Alle Politik-Artikel vom 19. Juli 2003
Deutlicher Anstieg der Juni-Steuereinnahmen

Einnahmen übersteigen Niveau des VorjahresDeutlicher Anstieg der Juni-Steuereinnahmen

Berlin (rpo). Finanzminister Hans Eichel kann sich endlich mal wieder freuen. Die Steuereinnahmen haben sich trotz Wirtschaftsflaute im Juni deutlich verbessert.Ohne Gemeindesteuern lagen sie um 5,3 Prozent höher als im Vorjahresmonat, heißt es im jüngsten Monatsbericht des Bundesfinanzministerium vom Samstag. Damit wird der Vorjahreswert von Januar bis Juni um 0,5 Prozent überschritten. Bis Mai wurde er trotz verbesserter Einnahmen noch um 0,7 Prozent unterschritten. Im April und Mai lagen die Steuereinnahmen um 2,8 und 2,6 Prozent höher als im jeweiligen Vorjahresmonat. Im Januar war noch ein Einnahmeminus von 9,9 Prozent registriert worden. Wie aus der Mitteilung ferner hervorgeht, brachte der zweite Vorauszahlungstermin bei der Körperschaftssteuer eine sehr deutliche Verbesserung um 1,7 Milliarden auf 2,6 Milliarden Euro. Besonders erfreulich hätten sich auch die Umsatzsteuern mit einem Zuwachs von 3,4 Prozent entwickelt. Dies sei ein wichtiges Indiz für die Aufhellung der konjunkturellen Lage im Einzelhandel. Einnahmen übersteigen Niveau des VorjahresLaut Bericht übersteigen die Einnahmen inzwischen nach Sondereffekten zu Beginn des Jahres das Niveau des Vorjahres um 1,6 Prozent. Gleichzeitig gab es bis Juni im Vergleich zum Vorjahreszeitraum deutliche Mehrausgaben für soziale Sicherungen (plus 4,9 Milliarden Euro). Die übrigen Ausgaben entsprachen dem Vorjahresniveau. "Die konjunkturellen Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt überlagern so den Konsolidierungskurs", heißt es in der Mitteilung.

Kelly-Tod: Waffenexperte beging Selbstmord

Blair wegen Tod Kellys unter erheblichem DruckKelly-Tod: Waffenexperte beging Selbstmord

Southmoor (rpo). Der Tod des britischen Waffenexperten und Regierungsberaters David Kelly ist auf Selbstmord zurückzuführen. Unterdessen verschärfte sich die Krise der Londoner Regierung.Todesursache war nach Polizeiangaben vom Samstag Blutverlust infolge einer aufgeschnittenen Pulsader am linken Handgelenk. Die Polizei erklärte, sie habe nahe der Leiche ein Messer und einige Schmerztabletten gefunden. Es gebe keine Hinweise auf Fremdeinwirkung. Der 59-Jahre alte Berater des Verteidigungsministeriums war am Freitag unweit seines Hauses in Southmoor bei Oxford tot aufgefunden worden. Er war verdächtigt worden, einem BBC-Reporter gesagt zu haben, die Regierung habe Geheimdienstinformationen über Iraks Waffenpotenzial aufgebauscht. Er stand nach Aussage seiner Frau unter erheblichem Druck und war am Donnerstag von zu Hause verschwunden - zwei Tage nach seiner Aussage vor einem britischen Unterhausausschuss. Kellys Familie wandte sich am Samstag in einer Erklärung an die Öffentlichkeit. Darin hieß es: "Die Ereignisse der letzten Wochen haben Davids Leben unerträglich gemacht, und alle Beteiligten sollten lange und eingehend darüber nachdenken." Sein Berufsleben sei gekennzeichnet gewesen von Integrität, Ehre und der Entschlossenheit, die Wahrheit auch unter schwierigsten Umständen zu suchen. Rücktritt Blairs gefordertAls Konsequenz aus dem Tod Kellys forderten Labour-Abgeordnete den Rücktritt von Premierminister Tony Blair. Oppositionsführer Ian Duncan Smith rief Blair auf, seine derzeitige Asienreise abzubrechen. In Japan musste sich Blair die Frage eines Journalisten anhören, ob Blut an seinen Händen klebe. Mit versteinerter Mine kündigte der britische Regierungschef bei einer Pressekonferenz mit dem japanischen Ministerpräsidenten Junichiro Koizumi eine "vollständige und unabhängige Untersuchung" an. "Wir sollten den Vorgang erst bewerten, wenn wir alle Fakten haben", sagte Blair. Zuvor hatte er den Tod Kellys als "absolut schreckliche Tragödie" bezeichnet. Kelly hatte ein unautorisiertes Treffen mit dem Journalisten Andrew Gilligan eingeräumt. Dieser ist der Autor des umstrittenen BBC-Berichts vom 29. Mai, in dem es unter Berufung auf eine nicht genannte Quelle heißt, Blairs Kommunikationschef Alastair Campbell habe für das Dossier vom September auf der Aussage bestanden, Irak sei binnen 45 Minuten zum Einsatz von biologischen oder chemischen Waffen fähig. "Es gibt sehr viele Fragen, die in den kommenden Tagen beantwortet werden müssen"Kelly, ein ehemaliger UN-Waffeninspekteur, hatte am Dienstag vor einem Unterhaus-Ausschuss erklärt, er glaube nicht, dass er die erwähnte Quelle sei. Die im Bericht genannten Vorwürfe habe er nicht erhoben. Auch der Ausschussvorsitzende Donald Anderson sagte am Freitag der BBC, das Gremium sei sich ziemlich sicher, dass es sich bei der Quelle nicht um Kelly gehandelt habe. Tory-Chef Duncan Smith forderte Blair zur sofortigen Rückkehr nach London auf. "Es gibt sehr viele Fragen, die in den kommenden Tagen beantwortet werden müssen", sagte der Vorsitzende der oppositionellen Konservativen. Die Labour-Abgeordnete Glenda Jackson, eine vehemente Kriegsgegnerin, sprach sich für Blairs Rücktritt aus. "Ich sehe nicht, wie die Regierung derzeit angemessen funktionieren kann", sagte sie in einem Radiointerview. Die Zeitung "The Independent" bezeichnete Kelly als "Kriegsopfer". Die "Daily Mail" zeigte Fotos von Hoon, Campbell und Blair mit der Bildunterschrift "Seid Ihr stolz auf Euch?"

