Alle Politik-Artikel vom 12. Juli 2003
Neue belgische Regierung im Amt

Kabinett tritt zu ersten Beratungen zusammenNeue belgische Regierung im Amt

Brüssel (rpo). König Albert II. hat knapp zwei Monate nach der Parlamentswahl in Belgien die neue linksliberale Regierung von Ministerpräsidenten Guy Verhofstadt vereidigt.Nicht mehr in der Fünfparteienkoalition vertreten sind die Grünen, die bei der Wahl am 18. Mai ein Debakel erlebt hatten. Vom alten Kabinett behielten Außenminister Louis Michel, Verteidigungsminister André Flahaut und Finanzminister Didier Reynders ihre Posten. Zusammen vereinigen Liberale und Sozialdemokraten, von denen insgesamt fünf regionale Organisationen in der neuen Regierung vertreten sind, 97 der 150 Sitze im belgischen Parlament auf sich. Verhofstadt berief auch fünf Frauen in sein Kabinett. Justizministerin Laurette Onkelinx ist eine von vier Stellvertretern des Ministerpräsidenten. Jüngstes Kabinettsmitglied ist die 28-jährige Umweltministerin Freya Van den Bossche, die Tochter des aus dem Amt geschiedenen Gesundheitsministers Luc Van den Bossche. Ihren Arbeitsschwerpunkt will die Koalition auf die Wirtschaft legen und 200.000 neue Arbeitsplätze schaffen. Ferner sind Steuersenkungen von jährlich 800 Millionen Euro und eine Steigerung der Gesundheitsausgaben um vier Prozent vorgesehen. Finanzbetrug soll stärker bekämpft, Benzin und Tabak sollen höher besteuert werden. Direkt im Anschluss an die Vereidigung im Brüsseler Königspalast trafen die 15 Minister zu einer ersten Sitzung zusammen, in der es um Änderungen des international umstrittenen Kriegsverbrechergesetzes ging. Die Änderungen sollen laut Verhofstadt sicherstellen, dass die Gerichte Klagen gegen Bürger aus Ländern mit einem funktionierenden Rechtssystem schnell abweisen. Dem belgischen Gesetz von 1993 zufolge kann mutmaßlichen Kriegsverbrechern ungeachtet des Ortes der Taten der Prozess in Belgien gemacht werden. Nach jüngsten Änderungen können Klagen weitergeleitet werden, wenn der Beklagte aus einem Land mit demokratischem Rechtssystem stammt. Die US-Regierung verlangt aber die Abschaffung des Gesetzes, unter dem wegen der Kriege in Afghanistan und Irak auch Klagen gegen Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und Außenminister Colin Powell eingereicht wurden. Rumsfeld hatte damit gedroht, den NATO-Hauptsitz aus Belgien zu verlegen, und 352 Millionen Dollar für die neue NATO-Zentrale eingefroren. Auch gegen den israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon, den britischen Premierminister Tony Blair und den kubanischen Staatschef Fidel Castro wurden bereits Klagen in Belgien eingereicht.

Gipfel der Afrikanischen Union ohne greifbare Ergebnisse

Mbeki kritisiert mangelnde FortschritteGipfel der Afrikanischen Union ohne greifbare Ergebnisse

Maputo (rpo). Am Samstag ist das Gipfeltreffen der Afrikanischen Union (AU) in Mosambik zu Ende gegangen. Greifbare Ergebnisse wurden nicht erreicht. Die gut 40 Staats- und Regierungschefs aus allen Teilen des Kontinents hatten vier Tage lang vorrangig über die Bekämpfung von Armut und Hunger sowie von Aids in ihren jeweiligen Ländern beraten. Im Verlauf des Gipfels wurde die Entsendung einer Friedenstruppe des westafrikanischen Staatenverbands ECOWAS in das Bürgerkriegsland Liberia angekündigt. Der scheidende Ratsvorsitzende der AU, der südafrikanische Präsident Thabo Mbeki, brachte abermals seine Enttäuschung über die mangelnden Fortschritte bei der Verwirklichung von Zielen der AU zum Ausdruck. Er hätte sich insbesondere die Einrichtung eines regionalen Friedens- und Sicherheitsrats gewünscht, sagte er vor den Gipfelteilnehmern. Von den mindestens 27 notwendigen Ratifizierungsurkunden zur Umsetzung des entsprechenden Protokolls wurden bis Samstag jedoch lediglich 14 bei der AU hinterlegt. Verschoben wurde auch die Einrichtung eines Mechanismus zur Erfolgskontrolle der afrikanischen Staaten untereinander. Der neue AU-Ratsvorsitzende, der mosambikanische Präsident Joaquim Chissano, erklärte, hier seien noch weitere Gespräche notwendig. Ebenso wurde die geplante Gründung eines panafrikanischen Parlaments und eines afrikanischen Gerichtshofs vorerst noch nicht umgesetzt. Beschlossen wurde, die acht neu zu bestimmenden Posten von AU-Kommissaren zur Hälfte mit Frauen zu besetzen.

