ist für seine Ratschläge an Deutschland ("Wenn Du in einem Loch bist, hör auf zu buddeln"), ab. Rumsfeld hatte die Beteiligung der Bundeswehr an der Irak-Stabilisierungstruppe ins Spiel gebracht. Ein klares UN-Mandat muss herDer Kanzler antwortete darauf nicht kategorisch mit "Nein". "Gegenwärtig verändert sich an unserer Position, dass wir uns militärisch im Irak nicht engagieren, nichts", sagte er in der ARD. Zugleich stellte er hohe Hürden für die Behandlung dieser Frage in der Zukunft auf. Um überhaupt über einen Bundeswehreinsatz im Irak nachzudenken, müsse ein klares UN-Mandat her, forderte er. Außerdem verlangt Berlin die Bitte einer "legitimierten irakischen Übergangsregierung". Bislang steht der Irak aber unter der Verwaltung der amerikanischen Besatzungsmacht. Der von US-Verwalter Paul Bremer installierte provisorische Regierungsrat ist nur ein erster Schritt zum Aufbau einer Übergangsregierung. Hinter die Chancen auf Erfüllung seiner Bedingungen setzte Schröder denn auch ein dickes Fragezeichen. "Das ist reine Theorie", beschied er. Starke Zweifel hegt der Kanzler auch bei der von den USA gewünschten Ausweitung des deutschen Engagements in Afghanistan über die Hauptstadt Kabul hinaus. Fischer wird bei seinen Gesprächen mit der US-Regierung kein "Ja" aus Berlin im Gepäck haben, sondern eher skeptische Fragen zum Wiederaufbau Afghanistans. "Nach vorne gucken" lautet Schröders DeviseDie Gelegenheit zur Einwirkung auf die US-Politik durch die Deutschen sei derzeit günstig, meint der deutsch-amerikanische Regierungskoordinator Karsten Voigt (SPD) optimistisch. "Sobald die Amerikaner der Meinung sind, dass sie Verbündete brauchen, kann man viel bewirken", sagte er im Berliner "Tagesspiegel". "Nach vorne gucken", lautet auch die Devise Schröders, dessen Verhältnis zu US-Präsident George W. Bush immer noch als verkrampft gilt. Schröder weist die Vermutung zurück, Vize-Kanzler Fischer solle in Washington ein persönliches Treffen mit Bush vorbereiten. "Ich halte nichts davon, diesen Besuch zu überfrachten", sagte er in der ARD. Fischers Reise in die Vereinigten Staaten sei ein Arbeitsbesuch. Dem Atmosphärischen dürfte die Visite aber auch dienen. Denn Diplomaten sind ja immer bemüht, die Beziehungen durch gegenseitige Besuche noch zu verbessern.