CSU-Parteitag: Stoiber im Rekordrausch

Stoiber rühmt Bayern als Vorbild für alleCSU-Parteitag: Stoiber im Rekordrausch

Nürnberg (rpo). Edmund Stoiber in Höchsform. Mit einem Rekordergebnis von 97 Prozent bestätigte der CSU-Parteitag den bayerischen Ministerpräsidenten am Samstag als Parteichef.28 Delegierte votierten gegen Stoiber, 21 Stimmen waren ungültig. Damit ist Stoiber mit 96,97 Prozent im Amt des Vorsitzenden bestätigt. Das ist eines der besten Wahlergebnisse eines Vorsitzenden in der Geschichte der CSU. Für die Landtagswahl im September sagen ihm die Umfragen einen Triumph voraus. Der Oberbayer nützte den Rückenwind, bekräftigte seinen bundespolitischen Führungsanspruch und watschte nicht nur Bundeskanzler Gerhard Schröder, sondern gleich auch noch seinen hessischen CDU-Rivalen Roland Koch ab. "Bayern ist erfolgreicher, weil hier besser regiert wird", sagte Stoiber unter dem Beifall der 1.000 begeisterten Delegierten. Der Freistaat habe seine Neuverschuldung auf 350 Millionen Euro gesenkt; der hessische Ministerpräsident Koch dagegen habe seinen Schuldenberg um zwei Milliarden erhöht. "Deshalb sollte man, bevor man große Forderungen an die Bundespolitik stellt, zuerst einmal im eigenen Land ein bisschen Ordnung schaffen, um das vorsichtig zu formulieren", spottete Stoiber. Mit seinem Nein zu Steuersenkungen stört Koch den CSU-Wahlkampf. Zufrieden wiesen CSU-Politiker darauf hin, dass Stoiber in jüngsten Umfragen zur K-Frage vor Merkel und Koch liege. "Und Politik ist doch ganz einfach: Wer die meisten Stimmen bringt, wird aufs Schild gehoben." Dämpfer für Horst SeehoferMit diesem Argument hatte schon Horst Seehofer Stoibers großartiges Ergebnis bei der Wiederwahl als Parteichef vorausgesagt. "Die Delegierten wissen, dass wir geschlossen mit unserem Zugpferd Nummer eins in die Landtagswahl gehen müssen." Seehofer selbst allerdings hatte in den vergangenen Monaten mit Kritik an Stoiber und an der Gesundheitspolitik der Union die Geschlossenheit arg durchlöchert. Sowohl Bundes- als auch Landespolitiker warfen ihm vor, solche Alleingänge zerstörten jedes Mannschaftsspiel. Die Quittung bekam Seehofer auf dem Parteitag: Bei der Wahl der stellvertretenden CSU-Vorsitzenden bekam er mit 85,1 Prozent das zweitschlechteste Ergebnis. Doch Seehofer gab sich ungerührt: "Ich geh' meinen Weg, das werden Sie erleben in den nächsten Wochen und Monaten. Da hab' ich mich in meiner Krankheit dazu entschieden." Nur mit Verzögerung raffte sich Stoiber-Kritiker Theo Waigel zum Beifall für den wiedergewählten Parteichef auf. Viele Delegierte unterstützten seine Forderung nach Erneuerung von Parteispitze und Landeskabinett, kritisierten aber die Veröffentlichung mitten im Wahlkampf. Stoibers Vorgänger reagierte genervt: "Was und wann ich schreibe, bestimme ich allein", raunzte Waigel.Landtagswahl soll Signal für Deutschland werden Stoiber rief die CSU auf, sich nicht von Umfragen einlullen zu lassen, die der Partei fast 60 Prozent voraussagen, sondern mit vollem Einsatz bis zur Landtagswahl am 21. September zu kämpfen. Ein "überzeugender Wahlsieg" würde ein Signal "weit über Bayern hinaus" setzen. Der Freistaat sei das "Kontrastprogramm zur rot-grünen Showpolitik in Berlin". Schröder stehe für ständige Ankündigungen und Stillstand, "es ist noch nie so viel gequatscht worden", kritisierte der CSU-Chef. "Wir in Bayern reden nicht, wir handeln." Zwei Stunden lang pries Stoiber das Erfolgsmodell Bayern: Die besten Schulen, die geringste Arbeitslosigkeit, die geringsten Schulden und Wirtschaftsstandort Nummer Eins. "Bayern macht's besser", rief er unter dem Jubel der Delegierten. "Für dieses Bayern steht die CSU!" Schröder habe stabile Renten, stabile Krankenkassenbeiträge und den Aufschwung versprochen, aber nichts gehalten. "Es muss Schluss sein mit diesen Lügen", forderte Stoiber und verglich Schröder mit einem Zechpreller, der "laut Freibier für fordert alle und dann verschwindet". Deutschland brauche aber "keinen Medienkanzler. Deutschland braucht einen Kanzler, der die Probleme löst", sagte Stoiber. "Wovon werden wir morgen leben?""Wovon werden wir morgen leben? Wir brauchen neue Wachstumsfelder, um Arbeit und Wohlstand auch in Zukunft zu sichern", sagte Stoiber und forderte Investitionen in Zukunftsfelder wie Nanotechnologie, Bio- und Gentechnologie, neue Werkstoffe und Mechatronik. Bildung, Spitzenforschung und Wirtschaft müssten eng verzahnt werden. Bayern werde die Nase vorn haben, weil "in NRW oder Berlin keine derartigen Konzepte vorhanden sind", sagte Stoiber. Ohne Waigel zu erwähnen, der nach den fetten Jahren eine Folge dürrer Jahre auch für Bayern vorhersagte, wies CSU-Chef Stoiber alle Bedenken zurück: "Wir werden dafür sorgen, dass Bayern stark bleibt!"

Liberia: Rebellen rücken in Hauptstadt ein

Tausende auf der FluchtLiberia: Rebellen rücken in Hauptstadt ein

Monrovia (rpo). Das Morden und die Flüchtlingsströme nehmen in Liberia kein Ende. Am Samstag haben sich die liberianischen Rebellen am Samstag bei einer neuen Offensive bis nach Monrovia herangekämpft.Die liberianischen Rebellen haben sich am Samstag bei einer neuen Offensive nach Monrovia vorgekämpft, wie der liberianische Militärchef General Benjamin Yeaten sagte. Demnach rückten die Kämpfer über eine Brücke, die den St.-Pauls-Fluss überquert, in die Hauptstadt ein und drangen bis zum Hafen vor. Zum wiederholten Mal innerhalb weniger Wochen flüchteten tausende Einwohner aus Furcht vor Gräueltaten und Plünderungen ins Stadtzentrum. Auch aufgeriebene Regierungssoldaten zogen sich aus den Kampfgebieten zurück. Bewohner Monrovias berichteten von heftigem Gewehrfeuer in der Hafengegend. Aus dem Stadtzentrum wurden Plünderungen gemeldet. Regierungssoldaten, die seit langem keinen Sold mehr erhalten haben, plünderten Geschäfte. Explosionen erschüttern die HauptstadtAm Nachmittag wurde der Nordwesten der Hauptstadt von Explosionen erschüttert, und die Kämpfer näherten sich weiter dem Stadtzentrum. Aus der Stadtmitte ergoss sich ein neuer Flüchtlingsstrom in die Außenbezirke, der von Sicherheitskräften mit Warnschüssen gestoppt wurde. Die Einwohner demonstrierten lautstark für eine internationale Friedenstruppe unter Führung der USA. Informationsminister Reginald Goodrich forderte die sofortige Entsendung einer internationalen Friedenstruppe, die mehrere westafrikanische Länder in Aussicht gestellt hatten. "Jeder spricht über die Entsendung von Soldaten, aber niemand schickt sie", sagte Goodrich. "Warum die Verzögerung? Sie müssen jetzt kommen!" USA knüpfen Militäreinsatz an BedingungenAm Freitag hatte der UN-Sondergesandte für Liberia, Jacques Klein, erklärt, die USA wollten erst über ein Engagement entscheiden, wenn die westafrikanische Staatengemeinschaft ECOWAS ihre Truppen in Liberia stationiert habe. So könne Washington die Ernsthaftigkeit der Region bei der Beilegung des Konflikts bewerten. Vertreter der Rebellenbewegung Vereinte Liberianer für Versöhnung und Demokratie (LURD) und die Regierung von Präsident Charles Taylor machen sich gegenseitig für die neu entfachten Kämpfe verantwortlich. Die Frist für die Friedensverhandlungen zur Bildung einer Übergangsregierung wurde unterdessen vom vergangenen Donnerstag auf kommenden Dienstag verlängert.

Steuer-Streit: Union vor der Spaltung?

Kein Ende im Steuer-Streit der UnionSteuer-Streit: Union vor der Spaltung?