Gesundheits-Verhandlungen machen Fortschritte

Unterhändler bewahren StillschweigenGesundheits-Verhandlungen machen Fortschritte

Berlin (rpo). Regierung und Opposition machen bei den Verhandlungen über eine gemeinsame Gesundheitsreform Fortschritte. Die Gespräche sollen in der kommenden Woche fortgesetzt werden. Das teilten die Unterhändler am Samstag in Berlin mit, ohne Einzelheiten preiszugeben. Noch sei nichts beschlossen, hieß es. Die "Bild"-Zeitung hatte zuvor von einer Kompromisslinie bei Zahnersatz und Krankengeld berichtet. Über den Zwischenstand nach der ersten einwöchigen Runde sollen am Montag zunächst die Partei- und Fraktionsgremien informiert werden. Alle Beteiligten beurteilten die Erfolgschancen zuversichtlich und wollten den Gremien empfehlen, für die Fortsetzung der Verhandlungen am Dienstag grünes Licht zu geben. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt sprach von "sehr konstruktiven Gesprächen" in "guter Atmosphäre". Nach den intensiven Beratungen habe sie Hoffnung, dass sich die Fortsetzung lohne. "Wir sind ein ganzes Stück vorangekommen", erklärte auch der Verhandlungsführer der Union, Horst Seehofer. Die Gespräche seien "sehr fundiert" gewesen und es sei sinnvoll, sie fortzusetzen. Die Partei- und Fraktionsgremien bekämen einen Zwischenbericht über die Dinge, die möglicherweise konsensfähig seien, und über schwierige Punkte, über die noch weitergeredet werden müsse. Gesamtergebnis entscheidendWie Schmidt hielt auch der CSU-Politiker an dem vereinbarten Stillschweigen über Inhalte fest und warnte davor, Konsenschancen zu zerreden. "Wer am Erfolg der Operation interessiert ist, muss diesen Weg gehen." Die Ministerin betonte, man werde nicht über Einzelpunkte informieren, sondern wenn entschieden sei, ein Gesamtergebnis vorstellen. Vorwürfe des Ersatzkassen-Chefs Herbert Rebscher, der von einem "politischen Offenbarungseid" gesprochen hatte, wies sie zurück. Sie bekräftigte das gemeinsame Ziel, die Lohnnebenkosten zu senken und den Kassenbeitrag von 14,4 auf 13 Prozent zu drücken. Dafür seien Einsparungen von 20 Milliarden Euro notwendig. Die SPD-Gesundheitsexpertin Gudrun Schaich-Walch betonte, die Runde habe keinerlei Beschlüsse gefasst und sich in keiner Richtung festgelegt.Strukturreformen gefordert Laut "Bild"-Zeitung sollen Kassenmitglieder künftig einen Zusatzbeitrag zahlen, mit dem sie sowohl Krankengeld als auch Zahnersatz allein absichern. Im Gespräch seien auch neue Zuzahlungen für Arzt- und Behandlungskosten sowie Einsparungen bei Medikamenten. Ersatzkassen-Chef Rebscher findet eine Beitragssenkung auf 13 Prozent laut "Neuer Osnabrücker Zeitung" "höchst zweifelhaft" und hält eher 14 Prozent für realistisch. Die Konsensverhandlungen drohten zur "Katastrophe für die gesetzliche Krankenversicherung und zum politischen Offenbarungseid aller Parteien" zu werden, da sich ein weitgehender Verzicht auf strukturelle Reformen abzeichne. Auf Strukturänderungen drang auch der Vorsitzende der IG BAU, Klaus Wiesehügel. Eine Reform, die nur die Finanzierung im Auge habe, greife zu kurz, sagte er dem Online-Dienst der Gewerkschaft ver.di: "Es besteht die Gefahr, dass sich die Gesundheitsreform letztendlich darauf beschränkt, Leistungen auszugrenzen und damit Risiken zu privatisieren." Die Konsensgespräche, an denen SPD und Grüne, die CDU/CSU sowie die FDP beteiligt sind, waren am 4. Juli aufgenommen worden. Wenn die kommende Woche kein Ergebnis bringt, soll notfalls bis Ende Juli weiter verhandelt werden. http://www.die-gesundheitsreform.de