Italien und Deutschland wollen Streit beilegen

Nach Rücktritt von StefaniItalien und Deutschland wollen Streit beilegen

Rom/Berlin (rpo). Nach dem Rücktritt des italienischen Tourismus-Staatssekretärs Stefano Stefani sollen sich die Wogen im deutsch-italienischen Disput schnell wieder glätten. Regierungssprecher Bela Anda kündigte bereits an, der Kanzler werde im nächsten Jahr wieder in Italien Urlaub machen.Der italienische Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi forderte am Wochenende beide Länder auf, nun so schnell wie möglich wieder zu Weisheit und Gelassenheit zurückzufinden. Regierungssprecher Bela Anda kündigte an, Bundeskanzler Gerhard Schröder werde den Sommerurlaub im nächsten Jahr gemeinsam mit seiner Familie wieder im Haus seines Freundes Bruno Bruni in Italien verbringen. Stefani war am Freitagabend nach massiver Kritik aus dem In- und Ausland an seinen anti-deutschen Ausfällen zurückgetreten. Zuvor hatte ihn Ministerpräsident Silvio Berlusconi nach dessen eigenen Angaben zu dem Schritt aufgefordert. In der "Bild"-Zeitung entschuldigte sich der bisherige Staatssekretär dafür, dass er deutsche Touristen als "einförmige, supernationalistische Blonde" bezeichnet hatte, die lärmend über italienische Strände herfielen. Ciampi sagte der "Bild am Sonntag": "Wir dürfen nicht zulassen, dass die schmerzhafte Polemik, die die deutsch-italienischen Beziehungen gestört hat, einen Schatten auf unsere künftige Zusammenarbeit wirft." Er sei fest von der Freundschaft zwischen Deutschland und Italien überzeugt. Natürlich seien deutsche Urlauber in Italien sehr willkommen. "Souveräne Entscheidung" der italienischen RegierungRegierungssprecher Anda bezeichnete den Rücktritt Stefanis als eine "souveräne Entscheidung" der italienischen Regierung, die die Bundesregierung nicht zu kommentieren habe. Schröder könne jedoch seiner Familie nicht eine neuerliche Umplanung des Urlaubs zumuten und bitte deshalb seine italienischen Freunde, besonders die in der Region um Pesaro, um Verständnis dafür, dass es bei der Absage bleibe. Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel begrüßte den Rücktritt Stefanis. Zugleich forderte sie in der "Bild am Sonntag" ein Ende der Streitigkeiten zwischen Italien und Deutschland. Altkanzler Helmut Kohl kritisierte die Entscheidung seines Nachfolgers Schröder, auf den Italien-Urlaub zu verzichten. Dies sei eine "völlig überzogene Reaktion und überhaupt nicht adäquat", sagte Kohl dem "Focus". Stefani erklärte in der "Bild"-Zeitung: "Teile meines Artikels in der Parteizeitung 'La Padania' haben in den letzten Tagen zu Verstimmungen im deutsch-italienischen Verhältnis geführt. Das tut mir Leid, das war nicht meine Absicht". Der ehemalige Staatssekretär beteuerte: "Ich liebe Deutschland. Wenn durch meine Worte bei vielen Deutschen Missverständnisse entstanden sind, möchte ich mich hiermit dafür vielmals entschuldigen". Die Deutschen seien vorbildliche Nachbarn und verlässliche Freunde. Bruno Bruni droht mit Auswanderung Den deutsch-italienischen Streit hatte Berlusconi angezettelt, der nach Kritik an seiner Doppelrolle als Regierungschef und Medienunternehmer den deutschen EU-Abgeordneten Martin Schulz (SPD) als Idealbesetzung für einen Aufseher in einem KZ-Film bezeichnet hatte. Schulz bezeichnete unterdessen Berlusconi als schlechten Regierungschef. Der Schröder-Freund und italienische Künstler Bruno Bruni drohte mit seiner Auswanderung, wenn Berlusconi länger an der Macht bleiben sollte. "Wenn die Italiener so dumm sind und Berlusconi immer wieder weiterwählen, werde ich vielleicht ganz wegziehen", sagte er der "Bild am Sonntag".

Nordkorea: 8000 Atombrennstäbe wiederaufgearbeitet?

Genügend Plutonium für sechs AtombombenNordkorea: 8000 Atombrennstäbe wiederaufgearbeitet?

Seoul (rpo). Das kommunistische Regime in Nordkorea verfügt offenbar über ausreichend nukleares Rohmaterial, um sechs Atombomben bauen ztu können. Zu diesem Zweck wurden alle 8000 abgebrannten Brennstäbe bereits wiederaufbereitet, berichtet eine südkoreanische Nachrichtenagentur.Nordkorea hat angeblich auch die USA informiert, dass die Wiederaufbereitung aller 8000 abgebrannten Atombrennstäbe im umstrittenen Reaktorkomplex Yongbyon bereits abgeschlossen sei. Aus den Brennstäben lässt sich nach Angaben südkoreanischer und amerikanischer Experten genügend Plutonium zum Bau von mindestens sechs Atombomben gewinnen. Im Streit um das Atomprogramm sind die jüngsten Versöhnungsgespräche zwischen Süd- und Nordkorea am Samstag ohne konkrete Fortschritte zu Ende gegangen. Zum Abschluss des viertägigen Ministertreffens in Seoul erklärten beide Seiten jedoch, den Konflikt "friedlich durch einen geeigneten Dialog" lösen zu wollen. Die südkoreanische Seite hatte Nordkorea zuvor dazu zu bewegen versucht, den US-Vorschlag zu multilateralen Gesprächen über eine Beilegung der Krise zu akzeptieren. Der Sprecher der südkoreanischen Delegation sagte in Seoul, die gemeinsame Erklärung mit Nordkorea ebne den Weg für den Dialog über eine Lösung des Konfliktes. "Es kann als Nordkoreas Hinweis verstanden werden, dass es multilaterale Gespräche akzeptieren wird." In die Krisengespräche sollen außer den beiden Koreas und den USA auch Japan und China sowie möglicherweise Russland einbezogen werden. Die nordkoreanische Delegation hatte nach südkoreanischen Angaben jedoch die Position Pjöngjangs wiederholt, wonach die Nuklearfrage direkt zwischen Nordkorea den USA gelöst werden müsse. Die nordkoreanische Seite hatte zum Auftakt der Korea-Gespräche vor einem drohenden Atomkrieg auf der Halbinsel gewarnt. Trotz der Spannungen einigten sich beide Koreas auf die Fortsetzung bilateraler Wirtschaftsgespräche sowie neue Begegnungen zwischen getrennt lebenden Familien im September. Außerdem werde ein gemeinsamer Ausschuss erwogen, um den Austausch zwischen den Menschen in beiden Ländern zu fördern. Die nächste Ministerrunde ist für Mitte Oktober in Pjöngjang geplant.