Berlin (rpo). Allen Einigungsappellen zum Trotz, geht der Streit in der Union um die Steuerpolitik unvermindert weiter. Am Sonntag kritisierte CSU-Chef Edmund Stoiber seinen Partei-Kollegen Roland Koch.Stoiber hielt dem hessischen Regierungschef Koch indes seine eigene Schuldenpolitik vor. Während Bayern seine Neuverschuldung seit 1998 um drei Viertel auf 350 Millionen Euro gesenkt habe, sei sie dieses Jahr beim "Kollegen Koch" im halb so großen Hessen auf fast zwei Milliarden Euro angewachsen. "Deshalb sollte man, bevor man große Forderungen an die Bundespolitik stellt, zuerst einmal im eigenen Land ein bisschen Ordnung schaffen, um das vorsichtig zu formulieren", sagte Stoiber beim CSU-Parteitag in Nürnberg. Koch bleibt bei seinem NeinHessens Ministerpräsident Roland Koch betonte am Samstag, dass er bei seiner Ablehnung von Steuersenkungen nicht der CDU, sondern seinem Bundesland verpflichtet sei. Hinter Koch stellten sich der saarländische Ministerpräsident Peter Müller und CDU-Vizefraktionschef Friedrich Merz. Scharfe Kritik übte hingegen CSU-Chef Edmund Stoiber, der von Koch forderte, in Sachen Steuern und Neuverschuldung erst einmal Ordnung im eigenen Land zu schaffen. Koch betonte in der "Passauer Neuen Presse" sein klares Nein gegen die Finanzierung der Steuerentlastung über Neuverschuldung: "Ich bin auf die Verfassung des Landes Hessens vereidigt und nicht auf das Programm der CDU", sagte der CDU-Politiker. Allerdings gelte es, im Bundesrat immer auch Kompromisse zu schließen. Dort jedoch müsse sich Finanzminister Hans Eichel auf ein Nein einstellen. In der Union seien sich alle einig, dass es für den Vorschlag der Bundesregierung keine Zustimmung geben werde. Es dürfe keine zusätzlichen Schulden jenseits der Verfassungsgrenze geben. Merz und Müller auf Koch-KursMerz zeigte sich in "Bild am Sonntag" überzeugt, dass Kochs Haltung im CDU-Präsidium auf breite Zustimmung stoße. Auch Merz sagte, eine noch höhere Staatsverschuldung sei nicht mehr zu verantworten. Müller lehnte die von der Bundesregierung vorgeschlagenen der Steuerentlastungen kategorisch ab. Im Nachrichtenmagazin "Focus" sagte er: "Die Vorstellung, mit dem bloßen Vorziehen einer Steuerreformstufe um ein Jahr einen Wachstumsschub auszulösen, ist illusorisch." Er fügte hinzu: "Ich weiß nicht, warum die Union ein solch unsolide finanziertes Projekt mit krasser sozialer Schieflage akzeptieren soll." Auch der brandenburgische Innenminister Jörg Schönbohm stellte sich in einem Interview mit der "Rheinischen Post" hinter Koch. Merkel vermeidet weiterhin eine FestlegungMerkel vermied in der Tageszeitung "Die Welt" (Samstag) erneut jede Festlegung, ob und in welchem Umfang neue Schulden in Frage kämen. Die von Bundeskanzler Gerhard Schröder und Finanzminister Hans Eichel (beide SPD) vorgesehene Finanzierung der Steuerreform mit fünf Milliarden Euro Kredit lehne sie jedenfalls ab. Rückendeckung erhielt Merkel vom schleswig-holsteinischen CDU-Chef Peter Harry Carstensen. Auch CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer wandte sich gegen Kochs striktes Nein. "Zu Steuersenkungen werden wir prinzipiell niemals Nein sagen", erklärte Meyer im "Focus". Er sei gegen dogmatische Grenzen bei der Neuverschuldung. Stoiber ermahnt CDU und CSU erneut zu GeschlossenheitStoiber ermahnte CDU und CSU erneut zu Geschlossenheit: "Wir haben als Opposition nur dann eine Chance, Reformen im Sinne der Menschen voranzubringen, wenn wir einig und geschlossen sind", betonte er. "Jede Uneinigkeit im Bundesrat schwächt unseren Einfluss, jeder Streit drängt die Sachpolitik in den Hintergrund", fügte der CSU-Chef hinzu. Kochs Sprecher Dirk Metz zeigte sich "verwundert" über die Kritik Stoibers. Hessen habe eine Erfolgsbilanz, das Land liege bei der Netto-Neuverschuldung und bei den Gesamtschulden pro Einwohner auf Platz vier unter den 16 Ländern, erklärte Metz in Wiesbaden.

Gesundheitsgespräche stehen auf der Kippe

Seehofer schließt Scheitern nicht ausGesundheitsgespräche stehen auf der Kippe

Berlin (rpo). Die Gespräche zwischen Regierung und Opposition über einen Konsens in der Gesundheitspolitik sind festgefahren. Der Unterhändler der Union, Horst Seehofer, schloss am Samstag sogar ein Scheitern nicht aus.Die aktuellen Verhandlungen seien politisch und fachlich extrem schwierig. "Das ist ein seltener Fall, wo man selbst nicht weiß, wie es ausgeht. Es kann gut gehen, was ich persönlich hoffe, es kann aber auch scheitern", sagte Seehofer. "Wenn wir nicht zu Rande kommen, kann es sein, dass sich die Parteivorsitzenden kurzschließen müssen", fügte der CSU-Politiker hinzu. Auch bei einem Gelingen der Verhandlungen hätten Gesundheitsministerin Ulla Schmidt und er aber nicht vor, die Ergebnisse am (morgigen) Sonntagabend in der ARD-Talk-Show "Sabine Christiansen" zu verkünden, wie der Sender angekündigt hatte: "Wir werden über die großen Fragen der Sozialpolitik diskutieren. Selbst wenn es Ergebnisse geben sollte, teilen wir sie erst unseren Parteivorständen am Montag mit", sagte Seehofer. Bütikofer: "Es gibt noch erhebliche Differenzen"Auch der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber erklärte, niemand könne vorhersehen, ob es zu einem gemeinsamen Ergebnis kommen werde. Er forderte, Normalverdiener dürften nicht überdurchschnittlich belastet und Leistungen nicht aus der gesetzlichen Krankenversicherung herausgenommen werden. Ein Kompromiss bei der Gesundheitsreform müsse die Handschrift der CSU tragen, die eine "Partei der Leberkäs-Etage und nicht der Champagner-Etage" sei, betonte Stoiber. "Einschnitte dürfen nicht nur Normalverdiener treffen, auch Spitzenverdiener und die politische Führung müssen ihren Teil beitragen." Grünen-Parteichef Reinhard Bütikofer sagte, es gebe noch "erhebliche Differenzen zu überbrücken, um gegebenenfalls zu einer Lösung zu kommen". Die Verhandlungen würden nur dann einen Erfolg bringen, "wenn am Ende mehr als ein bloßes Kostendämpfungsprogramm" herauskomme. Wie Stoiber forderte auch Bütikofer, keine wesentlichen Leistungsblöcke aus dem Katalog der gesetzlichen Krankenversicherung auszugliedern. Das schließe den Zahnersatz ein. SPD-Generalsekretär Olaf Scholz äußerte sich im Fernsehsender n-tv optimistisch, dass es doch noch eine schnelle Verständigung von Regierung und Opposition über die Gesundheitsreform geben könne: "Vielleicht klappt es schon an diesem Wochenende." Der SPD liege daran, diese Kooperation mit der Union auch in anderen zentralen Themen der Politik fortzusetzen, beispielsweise bei der Rente. Unterhändler planen offenbar zusätzliche Belastungen für die PatientenSPD und Grüne haben für Montag Sondersitzungen ihrer Parteigremien anberaumt, um sofort einen möglichen Kompromiss bewerten zu können. Die nächste offizielle Verhandlungsrunde wurde für Sonntagnachmittag angesetzt. Für eine "Elefantenrunde" der Parteichefs ist der Dienstag ins Auge gefasst. "Spiegel" und "Welt am Sonntag" berichteten, die Unterhändler planten auf jeden Fall zusätzliche Belastungen für die Patienten. So solle in der Praxis ein Eintrittsgeld von zehn Euro pro Quartal fällig werden - nach "WamS"-Informationen nur bei "selbst veranlassten Arztbesuchen" ohne Überweisung. Bei Behandlungen im Krankenhaus sollen Patienten aus der eigenen Tasche zuzahlen ("Spiegel": maximal 350 Euro; "WamS": maximal 300 Euro). Nicht verschreibungspflichtige Medikamente sollen von den Kassen künftig überhaupt nicht mehr übernommen werden.