US-Präsident Bush beendet Afrika-Reise

Zwischenfall am FreitagUS-Präsident Bush beendet Afrika-Reise

Abuja (rpo). George W. Bush hat seine fünftägige Reise durch fünf afrikanische Länder am Samstag beendet. Nach Gesprächen mit seinem nigerianischen Amtskollegen Olusegun Obasanjo trat er am Nachmittag den Rückflug nach Washington an.Die beiden Staatsoberhäupter hatten nach Medienberichten unter anderem über eine mögliche US-Beteiligung an einer Stabilisierungstruppe für Liberia und Wirtschaftsinteressen gesprochen. Am Vormittag hatte Bush eine Aids-Klinik besucht. Nigeria ist nicht nur Afrikas bevölkerungsreichster Staat, sondern auch weltweit der sechstgrößte Erdölproduzent. Vor allem in den nördlichen Bundesstaaten war der unter strengen Sicherheitsbedingungen stattfindende Besuch von Protesten begleitet. Die Polizei nahm mehrere Demonstranten fest. Zuvor hatte der US-Präsident Senegal, Südafrika, Botswana und Uganda besucht. Zum Auftakt seiner Reise hatte Bush in Senegal den Sklavenhandel verurteilt und mehrfach zum Schulterschluss im Kampf gegen den Terrorismus aufgerufen. Daneben hatte er Hilfe im Kampf gegen Aids und beim Anschluss des Kontinents an die Weltwirtschaft in Aussicht gestellt. In Uganda war er von Demonstranten gemahnt worden, seine versprochene Aids-Hilfe im Umfang von 15 Milliarden Dollar für die am stärksten von der Epidemie betroffenen Staaten uneingeschränkt einzulösen. In den USA selbst waren jedoch Zweifel aufgekommen, ob Bush die Summe in dieser Höhe bereitstellen kann. Zwischenfall am FreitagÜberschattet war seine Reise auf der vorletzten Etappe von einem Zwischenfall, bei dem sich ein blinder Passagier an Bord des Charter- Flugzeugs mit dem begleitenden Medientross geschlichen hatte. Dem Mann war es gelungen, am Freitag in Pretoria (Südafrika) den Presse- Bus zum Flughafen und danach die bereitstehende Boeing für die Journalisten zu besteigen. Nach Angaben von Mitreisenden sagte der Unbekannte, er sei ein Reporter aus Soweto und "komme nun mit". Unbehelligt reiste er dann nach Entebbe in Uganda und dort im Pressebus zu jenem Hotel, in dem Bush später mit Präsident Yoweri Museveni zusammentraf. Erst im Hotel fiel Betreuern der Journalisten aus dem Weißen Haus auf, dass niemand den Neuling in der Gruppe zu kennen schien. Sie betonten nach seiner Festnahme, er sei niemals in die Nähe von Bush gekommen.

Höhepunkt der Oranier-Märsche in Nordirland

Paraden weitgehend friedlich verlaufenHöhepunkt der Oranier-Märsche in Nordirland

Belfast (rpo). In Nordirland haben die alljährlichen Märsche des protestantischen Oranier-Ordens ihren Höhepunkt erreicht. Mitglieder des Ordens zogen in Belfast und zahlreichen anderen Städten der Provinz unter den Augen der katholischen Iren durch die Straßen. Bei Freudenfeuern in Belfast gaben maskierte Mitglieder der verbotenen probritischen Ulster Defense Association (UDA) und der Ulster Volunteer Force (UVF) Schüsse in die Luft ab. Die Feuerwehr wurde zu 86 Einsätzen gerufen, doppelt so viele wie im vergangenen Jahr. Mindestens zwei Menschen wurden verletzt. Die republikanische Partei Sinn Fein organisierte mehrere kleinere Demonstrationen gegen Oranier-Paraden, die in die Nähe katholischer Wohnviertel führten. Im Gegensatz zu früheren Jahren verliefen Paraden und Proteste weitgehend friedlich. In Ardoyne stellte die Polizei sicher, dass die 300 Oranier ohne direkten Kontakt zu den 100 Gegendemonstranten marschieren konnten. Mit ihren alljährlichen Paraden in der gesamten Provinz erinnern die nordirischen Protestanten an den Sieg Wilhelms von Oranien über den katholischen König Jakob II. am 12. Juli 1690 in der Schlacht am Fluss Boyne südlich von Belfast. Diese Umzüge, die oft durch katholische Wohnviertel oder in deren Nähe führen und deshalb von der katholischen Bevölkerung als Provokation empfunden werden, haben in der Vergangenheit immer wieder zu blutigen Unruhen geführt.

Deutsche Politiker begrüßen Stefanis Rücktritt

Merkel fordert Ende des Streits - Kohl kritisiert SchröderDeutsche Politiker begrüßen Stefanis Rücktritt