Bundesministerium gegen Sonderabgabe auf Alkohol

Nach Forderungen der LänderministerBundesministerium gegen Sonderabgabe auf Alkohol

Berlin (rpo). Das Bundesgesundheitsministerium hat sich gegen eine Sonderabgabe auf alkoholische Getränke ausgesprochen. Die Abgabe, die den Preis pro Milliliter Alkohol um einen Cent erhöhen soll, wird von den Gesundheitsministern der Länder und zahlreichen Experten gefordert.Bei ihrer Konferenz Anfang Juli in Chemnitz hätten die Länderminister als eine Maßnahme zur Suchtbekämpfung eine "Verbesserung der Finanzierungsmöglichkeiten im Präventions- und Hilfebereich auch durch zweckgebundene zusätzliche Abgaben auf Alkohol- und Tabakerzeugnisse" beschlossen, berichtete die "Bild am Sonntag". Auch der Geschäftsführer der Hauptstelle gegen Suchtgefahren, Rolf Hüllinghorst, plädierte dafür. Ein Sprecher des Bundesministeriums sagte am Sonntag: "Das ist nicht unser Programm." Wenn die Länder solche Zusatzabgaben einführen wollten, müsse ein entsprechender Antrag im Bundesrat gestellt werden. Vor der Sommerpause sei ein solcher Antrag nicht in die Länderkammer eingebracht worden, sagte der Sprecher. Er verwies auf den von der Bundesregierung vorgelegten Aktionsplan Drogen und Sucht. Darin werde klar hervorgehoben, "dass wir die Prävention stärken wollen, auch in Bezug auf Alkohol". Eine Zusatzabgabe gehöre aber nicht dazu. Der Geschäftsführer der Hauptstelle, Hüllinghorst, hatte gesagt: "Es sollte eine Zusatzabgabe auf alle alkoholhaltigen Getränke eingeführt werden, um eine Anti-Alkohol-Kampagne zu finanzieren. Sie sollte einen halben Cent pro Milliliter Alkohol betragen. Mit den Einnahmen ließe sich eine wirkungsvolle Öffentlichkeitskampagne gegen gefährlichen Alkoholkonsum bezahlen." Bei einer Verteuerung von Alkohol um einen halben Cent pro Milliliter würde die 0,5-Liter-Flasche Bier mit 4,8 Prozent Alkoholgehalt um 12 Cent, eine 0,75-Liter-Flasche Sekt mit 11 Prozent Alkohol um 41 Cent teurer.

Zehn Todesurteile für Anschläge in Casablanca

Knapp zwei Monate nach den Selbstmord- AttentatenZehn Todesurteile für Anschläge in Casablanca