Grüne: Einschnitte auch für Ärzte und Pharmabranche

Belastungen gerecht verteilenGrüne: Einschnitte auch für Ärzte und Pharmabranche

Berlin (rpo). Die Grünen bestehen bei der geplanten Gesundheitsreform auf eine gerechtere Verteilung der Lasten. Diese solle nicht nur Patienten und Versicherte belasten, sondern auch für Ärzte und die Pharmabranche Einschnitte bringen. "Es ist auf der Schlussgeraden der Verhandlungen besonders wichtig, die Belastungen gerecht zu verteilen", sagte Parteichef Reinhard Bütikofer am Samstag, einen Tag vor der voraussichtlichen Schlussrunde der Kommissionen von SPD, Grünen, CDU/CSU und FDP in Berlin. Es dürfe nicht sein, "dass am Ende die Versicherten wesentlich mehr bluten müssen", weil an den Privilegien bestimmter Anbieter wie Fachärzte, Apotheker und Pharmabranche nicht gerührt werde, sagte Bütikofer. Zuvor hatten die Partei- und Fraktionsspitzen der Grünen aus Bund und Ländern den Verhandlungsstand debattiert. Eine Einigung an diesem Sonntag sei "beim derzeitigen Verhandlungsstand keine Selbstverständlichkeit", sagte der Grünen- Chef. "Es sind noch erhebliche Differenzen zu überbrücken, um zu einer Lösung zu kommen." Einen Erfolg gebe es nur, "wenn am Ende mehr herauskommt als ein bloßes Kostendämpfungsprogramm". Es sei aber durchaus noch möglich, die Lohnnebenkosten für die Arbeitgeber deutlich zu senken und auf der anderen Seite dafür zu sorgen, "dass die Gesamtbelastung der Versicherten nicht ins Exorbitante steigt". Bütikofer bekräftigte die Ablehnung der Grünen, ganze Leistungsblöcke und insbesondere die Versicherung des Zahnersatzes aus der gesetzlichen Krankenkasse "in die Privatversicherung zu schieben". Für die Privatversicherung des Zahnersatzes macht sich die Union stark.

Tony Blair trifft in Japan Koizumi

Multilaterale Gespräche zum Nordkorea-Konflikt erwünschtTony Blair trifft in Japan Koizumi

Tokio (rpo). Fernab aller politischen Turbulenzen in seiner Heimat weilt der britische Premierminister Tony Blair in Asien. In Japan hat er mit Ministerpräsident Junichiro Koizumi gesprochen. Beide wünschen sich multilaterale Gespräche zur Beilegung der zunehmenden Spannungen um das nordkoreanische Atomprogramm Zudem betonten sie die Notwendigkeit internationaler Kooperation beim Wiederaufbau des Irak. Blair habe sein "Verständnis und starke Unterstützung" hinsichtlich des japanischen Wunsches zum Ausdruck gebracht, zusammen mit Südkorea in die Verhandlungen zur friedlichen Beilegung des Nordkorea-Konflikts einbezogen zu werden, sagte Koizumi im Anschluss an ein Treffen mit Blair im Badeort Hakone nahe Tokio. Japan plädiert für einen Fünfer-Gesprächsrahmen, bestehend aus Vertretern der USA, Chinas, Nordkoreas sowie Japans und Südkoreas. Während auch Washington bisher die Einbindung von Staaten wie Japan, China und Südkorea forderte, wollte Pjöngjang ursprünglich nur bilateral mit den USA verhandeln. Die vorerst letzten Gespräche zwischen den USA, Nordkorea und China hatten im April in Peking stattgefunden. Koizumi äußerte indes Bedenken hinsichtlich einer frühen Verurteilung Nordkoreas wegen seines mutmaßlichen Atomwaffenprogramms durch den UN-Sicherheitsrat. Zunächst müsse man die Antwort Pjöngjangs auf den Vorschlag von Fünfer-Gesprächen abwarten. Blair, der an diesem Sonntag in Südkorea erwartet wurde und im weiteren Verlauf seiner Ostasienreise nach China weiterreisen wollte, hatte vor dem Treffen mit Koizumi auf die Bedeutung Japans bei der Lösung globaler Aufgaben wie dem Konflikt um Nordkorea hingewiesen. Die Stimme Japans sei "fundamental wichtig", um verschiedene globale Angelegenheiten auf "sensible und angemessene Weise" lösen zu können, sagte Blair in Tokio vor japanischen Geschäftsleuten und Politikern. Koizumi hieß japanischen Medienberichten zufolge Blairs damalige Entscheidung gut, zusammen mit den USA Krieg gegen gegen den Irak zu führen.

David Kelly hat Selbstmord begangen

Leiche als britischer Regierungsberater identifiziertDavid Kelly hat Selbstmord begangen

London (rpo). Der britische Regierungsberater und ehemalige UN- Waffeninspekteur David Kelly hat sich das Leben genommen. Eine am Freitag in der Nähe seines Wohnortes entdeckte Leiche sei als Kelly identifizert worden, sagte ein Polizeisprecher am Samstag.Todesursache war nach Polizeiangaben vom Samstag Blutverlust infolge einer aufgeschnittenen Pulsader am linken Handgelenk. Die Polizei erklärte, sie habe nahe der Leiche ein Messer und einige Schmerztabletten gefunden. Es gebe keine Hinweise auf Fremdeinwirkung. Der 59-Jahre alte Berater des Verteidigungsministeriums war am Freitag unweit seines Hauses in Southmoor bei Oxford tot aufgefunden worden. Er war verdächtigt worden, einen BBC-Reporter über die Aufbauschung von Geheimdienstinformationen über Iraks Waffenpotenzial informiert zu haben. Er stand nach Aussage seiner Frau unter erheblichem Druck und war am Donnerstag von zu Hause verschwunden - zwei Tage nach seiner Aussage vor einem britischen Unterhausausschuss. Als Konsequenz aus dem Tod Kellys forderten Labour-Abgeordnete den Rücktritt von Premierminister Tony Blair. Oppositionsführer Ian Duncan Smith rief Blair auf, seine derzeitige Asienreise abzubrechen. In Japan musste sich Blair die Frage eines Journalisten anhören, ob Blut an seinen Händen klebe. Mit versteinerter Mine kündigte der britische Regierungschef bei einer Pressekonferenz mit dem japanischen Ministerpräsidenten Junichiro Koizumi eine "vollständige und unabhängige Untersuchung" an. "Wir sollten den Vorgang erst bewerten, wenn wir alle Fakten haben", sagte Blair. Zuvor hatte er den Tod Kellys als "absolut schreckliche Tragödie" bezeichnet. Kelly hatte ein unautorisiertes Treffen mit dem Journalisten Andrew Gilligan eingeräumt. Dieser ist der Autor des umstrittenen BBC-Berichts vom 29. Mai, in dem es unter Berufung auf eine nicht genannte Quelle heißt, Blairs Kommunikationschef Alastair Campbell habe für das Dossier vom September auf der Aussage bestanden, Irak sei binnen 45 Minuten zum Einsatz von biologischen oder chemischen Waffen fähig. Kelly, ein ehemaliger UN-Waffeninspekteur, hatte am Dienstag vor einem Unterhaus-Ausschuss erklärt, er glaube nicht, dass er die erwähnte Quelle sei. Die im Bericht genannten Vorwürfe habe er nicht erhoben. Auch der Ausschussvorsitzende Donald Anderson sagte am Freitag der BBC, das Gremium sei sich ziemlich sicher, dass es sich bei der Quelle nicht um Kelly gehandelt habe.