Hamburg (rpo). Ebenso wie in Italien ist auch in Deutschland der Rücktritt des Staatssekretärs für Tourismus, Stefano Stefani, erleichtert aufgenommen worden. CDU-Vorsitzende Angela Merkel mahnte ein Ende der Streitigkeiten zwischen den beiden Ländern an. Grünen-Chefin Künast forderte dazu auf, es dem Beispiel des Kanzlers nicht gleichzutun und den geplanten Italien-Urlaub trotzdem anzutreten."Ich begrüße es, dass (Ministerpräsident) Silvio Berlusconi Konsequenzen gezogen hat und seinen Staatssekretär zum Rücktritt bewogen hat", sagte Merkel der "Bild am Sonntag". Damit sollte diese Angelegenheit aber auch beendet sein und nicht weiteres Öl ins Feuer gegossen werden, betonte Merkel. Auch der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Müller, zeigte sich erfreut über Stefanis Rücktritt, der am Freitagabend die Konsequenzen aus der massiven Kritik an seinen anti-deutschen Ausfällen gezogen hatte. Bis zu diesem Schritt habe es allerdings sehr lange gedauert, sagte Müller und betonte: "Wir hoffen, dass sich Italien von diesen nationalistischen Tendenzen durch Wahlen reinigt, damit so etwas in Zukunft zwischen diesen beiden wichtigen Ländern nicht wieder passiert." Altkanzler Helmut Kohl kritisierte unterdessen die Entscheidung seines Amtsnachfolgers Gerhard Schröder, auf den traditionellen Italien-Urlaub in diesem Jahr zu verzichten. Die Urlaubs-Absage sei eine "völlig überzogene Reaktion und überhaupt nicht adäquat", sagte Kohl im Nachrichtenmagazin "Focus". Stefani sei zwar ein "Dummschwätzer", aber auf solches Tagesgewäsch müsse man nicht derart übertrieben reagieren. "Die Jahrzehnte langen Beziehungen zwischen Deutschland und Italien haben ein viel größeres Gewicht", betonte der CDU-Politiker. Verbraucherschutzministerin Renate Künast mahnte Urlauber, nicht dem Beispiel des Bundeskanzlers zu folgen: Wer jetzt einfach von einer Italien-Reise zurücktrete, zahle den vollen Preis. "Regierungsäußerungen sind kein Stornierungsgrund", sagte die Grünen-Politikerin der "Welt am Sonntag". Die unsinnigen Äußerungen des Staatssekretärs seien glücklicherweise auch auf die Kritik der italienischen Tourismusbranche gestoßen. "Ich will meine Entscheidung für eine Italien-Reise lieber nicht von der dortigen Regierung abhängig machen", betonte Künast.

Sicherheitsmängel bei "Tornado"-Staffeln

Flieger weder richtig ausgebildet noch ausgerüstetSicherheitsmängel bei "Tornado"-Staffeln

Berlin (rpo). Sie fliegen mit High-Tech-Geräten in Überschallgeschwindigkeit durch die Luft - und sind oftmals weder richtig ausgebildet noch ausgerüstet. Die Rede ist von den Tornado-Piloten der deutschen Bundeswehr. Entsprechende Mängel sind jetzt eingestanden worden.Ein Sachverständiger der Luftwaffe habe als Zeuge vor dem Verwaltungsgericht Koblenz eklatante Defizite eingeräumt, meldete das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" am Samstag vorab. Dort hätten die Witwen von zwei Offizieren, die bei einem Absturz ihrer "Tornados" im März 2001 in Nevada ums Leben gekommen seien, auf höhere Renten geklagt. So hätten etwa bei einem internationalen Manöver in den USA mit nur sieben Besatzungen nicht einmal die Hälfte der Crews eines Geschwaders die offiziellen Voraussetzungen für die Teilnahme erfüllt, habe der Sachverständige in dem Prozess berichtet. "Der Rest hätte eigentlich zu Hause bleiben müssen." Der "Tornado"-Absturz vom März 2001 hätte dem Bericht zufolge sogar vermieden werden können, wenn der Pilot wie die Flieger anderer Länder mit Nachtsichtgerät ausgerüstet gewesen wäre. Laut "Spiegel" hatte die Bundeswehr die Einstufung des Absturzes als "qualifizierten Dienstunfall" mit der Begründung verweigert, die Offiziere seien nicht bewusst eine erhöhte Lebensgefahr eingegangen. Das Gericht habe jedoch den Hinterbliebenen Recht gegeben. Empörung unter Piloten habe der Rechtsvertreter der Bundeswehr mit dem Argument ausgelöst, "der getötete Pilot hätte den Flug angesichts der Mängel gar nicht antreten dürfen". Wenn dass die Ansicht der Luftwaffenführung sei, "kann die Bundeswehr ihren fliegerischen Betrieb einstellen", zitierte der "Spiegel" den Rechtsanwalt der Witwen.

Eichel will Steuerreform-Finanzierung klären

Privatisierungserlöse sollen nicht verschoben werdenEichel will Steuerreform-Finanzierung klären