Casablanca (rpo). Ein marokkanisches Gericht hat im Fall der Selbstmord-Attentate in Casablanca gegen zehn islamistische Extremisten die Todesstrafe verhängt. Bei den Anschlägen vor zwei Monaten waren 44 Menschen ums Leben gekommen.Gegen 21 weitere Angeklagte verhängten die Richter nach Presseberichten vom Sonntag Haftstrafen zwischen einem Jahr und lebenslänglich. Den Beschuldigten war vorgeworfen worden, der verbotenen Gruppierung "Salafia Jihadia" (Der wahre Heilige Krieg) anzugehören. Sie waren zwar vor den Anschlägen des 16. Mai festgenommen worden, sollen diese aber mit vorbereitet haben. Als einziger der Angeklagten habe der zum Tode verurteilte Anführer der Gruppe, Youssef Fikri alias "Blut-Emir" (25), gestanden, "Feinde Gottes" getötet zu haben. Die übrigen hätten ihre Unschuld beteuert. Zwar ist die Todesstrafe in Marokko noch in Kraft, seit 1993 aber nicht mehr vollstreckt worden. Derzeit sitzen 64 Verurteilte in den Todeszellen. Menschenrechtsorganisationen befürchten in dem nordafrikanischen Königreich angesichts des Schocks durch die Anschläge vom Mai eine Repressionswelle gegen islamische Extremisten. Rund 200 Verdächtige wurden seither festgenommen. Der große Prozess um die Selbstmordanschläge soll noch in diesem Monat in Casablanca beginnen. Vor Gericht müssen sich 28 Angeklagte verantworten, darunter die zwei mutmaßlichen Attentäter, die überlebten. Zehn weitere waren ums Leben gekommen.

EU-Plebiszit: Kritik an Stoiber-Vorstoß

Teufel und Schäuble strikt dagegenEU-Plebiszit: Kritik an Stoiber-Vorstoß

Hamburg (rpo). Mit seinem Vorstoß für einen Volksentscheid über die EU-Verfassung ist Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber von namenhaften CDU-Politkern gescholten worden. Sein Amtskollege Erwin Teufel und Fraktions-Vize Wolfgang Schäuble lehnen einen Plebeszit strikt ab. Der baden-württembergische Ministerpräsident Erwin Teufel sagte dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel": "Wir sollten bei der Tradition bleiben, die sich nach dem Krieg entwickelt hat, und den neuen EU-Vertrag mit Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat verabschieden." Auch der stellvertretende Vorsitzende der Unionsbundestagsfraktion, Wolfgang Schäuble, betonte: "Ein Referendum ist nicht nötig." Der vom EU-Konvent vorgelegte Verfassungsentwurf bedeute keine für eine Volksbefragung hinreichende Änderung der europäischen Verträge. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Europaparlaments und der Christlichen Demokraten im EU-Konvent, Elmar Brok, lehnte den Stoiber-Vorschlag ebenfalls ab: "Die Väter unseres Grundgesetzes haben bewusst auf dieses Instrument verzichtet." Deshalb sei er gegen ein Referendum in Deutschland, sagte Brok dem Nachrichtenmagazin "Focus". Ungewohnte Unterstützer für StoiberUnterstützung erhielt Stoiber dagegen aus den Reihen von SPD und Grünen. Die Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD), betonte: "Wir sollten Europa als Motor nehmen, um die Diskussion um Volksentscheide wieder anzustoßen." Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, sieht in dem Vorstoß des bayerischen Ministerpräsidenten eine Chance, mit der Opposition über die Einführung von Plebisziten zu verhandeln. "Wenn das schnell geht, kann die Bevölkerung bereits über die EU-Verfassung abstimmen", sagte Beck. Der EU-Parlamentarier Brok nannte die Verfassung aus deutscher Sicht vor allem im Bereich der Steuern noch verbesserungsbedürftig. "Bei den indirekten Steuern müssen wir noch nacharbeiten: Wer deutsche Produkte etwa nach Frankreich liefert, muss mit großem bürokratischem Aufwand bei einem besonderen Amt die Verrechnung des Mehrwertsteuersatzes beantragen", sagte der CDU-Politiker der "Welt am Sonntag". Dies müsse so korrigiert, dass jeder die Mehrwertsteuer seines Heimatlandes bezahle, in dem das Produkt hergestellt werde. Dann gelte der deutsche Steuersatz auch für das deutsche Produkt in Frankreich. Ansonsten überwiegen nach Broks Überzeugung die Vorteile des Verfassungsvertrages: "Religiöse Werte und persönliche Rechte sind optimal geschützt wie im deutschen Grundgesetz."