Stornierter Schröder-Urlaub kostet 50.000 Euro

Hotel berechnet Unterbringung der SicherheitsleuteStornierter Schröder-Urlaub kostet 50.000 Euro

München/Berlin (rpo). Der stornierte Italien-Urlaub von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) könnte den deutschen Steuerzahler teuer zu stehen kommen. Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Focus" summieren sich die Kosten auf bis zu 50 000 Euro.Die Leitung des Vier-Sterne-Hotels "Flaminio" im Adria-Ort Pesaro, in dem Schröders Sicherheitsbeamte untergebracht werden sollten, habe den durch die Absage entstandenen Schaden auf diese Höhe beziffert, schreibt das Blatt. Der Kanzler selbst hätte nicht in dem Hotel gewohnt, sondern in der benachbarten Villa seines Künstlerfreundes Bruno Bruni. Laut "Focus" waren 25 der 78 Hotelzimmer rund einen Monat für die Berliner Sicherheitsbeamten und Techniker reserviert worden und stehen jetzt leer. Aus der Bundesregierung in Berlin verlautete am Samstag, der dem Hotel entstandene Schaden werde beglichen. In solchen Fällen seien Stornogebühren üblich. Mit dem Hotel werde verhandelt, dessen Management sich ausgesprochen verständnisvoll und entgegenkommend verhalte. Schon jetzt sei klar, dass die zu zahlende Summe weit unter dem im "Focus" genannten Betrag liege. Weiter wurde betont, dass der Bundeskanzler selbstverständlich seinen Urlaub selbst bezahle. Er habe keinerlei Einfluss auf Art und Umfang der Begleitpersonen, die für ihn als Amtsperson vorgesehen seien. Schröder hatte seinen Italien-Urlaub nach den Beschimpfungen deutscher Touristen durch den inzwischen zurückgetretenen italienischen Tourismus-Staatssekretär Stefano Stefani abgesagt. Am Freitag lud der italienische EU-Kommissionspräsident Romano Prodi den Kanzler bei einem Treffen in Berlin für Ende August nach Verona ein.

Algerische Presse: Sahara-Geiseln nicht in Mali

Auswärtiges Amt nimmt zu Gerüchten keine StellungAlgerische Presse: Sahara-Geiseln nicht in Mali

Algier (rpo). Zuletzt waren die 15 Sahara-Geiseln in Mali vermutet worden. Die algerische Presse spekulierte allerdings am Samstag, ein Aufenthalt der Verschleppten im Nachbarland Mali sei unwahrscheinlich. Das Schicksal der Gefangenen bleibt weiter ungewiss.Zuvor hatte das ZDF berichtet, die Geiseln - zehn Deutsche, vier Schweizer und ein Niederländer - seien von ihren Entführern nach Mali gebracht worden. Die Regierung in der malischen Hauptstadt Bamako habe diese Angaben dementiert, schrieb die algerische Tageszeitung "L'Expression" am Samstag unter Berufung auf malische Sicherheitskreise. "Wieso sollten die Entführer von der Bergregion von Tamelrik nahe der libyschen Grenze die beschwerliche Reise 600 Kilometer bis Mali unternehmen?", heißt es in dem Blatt weiter. Das Auswärtige Amt bleibt bei seiner Haltung, zum Schutz der Betroffenen zu Medienberichten oder Einzelheiten keine Stellung zu nehmen. Die Bemühungen, dass die Betroffenen gesund nach Hause zurückkehren könnten, würden unverändert fortgesetzt, sagte eine Sprecherin am Samstag. Das Drama in der Wüste von Algerien hatte bereits vor fünf Monaten begonnen. Eine erste Gruppe von 17 Geiseln war im Mai befreit worden. Zuletzt spekulierte die Presse in Algier erneut über Verhandlungen mit den Entführern, die als Gegenleistung für eine Freilassung der Touristen freies Geleit verlangten.

Rekordergebnis für alten und neuen CSU-Chef Stoiber

97 Prozent der Stimmen auf Parteitag in NürnbergRekordergebnis für alten und neuen CSU-Chef Stoiber

Nürnberg (rpo). CSU-Chef Edmund Stoiber ist am Samstag auf dem Parteitag in Nürnberg mit 97 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt worden. Zwei Monate vor der bayerischen Landtagswahl erhielt Stoiber 895 von 944 abgegebenen Stimmen. 28 Delegierte votierten gegen Stoiber, 21 Stimmen waren ungültig. Damit ist Stoiber mit 96,97 Prozent im Amt des Vorsitzenden bestätigt. Das ist eines der besten Wahlergebnisse eines Vorsitzenden in der Geschichte der CSU. Watschn für Seehofer Einen Denkzettel bekam Horst Seehofer bei der Wahl der stellvertretenden Parteivorsitzenden. Mit nur 85,1 Prozent der gültigen Stimmen blieb er weit hinter seinen früheren Ergebnissen zurück. Seehofer hatte in den vergangenen Monaten mit Kritik an Stoiber und an der Gesundheitspolitik der Union mehrfach für Schlagzeilen gesorgt. Das beste Votum errang auf Anhieb die Neu-Ulmer Oberbürgermeisterin Beate Merk, die mit 89,5 Prozent erstmals in das Stellvertreter-Quartett einzog. Die bayerische Kultusministerin Monika Hohlmeier hatte ihren Platz satzungsgemäß räumen müssen, weil sie den Münchner CSU-Bezirksvorsitz übernommen hat. Die ehemalige bayerische Sozialministerin Barbara Stamm wurde mit 87,1 Prozent gewählt. Etwas schlechter als Seehofer schnitt nur der Europapolitiker Ingo Friedrich mit 84,7 Prozent ab.

Bush-Regierung hatte früh Interesse an Iraks Öl

Energiebericht von Cheney-ArbeitsgruppeBush-Regierung hatte früh Interesse an Iraks Öl