Berlin (rpo). Bundesfinanzminister Hans Eichel will "klipp und klar erklären", wie er das Vorziehen der Steuerreformstufe 2005 auf 2004 bezahlen will. Die dazu benötigten 15,5 Milliarden Euro sollen nicht allein über neue Schulden finanziert werden.Das sagte Eichel der "Süddeutschen Zeitung" (Samstagausgabe). Er kämpfe darum, die Kreditaufnahme so gering wie möglich zu halten. Angesichts der Konjunkturkrise mache übertriebenes Sparen jedoch keinen Sinn. Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte am Freitag überraschend angekündigt, das detaillierte Finanzierungskonzept noch in der Sommerpause vorzulegen. Eichel werde die Eckpunkte schon nächste Woche veröffentlichen, die Beschlussfassung im Kabinett sei am 13. August vorgesehen, sagte Schröder der ARD. Eichel wollte noch keine Einzelheiten nennen. Er verriet lediglich, dass er darauf verzichte, für dieses Jahr eingeplante Einnahmen aus dem Verkauf von Staatseigentum auf 2004 zu verschieben. Von der Union seien keine Alternativvorschläge zu erwarten, beklagte Eichel. "Da kommt nichts, schon gar nicht vor der Bayern-Wahl" am 21. September. Er kenne nicht die Position der Opposition. "Ich blicke da nicht mehr durch." Die Union sei nur zu Trippelschritten beim Abbau von direkten und indirekten Subventionen fähig. Der Bund werde die Zustimmung der Länder im Bundesrat nicht durch Zugeständnisse "erkaufen". Jeder müsse seinen Beitrag leisten. Außerdem beinhalteten seine Vorschläge neun Milliarden Euro Kostenentlastung für Länder und Kommunen. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer wolle er nicht, weil dies der Konjunktur schade. Der Minister verteidigte die generelle Linie, die Steuersenkungen mit einem Mix aus Subventionsabbau, Privatisierungserlösen und Krediten zu ermöglichen. Er verwies auf den "Quatsch mit der Eigenheimzulage". In einen gesättigten Baumarkt pumpe der Staat jährlich zehn Milliarden Euro. "Wir stoppen nun diese Geldvernichtung, nehmen Geld weg aus Bereichen, die nicht zukunftsfähig sind und entlasten Familien sowie kleine und mittlere Unternehmen." Der Minister versicherte in der "Süddeutschen Zeitung" noch einmal, dass alle Alleinerziehenden von der Maßnahme profitieren sollten. Die 300.000 Betroffenen, die durch den vom Bundesverfassungsgericht vorgeschriebenen Wegfall des Haushaltsfreibetrages Einbußen erleiden würden, erhielten einen Ausgleich. Er werde bis Ende Juli gemeinsam mit Familienministerin Renate Schmidt einen Vorschlag erarbeiten, sagte Eichel.

Bush zu Gesprächen in Nigeria

US-Präsident beendet Afrika-ReiseBush zu Gesprächen in Nigeria

Abuja (rpo). US-Präsident George W. Bush beendet seine fünftägige Afrika-Reise mit Gesprächen in Nigeria. Am Samstag ist er in der nigerianischen Hauptstadt Abuja mit seinem Amtskollegen Olusegun Obasanjo zusammengetroffen. Bush, der zuvor eine Aids-Klinik besucht hatte, wollte neben einer möglichen US-Beteiligung an einer Stabilisierungstruppe für Liberia auch Wirtschaftsinteressen erörtern. Nigeria ist nicht nur Afrikas bevölkerungsreichster Staat, sondern auch weltweit der sechstgrößte Erdölproduzent. Vor allem in den nördlichen Bundesstaaten war der unter strengen Sicherheitsbedingungen stattfindende Besuch von Protesten begleitet. Die Polizei nahm mehrere Demonstranten fest. Nach Stationen in Senegal, Südafrika, Botswana und Uganda wird Bush in Nigeria am frühen Nachmittag den Rückflug in die USA antreten. Der US-Präsident hatte zum Auftakt seines Besuches den Sklavenhandel verurteilt und mehrfach zum Schulterschluss im Kampf gegen den Terrorismus aufgerufen. Daneben hatte er Hilfe im Kampf gegen Aids und beim Anschluss des Kontinents an die Weltwirtschaft in Aussicht gestellt. In Uganda war er von Demonstranten gemahnt worden, seine versprochene Aids-Hilfe im Umfang von 15 Milliarden Dollar für die am stärksten von der Epidemie betroffenen Staaten uneingeschränkt einzulösen. In den USA selbst waren jedoch Zweifel aufgekommen, ob Bush die Summe in dieser Höhe bereitstellen kann. Überschattet war seine Reise auf der vorletzten Etappe von einem Zwischenfall, bei dem sich ein blinder Passagier an Bord des Charter- Flugzeugs mit dem begleitenden Medientross geschlichen hatte. Dem Mann war es gelungen, am Freitag in Pretoria (Südafrika) den Presse- Bus zum Flughafen und danach die bereitstehende Boeing für die Journalisten zu besteigen. Nach Angaben von Mitreisenden sagte der Unbekannte, er sei ein Reporter aus Soweto und "komme nun mit". Unbehelligt reiste er dann nach Entebbe in Uganda und dort im Pressebus zu jenem Hotel, in dem Bush später mit Präsident Yoweri Museveni zusammentraf. Erst im Hotel fiel Betreuern der Journalisten aus dem Weißen Haus auf, dass niemand den Neuling in der Gruppe zu kennen schien. Sie betonten nach seiner Festnahme, er sei niemals in die Nähe von Bush gekommen.