Berlusconi startet Charme-Offensive für Journalisten

50 Pressvertreter nach Rom eingeladenBerlusconi startet Charme-Offensive für Journalisten

Rom (rpo). Nach seinen skandalträchtigen Auftritten in Italien und im Europaparlament geht der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi nun in die Charme-Offensive. Der Regierungschef lud 50 internationale Journalisten nach Rom ein, um sie wieder auf seine Seite zu ziehen.Seine Regierung lud am Wochenende 50 internationale Journalisten mit Sitz in Brüssel in die italienische Hauptstadt ein. Dort erwartete die Medienvertreter Pasta, Champagner und ein gelöst wirkender Regierungschef. Den Auftakt für das Wochenende bildete am Freitag ein Abendessen in der historischen Villa Madama in den Hügeln Roms. Danach lud er die Reporterinnen ein, mit ihm den Ausblick zu genießen und zeigte ihnen eine pinkfarbene Badewanne aus Marmor. Darin habe schon der Hollywood-Star Gary Cooper gebadet, sagte er. Später äußerte sich Berlusconi auch zu den politischen Verstimmungen, speziell zwischen Deutschland und Italien. "Alles, was über Italien gesagt wurde, ist tief beleidigend", erklärte er. "Aber ich werde weitermachen und bin glücklich mit mir und dem, was ich erreicht habe." Das Bild, das in Europa von ihm gezeichnet werde, entspreche nicht der Wirklichkeit. "Es ist das Gegenteil von dem, was ich bin", sagte Berlusconi. "Stellen Sie sich vor, mit wie viel Dreck ich beworfen worden bin." Er sei ganz und gar nicht "unberechenbar oder gefährlich", wie es häufig dargestellt worden sei. Deutsch-italienisches Verhältnis gestörtDie italienische Ratspräsidentschaft war schon vor ihrem Beginn auf Kritik gestoßen. Die Spannungen nahmen am 2. Juli zu, als der deutsche Europaabgeordnete Martin Schulz (SPD) Berlusconi wegen seiner Doppelrolle als Regierungschef und Medienunternehmer kritisiert hatte. Berlusconi bezeichnete Schulz daraufhin als Idealbesetzung für einen Aufseher in einem KZ-Film. Wenige Tage später nannte dann der Staatssekretär Stefani Stefani deutsche Touristen "einförmige, supernationalistische Blonde", die lärmend über italienische Strände herfielen. Stefani trat am Freitag zurück. Die italienische Regierung bemühte sich am Wochenende, die Verstimmungen hinter sich zu lassen. Sie arrangierte für die Medienvertreter Treffen mit Kabinettsmitgliedern, darunter Außenminister Franco Frattini, der stellvertretende Ministerpräsident Gianfranco Fini und Innenminister Giuseppe Pisanu. Alle drei wichen Fragen zu den italienischen Ausfällen aus und betonten, jetzt müsse man sich auf die wichtigen Vorhaben während der italienischen Ratspräsidentschaft konzentrieren. In den kommenden Monaten liegt viel Arbeit vor den EU-Mitgliedstaaten. Sie müssen sich bis Dezember endgültig auf den Entwurf für eine europäische Verfassung einigen. Berlusconi will außerdem die europäische Wirtschaft in Schwung bringen und die diplomatischen Wunden heilen, die im Streit um den Irak-Krieg zwischen Europa und den Vereinigten Staaten entstanden. Für all diese Ziele ist eine enge Abstimmung zwischen den EU-Mitgliedern notwendig. Berlusconi zeigte sich zuversichtlich, positive Ergebnisse erzielen zu können. "Ich komme gut mit meinen Kollegen aus", sagte er. "Wenn es jemanden gibt, der gemäßigt und ausgeglichen ist, bin ich das."

Schmidt fordert Beitrag der Rentner

Ministerin verteidigt niedrigere RentenerhöhungenSchmidt fordert Beitrag der Rentner