Washington (rpo). Offenbar waren die USA schon zwei Jahre vor dem Beginn des zweiten Golfkriegs über die Ölindustrie des Iraks detailliert informiert. Eine Arbeitsgruppe des amerikanischen Vizepräsidenten Richard Cheney hatte entsprechende Informationen zusammengestellt. Die Dokumente wurden am Freitagabend von der privaten Organisation Judicial Watch in Washington veröffentlicht. Die Informationen legen nahe, dass für die Regierung von US-Präsident George W. Bush vor dem Krieg Öl eine große Rolle spielte. Judicial Watch erhielt die Papiere über Cheneys "Arbeitsgruppe Energie" aus dem amerikanischen Handelsministerium. Neben einer exakten Karte mit Ölfeldern, Raffinerien und Pipelines findet sich darin auch eine Liste mit den Namen ausländischer Firmen, die Ölverträge mit Saddam Hussein abschließen wollten. Darüber hinaus legte die Arbeitsgruppe ein Dossier über die Ölfelder und Entwicklungsprojekte in Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten an. Die Papiere datieren von Anfang März 2001. Zwei Monate darauf legte die Arbeitsgruppe der Regierung einen Bericht über die amerikanischen Energiebedürfnisse inklusive Empfehlungen zu einer künftigen Energiepolitik vor. "Kriegsgegner werden in den Dokumenten Beweise dafür sehen, dass Bush bei den Kriegsvorbereitungen Öl im Sinn hatte", sagte der Präsident von Judicial Watch, Tim Fitton. "Kriegsbefürworter werden sie lediglich als Analyse der Ölvorkommen im Mittleren Osten deuten." Jedenfalls zeigten die Dokumente, wie wichtig es sei, über die Arbeit der Cheney-Gruppe Bescheid zu wissen, sagte Fitton. Judicial Watch erhielt die brisanten Akten im Rahmen einer Gemeinschaftsklage mit dem Sierra Club. Ziel der Klage ist es, der Öffentlichkeit Informationen über die Arbeitsgruppe zugänglich zu machen, die Bushs Energieplan entwickelte. Das Büro von Richard Cheney gab zu der Veröffentlichung zunächst keine Stellungnahme ab. In dem Kapitel "Stärkung Globaler Allianzen" wird der Mittlere Osten als "zentral für die globale Öl-Sicherheit" bezeichnet. Die Verfasser des Dossiers fordern die Unterstützung regionaler Ölproduzenten bei ihren Bemühungen um Auslandsinvestitionen. Eine Liste verzeichnet Firmen aus 30 Ländern, die sich bei Saddam Hussein um Verträge bemühten, um die irakische Ölindustrie zu entwickeln. Neben französischen und russischen Konzernen, deren Interesse am irakischen Öl bekannt war, finden sich auch Firmen aus Deutschland, Kanada, Australien oder Indonesien auf der Liste. Selbst Vietnam wollte sich engagieren und stand dem Bericht zufolge 1999 kurz vor Abschluss eines Vertrages. Bislang wurden fast 40.000 Seiten interner Dokumente der Cheney-Task-Force veröffentlicht. http://www.judicialwatch.org

Stoiber kritisiert Kochs Haushaltspolitik

Hessen häuft zu viele Schulden anStoiber kritisiert Kochs Haushaltspolitik

Nürnberg (rpo). In der Union werden Seitenhiebe von allen auf jeden verteilt. So kritisiert der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber jetzt seinen hessischen Kollegen Roland Koch. Der habe nämlich in Punkto Schulden selber seine Hausaufgaben nicht gemacht.Während Bayern seine Neuverschuldung seit 1998 um drei Viertel auf 350 Millionen Euro gesenkt habe, sei sie dieses Jahr beim "Kollegen Koch" im halb so großen Hessen auf fast zwei Milliarden Euro angewachsen, sagte Stoiber am Samstag beim CSU-Parteitag in Nürnberg. "Deshalb sollte man bevor man große Forderungen an die Bundespolitik stellt, zuerst einmal im eigenen Land ein bisschen Ordnung schaffen, um das vorsichtig zu formulieren." Bayern sei die einzige Regierung von Bund und Ländern, die nicht nur vom Sparen rede, sondern es auch mache. Stoiber ermahnte die CDU und CSU erneut zu Geschlossenheit: "Wir haben als Opposition nur dann eine Chance, Reformen im Sinne der Menschen voranzubringen, wenn wir einig und geschlossen sind", betonte er. "Jede Uneinigkeit im Bundesrat schwächt unseren Einfluss, jeder Streit drängt die Sachpolitik in den Hintergrund", fügte der CSU-Chef hinzu.

Koch bleibt im Steuerreform-Streit hart:

Bin auf Hessen vereidigtKoch bleibt im Steuerreform-Streit hart:

Passau (rpo). Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) will sich seine Meinungsfreiheit nicht nehmen lassen, die er auch über die Parteipolitik stellt. Ein Nein Hessens zu den Plänen über das Vorziehen der Steuerreform im Bundesrat wird immer wahrscheinlicher."Ich bin auf die Verfassung des Landes Hessen vereidigt und nicht auf das Programm der CDU", sagte er der "Passauer Neuen Presse" (Samstag). Im von der Union dominierten Bundesrat müsse sich Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) auf ein Nein zu seinen mit hoher Neuverschuldung verbundenen Steuerreform-Plänen einstellen. Es dürfe keine zusätzlichen Schulden jenseits der Verfassungsgrenze geben. Den Eindruck eines Machtkampfes mit CDU-Chefin Angela Merkel wies Koch erneut zurück. In dem Interview versicherte Koch, niemand in der Union sei gegen Steuersenkungen. "Ich will nicht derjenige sein, der sagt, die Deutschen sollen keine Steuersenkungen erhalten. Ich bin auch dafür. Wir lösen unsere Probleme aber nur durch echte Strukturreformen, nicht durch die Steuerreform." Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) wolle mit dem Vorziehen der dritten Steuerreformstufe von 2005 auf 2004 nur von seinen Problemen ablenken. "Er missbraucht die Steuerreform als Beruhigungspille, damit er nicht die notwendigen Einschnitte vornehmen muss." Nach den Worten Kochs hat Rot-Grün nach wie vor eine Bringschuld - sie müsse sagen, wie sie es machen wolle. "Erst wenn die Regierung offen zugibt, dass sie es nicht hinkriegt und nichts anderes findet, muss die Union über eigene Vorschläge nachdenken, die einigungsfähig wären." Die Verantwortung für ein Scheitern liege nicht bei der Opposition. Koch sagte, er und sein NRW-Kollege Peer Steinbrück verstünden es als Kompliment, "dass unsere schlichte Ankündigung eines Vorschlags zum Subventionsabbau gleich vom Bundesfinanzminister mit 2,4 Milliarden Euro in die Steuerbilanz eingestellt wird". Die beiden Länder-Regierungschefs wollten ihre Arbeitsgruppe "jetzt intensiv fortführen. Wasserstandsmeldungen oder erste Details gibt es nicht - wir werden ein Gesamtpaket vorlegen." Die Kritik, die Koch in den vergangenen Tagen wegen seiner quer zur Unions-Linie liegenden Steuerreform-Skepsis aus den eigenen Reihen einstecken musste, empfand der hessische Regierungschef als ungerecht. Ihm gehe es nicht um Macht- und Personalfragen, sondern ausschließlich um die Sache. Wenn man anderer Meinung sei, dürfe daraus nicht immer eine Personaldebatte gemacht werden, sagte Koch. Seine Bemerkungen zum Thema Steuerreform waren teilweise als Widerstand gegen CDU-Chefin Merkel interpretiert worden. In diesem Zusammenhang antwortete Koch auf die Frage, ob Deutschland reif für eine Kanzlerin sei: Die Zeiten, in denen Personalfragen in der Politik nach den Kriterien Mann oder Frau entschieden wurden, seien längst vorbei. "Und das ist gut so!"

Westerwelle-Berater als Geld-Kurier?

Neue Erkenntnisse im Fall MöllemannWesterwelle-Berater als Geld-Kurier?