Schill fordert Gentests für Schwarzfahrer

Keinen Grund für Begrenzung der AnwendungSchill fordert Gentests für Schwarzfahrer

Hamburg/Berlin (rpo). Der Hamburger Innensenator Ronald Schill wartet mit einer weiteren drastischen Idee auf: Er möchte die Anwendung des genetischen Fingerabdrucks massiv ausweiten. Nicht nur bei schweren Straftaten, sondern auch bei Schwarzfahren oder Ladendiebstahl soll die Speichelprobe genommen werden."Es gibt keinen für mich nachvollziehbaren Grund, die Anwendung zu begrenzen", sagte der Gründer der Partei Rechtstaatlicher Offensive der "Berliner Zeitung" (Samstag). Die Speichelproben griffen nicht stärker in die Persönlichkeitsrechte ein als der Fingerabdruck. Sie könnten daher bei jedem Straftäter angewendet werden, auch bei Ladendieben oder Schwarzfahrern. Bislang dürfen Speichelproben zur gentechnischen Analyse nur im Zusammenhang mit schweren Straftaten wie Mord genommen werden.

Italien nach Rücktritt Stefanis erleichtert

Schaden für Tourismus befürchtetItalien nach Rücktritt Stefanis erleichtert

Rom (rpo). Italien reagiert mit Erleichterung auf den Rücktritt des Tourismus-Staatssekretärs Stefano Stefani. Dieser Schritt sei angesichts des drohenden Schadens für den Tourismus unvermeidlich gewesen, lautete am Samstag der einhellige Tenor in den Medien. "Der Rücktritt Stefanis stellt den Frieden zwischen Rom und Berlin wieder her", schrieb die römische Tageszeitung "La Repubblica". Stefani hatte seinen Schritt am Samstagabend nach einem Gespräch mit Ministerpräsident Silvio Berlusconi bekannt gegeben. Zuvor hatte er sich für seine Beschimpfung deutscher Touristen entschuldigt, die zur Absage des Italien-Urlaubs von Bundeskanzler Gerhard Schröder geführt hatte. Am Freitag hatten auch mehrere Ministerkollegen Stefani aufgefordert, sein Amt zur Verfügung zu stellen. Berlusconi erklärte den Streit zwischen Deutschland und Italien für beigelegt. "Ich glaube, dass wir dieses Kapital abschließen können", sagte Berlusconi in der Nacht zum Samstag in Rom. "Diesen Vorfall darf man nicht überspitzt sehen. Es gibt eine tiefe, gegenseitige Anerkennung zwischen Deutschland und Italien. Unsere Beziehungen waren immer gut". Die Wortwechsel hätten sich nicht negativ auf die grundlegende Freundschaft beider Länder ausgewirkt. Stefani erklärte seinen Rücktritt bei einer Kundgebung seiner Partei Lega Nord. Er klebe nicht an seinem Stuhl und werde deshalb sein Amt aufgeben, sagte er. Er müsse ein Opfer bringen, obwohl er Italien gegen ungerechtfertigte Angriffe verteidigt habe, fügte er hinzu.

Boris Becker bolzt auf englischem Rasen

Empörung bei Vermietern in LondonBoris Becker bolzt auf englischem Rasen

London (rpo). Englischer Rasen ist schön anzusehen, von allem anderen sollte man aber absehen. Das musste auch Boris Becker (35) in London feststellen. Sein Fußballspiel beschädigte den sorgsam gepflegten Rasen und löste Entsetzen aus.Der deutsche Tennis-Star hatte für die Dauer des diesjährigen Wimbledon-Turniers ein Privathaus samt Garten gemietet, weil er als Gastkommentator für die BBC tätig war. Obwohl er eine Wochenmiete von umgerechnet über 4300 Euro zahlte, war er offenbar nicht zum Betreten des Rasens berechtigt. Der "Daily Mirror" berichtete am Samstag, die Vermieter Mark (44) und Lucy (41) Woodruff hätten bei ihrer Rückkehr eine Beschädigung des Grasteppichs feststellen müssen. Nachbarn hätten ihnen mitgeteilt, dass Boris die heiligen Halme als Bolzplatz entweiht habe. "Einmal hat er gefragt, ob irgendjemand seinen Fußball gesehen hätte, weil der über den Zaun geflogen war", berichtete ein Nachbar, der anonym bleiben wollte. Ein Sprecher von Becker wurde mit den Worten zitiert, wenn dieser den Rasen tatsächlich beschädigt haben sollte, werde er für die Kosten aufkommen. Aber so doll seien die Grünanlagen auch wieder nicht gewesen.