Hamburg (rpo). Bundessozialministerin Ulla Schmidt hat ihre Pläne für niedrigere Rentenerhöhungen verteidigt. Die älteren Menschen müssten einen Beitrag zur Erholung der Konjunktur und zum Absenken der Lohnnebenkosten leisten, sagte Schmidt in einem Interview."Es kommt jetzt darauf an, die Konjunktur zu zünden. Wir wollen, dass sich die Nachfrage belebt. Wir müssen die Lohnzusatzkosten senken. Das geht nur, wenn auch die Älteren mithelfen", sagte die SPD-Politikerin der "Bild am Sonntag". Sie setze sich dabei dafür ein, dass die soziale Balance gewahrt werde. Die Ministerin verteidigte den Umfang der Rentenerhöhung zum 1. Juli 2003: "Wenn die Lohn- und Gehaltszuwächse niedriger ausfallen, dann fallen auch die Rentenerhöhungen niedriger aus", sagte Schmidt. "Und wenn sich Lasten wegen des Älterwerdens der Gesellschaft auftürmen, müssen diese Lasten verteilt werden." Die Bruttolöhne seien 2002 um 1,6 Prozent gestiegen, die Renten im Westen um etwas mehr als ein Prozent. "In dem Unterschied zwischen den beiden Zahlen steckt die Tatsache, dass die Jüngeren mehr fürs Alter sparen sollen. Das ist ein Stück Solidarität zwischen den Generationen", sagte die SPD-Politikerin. Dem Sozialverband VdK warf die Ministerin wegen dessen Protestaktion gegen die Rentenpolitik der Bundesregierung Parteilichkeit vor: "Als die damalige Regierung Kohl am 30. Oktober 1997 ankündigte, der Renten-Beitragssatz müsste 1998 auf 21 Prozent steigen, hat sich der VdK-Vorsitzende Herr Hirrlinger nicht gerührt", sagte Schmidt. "Nun will ich den Beitragssatz 2004 auf 19,5 Prozent halten, und Herr Hirrlinger schreit Zeter und Mordio. Diese schräge Argumentation stört mich."

Blix bezweifelt Blairs Angaben zu irakischen Waffen

Informationen über Waffenarsenal "überinterpretiert"Blix bezweifelt Blairs Angaben zu irakischen Waffen

London (rpo). Der frühere UN-Chefwaffeninspekteur Hans Blix hat die Angaben des britischen Premierministers Tony Blair zur Gefährlichkeit Saddam Husseins in Zweifel gezogen. Der britische Regierungschef habe die Informationen über die Waffenarsenale des Irak "überinterpretiert", so Blix.Blair habe die vorliegenden Informationen über Saddam Husseins Waffenarsenal "überinterpretiert", kritisierte Blix. In einem Interview des "Independent on Sunday" äußerte er sich besonders kritisch über die in einem "Beweis-Dossier" der Regierung Blair aufgestellte Behauptung, Saddam könne binnen 45 Minuten mit seinen Massenvernichtungswaffen zuschlagen. "Ich glaube, das war ein fundamentaler Fehler", sagte Blix. "Ich weiß nicht, wie sie diese Zahl von 45 Minuten berechnet haben. Das scheint mir ziemlich weit hergeholt." Die Zeitangabe war zuvor schon von einem Untersuchungsausschuss des britischen Unterhauses bemängelt worden.

CDU-Chefin Merkel fordert Geschlossenheit

Zeitplan bei Steuerreform offenCDU-Chefin Merkel fordert Geschlossenheit

Berlin (rpo). Nach dem Steuerstreit in der Union hat CDU-Chefin Angela Merkel ihre Parteifreunde erneut zur Geschlossenheit aufgerufen. Sie zeigte sich überzeugt, dass die Zahl der Gegenstimmen weiter sinkt und sich auch Roland Koch an die geltenden Parteibeschlüsse hält.Die Parteibeschlüsse dazu seinen "klug und weise", sagte sie dem Berliner "Tagesspiegel am Sonntag". "Ich gehe davon aus, dass sich alle daran halten." Mit Blick auf den hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch, der entgegen der Parteilinie erneut vor einer schuldenfinanzierten Steuerreform gewarnt hatte, sagte sie: "In einer großen Volkspartei wird es immer wieder vorkommen, dass der eine oder der andere der Versuchung nachgibt, dem Kanzler mit Finanzierungsvorschlägen die Arbeit abzunehmen. Aber bei den führenden Kräften habe ich den klaren Eindruck, dass wir auf einem sehr guten Weg sind." Sie gehe davon aus, "dass die Zahl der Nebenbemerkungen weiter sinkt". Auf einen Zeitplan für eine Entscheidung über das Vorziehen der Steuerreform legte sich Merkel nicht fest. Die Union habe aus den Erfahrungen mit Abweichlern im Bundesrat gelernt, "Festlegungen erst dann zu treffen, wenn die Zeit dafür reif ist und Entscheidungen anstehen. Das hängt jetzt stark von den Vorschlägen der Bundesregierung und der zeitlichen Abfolge der Beratungen im Bundestag und Bundesrat ab." Die Bundesregierung hatte angekündigt, Mitte der neuen Woche Eckpunkte für die Finanzierung einer vorgezogenen Steuersenkung vorzulegen.