Düsseldorf (rpo). Möglicherweise ist die Möllemann-Affäre für den FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle auch nach dem Tod des ehemaligen Partei-Promis nicht ausgestanden. Ausgerechnet ein Berater Westerwelles soll dessen einstigem Widersacher Möllemann bei einer dubiosen Millionen-Transaktion geholfen haben könnte,Das berichtet das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Westerwelles Wahlkampfstratege Fritz Goergen soll laut Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Düsseldorf jene Million Euro in bar von einem luxemburgischen Konto Möllemanns abgehoben haben, mit der wahrscheinlich kurz vor der Bundestagswahl im vergangenen Jahr Druck und Vertrieb von Möllemanns umstrittenem antiisraelischem Wahlkampf-Faltblatt bezahlt wurden. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf erklärte dazu am Samstag auf Anfrage: "Da wir die Unterlagen aus Luxemburg noch nicht haben, können wir das nicht kommentieren." Außerdem würden ohnehin zum jetzigen Zeitpunkt keine Einzelheiten bekannt gegeben, sagte Staatsanwalt Johannes Mocken. Bis zu einem Gesamtbild des Ermittlungsergebnisses werde es voraussichtlich noch Monate dauern. Laut "Spiegel" geht aus in Luxemburg sichergestellten Unterlagen hervor, dass am 13. September 2002 in der Filiale der Bank BNP Paribas ein Mann eine von Möllemann unterschriebene Einzelvollmacht auf den Namen Fritz Goergen vorgelegt und um Herausgabe des Betrages in 500-Euro-Scheinen gebeten haben. Einen Tag später - acht Tage vor der Bundestagswahl - übergab Möllemann exakt diese Summe in derselben Stückelung dem Ex-FDP-Funktionär Hans-Joachim Kuhl. Das Geld wurde aufgeteilt und unter den Fantasienamen angeblicher Spender auf ein Sonderkonto Möllemanns eingezahlt. Goergen wollte dem "Spiegel" nichts Konkretes zu dem Vorgang sagen. Er warne aber "vor voreiligen Schlüssen. Fragen könnte nur der Tote beantworten", so Goergen. Möllemann war am 5. Juni, dem Tag europaweiter Durchsuchungen in seinem Fall, bei einem Fallschirmsprung in den Tod gestürzt. FDP: Zusammenarbeit mit Goergen Herbst 2002 beendetEin Sprecher der Bundes-FDP sagte dazu am Samstag in Berlin, die Partei habe "die Zusammenarbeit mit Herrn Goergen im September 2002 beendet. Herr Goergen ist seit Oktober 2002 nicht mehr Mitglied der FDP."

Gesundheitsrunde in kritischer Phase

Zweifel an schneller EinigungGesundheitsrunde in kritischer Phase

Berlin/Nürnberg (rpo). Regierung und Opposition ringen um die Grundzüge einer Gesundheitsreform. Dabei sind die Verhandlungen in eine kritische Phase getreten. Unmittelbar vor dem geplanten Ende der Konsensgespräche am Sonntag sanken die Chancen auf einen umfassenden Kompromiss. Auch nach zweiwöchigen Gesprächen gibt es noch erhebliche Differenzen zwischen Rot-Grün, Union und FDP. Zweifel an einer schnellen Einigung äußerten am Freitag neben CDU-Chefin Angela Merkel und Unions- Verhandlungsführer Horst Seehofer (CSU) auch FDP-Chef Guido Westerwelle sowie Vertreter der Koalition. Selbst ein Scheitern der Verhandlungen wurde nicht mehr ausgeschlossen. Zu den "Knackpunkten" gehören nach Teilnehmerangaben vor allem Einschnitte bei Ärzten und der Pharmabranche. In der Frage des von Rot-Grün angestrebten Wettbewerbs der Leistungsanbieter habe es bisher keinerlei Annäherung gegeben. Es könne nicht sein, dass lediglich Versicherte und Patienten belastet würden, hieß es in der Koalition. Noch ungelöst scheint auch, wie die angestrebte Senkung der Lohnnebenkosten finanziert werden soll. Merkel sagte der Tageszeitung "Die Welt" (Samstag), ihre Zweifel seien "leider wieder gewachsen". Es werde ein Kompromiss angestrebt, aber nicht um jeden Preis. Auf dem CSU-Parteitag in Nürnberg stellte sie am Abend Bedingungen: Gesundheit müsse bezahlbar bleiben und dürfe nicht zur Staatsmedizin werden. "In der Gesundheitsreform muss sich die Handschrift der Union wiederfinden, sonst machen wir es nicht mit." Seehofer meinte in Nürnberg: "Ob die Vernunft sich durchsetzt, kann heute noch niemand sagen. Wenn es nicht vernünftig ist, wird es am Sonntagabend scheitern." Westerwelle sagte im Sommerinterview der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin": "Ich bin voller Sorge, dass wir im Augenblick, was diese Gespräche angeht, sehr auf der Kippe der Verhandlungen stehen." Ähnlich äußerten sich Koalitionsvertreter. Alle Seiten sahen Einigungsmöglichkeiten bei erhöhten Zuzahlungen für Patienten und Versicherte. Im Gespräch ist unter anderem eine Praxisgebühr von 10 Euro pro Quartal. Keine Bewegung gab es dagegen bei Bestrebungen, das Monopol der Kassenärztlichen Vereinigungen zu brechen und stattdessen den Krankenkassen den Abschluss von Einzelverträgen mit Medizinern zu erlauben. Mehr Wettbewerb wollte Rot-Grün auch für Apotheken und auf dem Arzneimittelmarkt. Dagegen hatten sich die CDU ebenso wie Ärzte- und Pharmaverbände gewandt. Mit dem Stand der Verhandlungen wollen sich die Führungsgremien der Parteien am Montag befassen. Bei den Grünen kommen bereits an diesem Samstag die Partei- und Fraktionsspitzen aus Bund und Ländern in Berlin zusammen. Ein späteres Treffen auf Ebene der Parteichefs wird angesichts der Differenzen immer wahrscheinlicher. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hatte sich am Vormittag noch optimistisch gezeigt: "Die Schlussfolgerung, dass das Ende der Verhandlungen in Stunden zu zählen ist, ist richtig." SPD- Fraktionschef Franz Müntefering sprach jedoch im Deutschlandfunk von "zwei, drei ganz massiv schwierigen Punkten". Beide Seiten bestritten, dass es eine Praxisgebühr sowie eine weit reichende Selbstbeteiligung von Kassenpatienten geben solle. Nach Angaben der "Frankfurter Rundschau" sollen Kassenpatienten künftig bei Arztbesuchen 10 Euro pro Quartal aus der eigenen Tasche zahlen - unabhängig davon, ob ein Haus- und Facharzt aufgesucht wird. Kinder sollen von der Gebühr befreit und für chronisch Kranke eine Obergrenze eingeführt werden. Ferner sollen nach Informationen der Zeitung Patienten auch bei jedem Krankenhaus-Aufenthalt zehn Prozent der Kosten bis zu 300 Euro selbst bezahlen. Auch bei Arznei- und Heilmitteln sei eine solche Eigenbeteiligung geplant. Obergrenze sollen 2 Prozent des Bruttoeinkommens sein, bei Chronikern 1 Prozent. Nach einem Bericht der "Passauer Neuen Presse" (Samstag) sollen die Patienten künftig auch fast alle rezeptfreien Medikamente komplett selbst bezahlen. Nur zehn Präparate soll es weiter auf Kassenkosten geben. Die Positivliste für zu erstattende Medikamente sei gestoppt, das Zentrum für Qualitätssicherung gekippt.

CSU-Chef Stoiber stellt sich zur Wiederwahl

Aufruf zu GeschlossenheitCSU-Chef Stoiber stellt sich zur Wiederwahl

Nürnberg (rpo). Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber stellt sich auf dem heutigen CSU-Parteitag in Nürnberg zur Wiederwahl als Parteichef. Es wird ein Spitzenergebnis für den 61-Jährigen erwartet. Vor zwei Jahren hatte Stoiber mit 96,6 Prozent sein bisheriges Rekordwahlergebnis eingefahren. Mit besonderer Spannung wird das Abschneiden von CSU-Vize Horst Seehofer erwartet. Der Sozialexperte war in den vergangenen Monaten zwei Mal öffentlich auf Konfrontationskurs zu Stoiber gegangen. Neu in den engsten CSU-Führungszirkel aufrücken soll die Neu-Ulmer Oberbürgermeisterin Beate Merk. Sie löst die bayerische Kultusministerin Monika Hohlmeier ab, die nach ihrer Wahl zur CSU- Chefin in München laut Satzung den Vizeposten räumen muss. Die beiden anderen Stoiber-Stellvertreter Barbara Stamm und Ingo Friedrich stellen sich wie Seehofer zur Wiederwahl. Zum Auftakt des CSU-Parteitags am Freitag hatten Stoiber und CDU- Chefin Angela Merkel mit Blick auf die unionsinternen Querelen um die Steuerpolitik Geschlossenheit eingefordert. Von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) verlangten die beiden Parteivorsitzenden erneut ein neues Finanzierungskonzept für das Vorziehen der Steuerreform. Seehofer schloss zwei Tage vor dem geplanten Abschluss der Verhandlungen über die Gesundheitsreform ein Scheitern nicht aus. Merkel verlangte, in der Reform müsse sich die Handschrift der Union wiederfinden - sonst machten CDU/CSU nicht mit.