Stoiber will Wochenarbeitszeit verlängern

Zwei bis drei Stunden mehr für einen sicheren ArbeitsplatzStoiber will Wochenarbeitszeit verlängern

München (rpo). Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) hat sich dafür ausgesprochen, die wöchentliche Arbeitszeit um bis zu drei Stunden zu verlängern. Er hofft auf Verständnis, wenn dafür im Gegenzug der Arbeitsplatz erhalten werden könnte."Ich bin überzeugt, dass eine sehr große Mehrheit der Arbeitnehmer bereit ist, auch einmal zwei oder drei Stunden pro Woche länger zu arbeiten, wenn so Arbeitsplatz und Gehalt gesichert werden können", sagte er dem Nachrichtenmagazin "Focus". Der gescheiterte Metallarbeiter-Streik im Osten zeige deutlich, dass den Bürgern Sicherheit wichtiger sei "als zwei oder drei Stunden mehr oder weniger Arbeit". Stoiber betonte, man müsse die aktuelle Krise der Gewerkschaften für notwendige Reformen am Arbeitsmarkt nutzen: "Weil sich auch die Gewerkschaften programmatisch öffnen müssen, wenn sie künftig noch eine gestaltende Rolle spielen wollen, sind Zeit und Klima für mutige Arbeitsmarktreformen so günstig wie noch nie."

CIA-Chef übernimmt Verantwortung für Fehlinformation

Umstrittenes Papier über Iraks AtomwaffenprogrammCIA-Chef übernimmt Verantwortung für Fehlinformation

Washington/Berlin/Bagdad (rpo). Auch wenn er das Papier zu einer Rede von US-Präsident George W. Bush im Januar gar nicht selbst gelesen hat - CIA-Direktor George Tenet hat die Verantwortung für umstrittene Passagen auf sich genommen. Tenet bestätigte in einer Erklärung, dass der entsprechende Satz in Bushs Bericht zur Lage der Nation von der CIA gebilligt worden sei. George Tenet sagte, die CIA hätte die Aussage, Irak habe in Afrika atomwaffenfähiges Uran kaufen wollen, aus dem Manuskript für Bushs Rede im Januar streichen müssen. Bush erklärte am Samstag in Abuja, Tenet genieße weiter sein Vertrauen. Bushs Sprecher Ari Fleischer begrüßte im Namen des Präsidenten das Eingeständnis des CIA-Direktors und betrachte die Angelegenheit als abgeschlossen. Auch in Washington wurde nicht mit einem Rücktritt Tenets gerechnet. Bush hatte dem Geheimdienst am Freitag die Verantwortung für die falschen Informationen zugewiesen. Wenige Stunden später räumte Tenet ein, CIA-Mitarbeiter hätten das Redemanuskript gelesen und Einwände erhoben, woraufhin das Weiße Haus den Text hinsichtlich des angeblichen Uran-Geschäfts mit Niger geändert habe. Die CIA habe jedoch versäumt, wegen Zweifeln am Wahrheitsgehalt die gesamte Passage zu streichen. "Diese 16 Wörter hätten nicht in den für Bush geschriebenen Text aufgenommen werden dürfen", erklärte der Geheimdienstchef. Weiter hieß in Tenets Erklärung: "Lassen Sie mich einige Dinge deutlich machen: Erstens, die CIA hat die Rede des Präsidenten zur Lage der Nation vorab abgesegnet. Zweitens, ich bin verantwortlich für diesen Entscheidungsprozess in meiner Behörde. Und drittens, der Präsident musste davon ausgehen, dass der ihm vorgelegte Text korrekt war." Bush hatte im Januar in seiner Rede zur Lage der Nation erklärt, nach britischen Erkenntnissen habe Irak versucht, bedeutende Mengen Uran in Afrika zu kaufen. Am Mittwoch musste die US-Regierung einräumen, dass die britischen Informationen auf gefälschten Dokumenten aus Niger beruhten. Der britische Außenminister Jack Straw schrieb an einen Ausschuss des Unterhauses, die CIA habe zwar Zweifel an den Informationen geäußert, diese aber nicht spezifiziert. Erst vor kurzem habe Großbritannien erfahren, dass ein US-Gesandter den Vorwurf in Niger überprüft und für unberechtigt befunden habe. Die britische Regierung beschuldigte Irak in einem im September veröffentlichten Dossier des versuchten Uran-Kaufs. Die Zeitung "Independent" berichtete am Samstag, dieses Dossier solle Informationen aus dem Internet und anderen frei zugänglichen Quellen enthalten haben. Premierminister Tony Blair dagegen hatte in einem Vorwort zu dem Bericht erklärt, er basiere größtenteils auf der Arbeit der britischen Geheimdienste. Ein Sprecher Blairs erklärte am Samstag, die Regierung stehe zum Inhalt des Dossiers. Ernennung des Verwaltungsrats verzögert sichBei zunehmendem Widerstand gegen die US-Besatzung zieht sich Bildung einer irakischen Übergangsverwaltung länger hin als geplant. Eine für Samstag angesetzte Pressekonferenz, auf der US-Zivilverwalter Paul Bremer die Zusammensetzung des neuen Verwaltungsrats bekannt geben wollte, wurde kurzfristig abgesagt. Der Rat, der aus 25 bis 30 prominenten Irakern bestehen soll, wäre das erste nationale Gremium seit dem Sturz von Präsident Saddam Hussein. Er soll das Recht haben, Minister zu ernennen und den Chef der Zentralbank auszuwählen.