US-Truppen starten wieder Großrazzia im Irak

Verwaltungsrat tritt zum ersten Mal zusammenUS-Truppen starten wieder Großrazzia im Irak

Balad/Irak (rpo). Zum insgesamt vierten Mal haben US-Truppen im Irak eine Großrazzia gegen Aufständische begonnen. Soldaten der 4. Infanteriedivision gingen dabei gegen mutmaßliche Verstecke von Anhängern des gestürzten Regimes vor. Unterdessen kam in Bagdad erstmals der irakische Verwaltungsrat zusammen.US-Einheiten begannen in der Nacht zum Sonntag, gegen vermutete Verstecke von Untergrundkämpfern vorzugehen. "Wir gehen in die Offensive, um mögliche Angriffe der Baathisten und ehemaliger Fedajin-Elemente gegen uns zu unterbinden", erklärte Oberst David Hogg. Seitdem US-Präsident George W. Bush am 1. Mai die größeren Kampfhandlungen in Irak für beendet erklärte, sind 31 US-Soldaten bei Angriffen getötet worden.Die meisten Angriffe fanden in dem so genannten sunnitischen Dreieck um Bagdad statt. Nach US-Geheimdienstinformationen könnten am (morgigen) Montag, dem 45. Jahrestag des Sturzes der irakischen Monarchie, und am kommenden Donnerstag, dem 35. Jahrestag des Putsches von Saddam Husseins Baath-Partei, Anschläge geplant sein. Bei den vorigen drei Großaktionen waren hunderte von Verdächtigen verhaftet worden. Viele davon wurden aber mangels Beweisen wieder frei gelassen. Es wurden mehrere große Waffenlager entdeckt, aber die Angriffe auf US-Soldaten gingen weiter. Verwaltungsrat konstituiert sichNach zweimonatigen Verhandlungen über seine Zusammensetzung ist am Sonntag der irakische Verwaltungsrat in Bagdad zu seiner ersten Sitzung zusammen gekommen. Eine Liste mit der genauen Zusammensetzung des ersten politischen Gremiums seit dem Sturz des Regimes von Saddam Hussein lag zunächst nicht vor. Es wurde erwartet, dass die Schiiten als größte Bevölkerungsgruppe erstmals in der irakischen Geschichte die Mehrheit stellen. Die Kontrolle über Irak wird weiter bei US-Zivilverwalter Paul Bremer bleiben. Mit dem Recht, Minister zu ernennen und den Haushalt für 2004 zu verabschieden wird der Verwaltungsrat aber über einiges politisches Gewicht verfügen, erklärten Beobachter in Bagdad. Eine seiner ersten Aufgaben werde sein, als Repräsentant der irakischen Bevölkerung anerkannt zu werden - obwohl diese nicht über seine Zusammensetzung abstimmen durfte. Nach Einschätzung der Alliierten ist eine Wahl in Irak derzeit noch nicht möglich. Bremer hatte am Samstag die konstituierende Sitzung eines Politikgremiums angekündigt, dass "mit echten Vollmachten" den Weg zur Demokratie bereiten soll. Das Gremium sei Teil des amerikanischen Plans, eine Regierung für alle Iraker zu bilden. "Ihm gehören Vertreter aller Adern der komplizierten gesellschaftlichen Struktur Iraks an: Schiiten, Sunniten, Araber, Kurden, Männer und Frauen, Christen und Turkmenen", schrieb Bremer. Der Rat wird aus 25 bis 30 prominenten Irakern bestehen und soll das Recht haben, Minister zu ernennen und den Chef der Zentralbank auszuwählen. Er soll Vorläufer einer größeren Verfassungsversammlung sein, die binnen eines Jahres eine neue Verfassung ausarbeiten soll. Ende 2004 oder Anfang 2005 soll dann eine souveräne irakische Regierung gewählt werden.