Blair: Kellys Tod eine "schreckliche Tragödie"

Blair: Kellys Tod eine "schreckliche Tragödie"

Tokio (rpo). Der britische Premierminister Tony Blair hat den Tod des Regierungsberaters David Kelly als "absolut schreckliche Tragödie" bezeichnet. Der Todesfall kann tatsächlich zu einer Tragödie für den Premier werden, denn er stürzt die Regierung Großbritanniens tiefer in die Krise rund um das umstrittene Irak-Dossier des Geheimdienstes.Gleichzeitig kündigte Blair eine unabhängige Untersuchung zu den Umständen des Todes von David Kelly an. "Er hat für unser Land in der Vergangenheit sehr viel Gutes getan, und ich bin sicher, dies wäre auch in Zukunft so gewesen. Jetzt wird es eine angemessene und unabhängige Untersuchung geben, die, wie ich glaube, die Fakten feststellen wird", sagte Blair am Samstag in Tokio. Die Todesursache stand am Samstag noch nicht fest. Der Tod Kellys hat die derzeitige Krise in der britischen Regierung noch verschärft, die sich wegen der bislang nicht aufgetauchten Massenvernichtungswaffen im Irak mit dem Vorwurf der Täuschung konfrontiert sieht. Der 59-jährige ehemalige UN- Waffenexperte hatte in den vergangenen Tagen unter großem Druck gestanden. Nach Vermutung von Verteidigungsminister Geoff Hoon, in dessen Ministerium Kelly arbeitete, war er die Hauptquelle für einen BBC-Bericht, wonach die britische Regierung ein Dossier über die vom Irak ausgehende Gefahr aufgebauscht hatte. Kelly hatte das bestritten. Am Dienstag war er in teils rüder Form von einem Untersuchungsausschuss des Unterhauses vernommen worden. Blair mahnte von Politikern wie Medien jetzt Respekt und Zurückhaltung an. Kellys Frau Janice sagte, ihr Mann sei "sehr, sehr gestresst und unglücklich über das gewesen, was passiert ist, und das war wirklich nicht die Welt, in der er leben wollte". Die einige Kilometer von Kellys Haus entfernt gefundene Leiche sollte am Samstag identifiziert werden. Kelly wohnte in der Nähe von Oxford. Es gab aber bereits am Vortag keinen Zweifel daran, dass es sich bei dem Toten um den Wissenschaftler handelte. Zur Todesursache lagen am Samstag noch keine Ergebnisse vor. Die Opposition verlangte, Blair, der sich in Tokio befand, solle seine Asien-Reise abzubrechen und nach Hause zurückzukehren. Spekuliert wurde auch darüber, dass die Abgeordneten des Unterhauses aus der gerade begonnen Sommerpause zurückgerufen werden könnten. Britische Zeitungen kritisierten am Samstag alle Beteiligten an den Vorgängen - die Regierung, den außenpolitischen Ausschuss des Unterhauses und die BBC, die sich nicht dazu geäußert hatte, ob Kelly die Quelle für den Bericht der Rundfunkanstalt war oder nicht. Die "Financial Times" schrieb: "Niemand, der an den Ereignissen, die zum Tod David Kellys führten, beteiligt war, steht in gutem Licht da - außer Kelly selbst.

USA: Neue Dokumente in Agentenaffäre

Irak hätte in zehn Jahren Atomwaffen besessenUSA: Neue Dokumente in Agentenaffäre

Washington (rpo). In der Geheimdienstaffäre um den möglichen Uranbesitz des Iraks gehen die USA nun mit einem neuen Dokument des Geheimdienstes in die Offensive. Das bisher streng vertrauliche Papier soll belegen, dass der Irak innerhalb eines Jahrzehnts atomwaffenfähig gewesen wäre.Das Weiße Haus veröffentlichte am Freitag Auszüge aus einem bisher geheimen Dokument zum Atomwaffenprogramm Bagdads. Laut Einschätzung der US- Geheimdienste gab es Hinweise, dass der damalige irakische Präsident Saddam Hussein innerhalb eines Jahrzehnts Atomwaffen besitzen könnte. Dieser Einschätzung widersprach eine Fachabteilung des Außenministeriums dagegen vehement. Danach gebe es keinen überzeugenden Hinweis, dass das Regime in Bagdad sich Atomwaffen verschaffen wollte. Auch für eine Wiederaufnahme des irakischen Atomprogramms gebe es keinen "überzeugenden Beweis", urteilte die Abteilung des Außenministerium. Sie stufte diese Informationen der US-Geheimdienste über das Nuklearwaffenprogram als "äußerst zweifelhaft" ein. Der Geheimdienstbericht, zu dem sechs Nachrichtendienste Informationen beigesteuert hatten, kam dagegen zu dem Schluss, dass der Irak zwar keine Nuklearwaffen oder auch nur ausreichend Material zum Herstellen von Atombomben habe, jedoch habe Saddam Hussein die Absicht sich diese Waffen zu verschaffen. Es sei davon auszugehen, dass Bagdad nach dem Abzug der UNSCOM-Waffeninspekteure im Dezember 1998 sein Atomprogramm wieder aufgenommen habe. Dieser Bericht diente als Grundlage für einen guten Teil der Politik des Weißen Hauses in dieser Frage. Nach Einschätzung von Beobachtern in Washington will die US-Regierung mit dem jetzt freigegebenen Dokument die Welle der Kritik an Äußerungen von Präsident George W. Bush in dessen Rede zur Lage der Nation vom Januar abschwächen. Bush hatte gesagt, der britischen Regierung lägen Geheimdienstinformationen über irakische Versuche vor, in Afrika Uran zu kaufen. Das Beweismaterial als Grundlage für diese Äußerung war indessen fehlerhaft. Dennoch lobte Bush die Qualität der Geheimdienst-Informationen, die vor dem Irak-Krieg vorlagen. Insgesamt seien die geheimdienstlichen Erkenntnisse, die seinen Reden zu Grunde lägen, "verdammt gut", sagte er. Am vergangenen Wochenende hatte Geheimdienstchef George Tenet die Verantwortung dafür übernommen, dass in Bushs Bericht die umstrittene Passage enthalten war. Zu diesem Zeitpunkt hatte die CIA bereits ernste Zweifel an den Angaben, die vom britischen Geheimdienst kamen, geäußert. Der britische Premierminister Tony Blair verteidigte allerdings die Angaben. Auf die Frage, ob er weiter dazu stehe, dass Saddam Hussein versucht habe, in Afrika Uran für sein Atomprogramm zu kaufen, sagte Blair: "Wir stehen voll und ganz zu den Informationen, die wir der Öffentlichkeit gegeben haben." Außenminister Jack Straw erklärte, der britische Geheimdienst verfüge über zusätzliche Informationen, die er der CIA nicht mitgeteilt habe.