Kompromiss bei Gesundheitsreform erreicht

Senkung des Beitragssatzes auf 13 ProzentKompromiss bei Gesundheitsreform erreicht

Hamburg (rpo). Bei dem Großprojekt Gesundheitsreform sollen sich Regierung und Opposition auf eine erste Kompromisslinie verständigt haben. Übereinstimmend habe man sich offenbar darauf geeinigt, den Krankenkassenbeitrag auf 13 Prozent zu senken. Offiziell wird das von den Beteiligten allerdings dementiert.Bei den Verhandlungen zur Gesundheitsreform hat es nach Angaben der Unterhändler von Regierung und Opposition noch keine Beschlüsse gegeben. Dies gelte auch für die Finanzierung von Zahnersatz, der nach Darstellung der "Bild"-Zeitung künftig von Versicherten allein bezahlt werden soll. "In keiner Richtung ist irgendetwas festgelegt worden", sagte die SPD-Fraktionsvize Gudrun Schaich-Walch am Samstag nach Ende der ersten Verhandlungsrunde. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) und Unionsverhandlungsführer Horst Seehofer (CSU) wollen ihren Parteigremien in den nächsten Tagen empfehlen, die Verhandlungen ab Dienstag fortzusetzen.Wie die "Bild"-Zeitung unter Berufung auf verhandlungsnahe Kreise berichtet hatte, hätten Eckpunkte bereits am (heutigen) Samstag vorgelegt werden können. Übereinstimmung herrsche bei der Zielsetzung, den Beitragsatz der Krankenkassen von derzeit 14,4 auf 13 Prozent zu senken. Der Ersatzkassen-Verband bezeichnete indes das 13-Prozent-Beitragsziel als "höchst zweifelhaft". Laut "Bild-Zeitung" sollte der Beitrag auch in Zukunft je zur Hälfte von Arbeitgebern und Arbeitnehmern bezahlt werden. Eine Mehrheit zeichnete sich für den Vorschlag ab, dass die Versicherten künftig innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung einen Zusatzbeitrag zahlten, mit dem sie Krankengeld und Zahnersatz allein absicherten. Laut Ersatzkassenchef Herbert Rebscher ist dagegen eine geringere Senkung des Beitragssatzes in Richtung 14 Prozent realistisch. Zudem sei ein Beitragssatz von 13 Prozent "weder ökonomisch zwingend noch in der gegenwärtigen konjunkturpolitischen Situation geboten", sagte Rebscher der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstagausgabe). Generell drohten die Konsensverhandlungen zur "Katastrophe für die Gesetzliche Krankenversicherung und zum politischen Offenbarungseid aller Parteien" zu werden, da sich ein weitgehender Verzicht auf strukturelle Reformen abzeichne. Die Krankenkassen hätten deshalb Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt in einem Schreiben aufgefordert, eine solche Entwicklung nicht zuzulassen.

Schulz: Italien wird schlecht regiert

SPD-Europa-Abgeordneter legt nachSchulz: Italien wird schlecht regiert

Hamburg (rpo). Der deutsche Europa-Abgeordnete Martin Schulz (SPD) hat in seiner Fehde mit dem italienischen Ministerpräsidenten erneut zum verbalen Schlag ausgeholt. "Ich liebe Italien, auch wenn es von Silvio Berlusconi schlecht regiert wird", schreibt Schulz in einem Gastbeitrag für die Zeitung "Bild am Sonntag". Berlusconi könne aber "verlorenes Vertrauen" neu erwerben. "Die Konzentration auf eine erfolgreiche Ratspräsidentschaft wäre ein Mittel dazu. So kann Berlusconi beweisen, dass er ein wahrer Europäer ist", meinte Schulz. Der SPD-Politiker hatte sich vorige Woche im Europaparlament ein Rededuell mit Berlusconi geliefert. In dessen Verlauf verglich der italienische Regierungschef und amtierende EU-Ratspräsident Schulz mit einem Nazi-Schergen, indem er ihm eine Filmrolle als Aufseher in einem Konzentrationslager anbot. Daraufhin kam es zu erheblichen deutsch-italienischen Verstimmungen auf Regierungsebene. Der italienische Tourismus-Staatssekretär Stefano Stefani, der die Deutschen pauschal verunglimpft hatte, trat am Freitag zurück. Schulz wies die auch an ihn gerichtete Rücktrittsforderung seitens des italienischen Europaministers Rocco Buttiglione zurück. Es sei "nicht zulässig", die "peinlichen Ausfälle des Staatssekretärs Stefani" mit seinen Äußerungen gleichzusetzen. "Stefanis pauschales Vorurteil gegen die Deutschen ist etwas anderes als meine parlamentarische Kritik am Ratspräsidenten Berlusconi."

Italien: Tourismus-Staatssekretär tritt zurück

Stefani zieht Konsequenzen aus antideutschen ÄußerungenItalien: Tourismus-Staatssekretär tritt zurück

Rom/Berlin (rpo). Der italienische Tourismus-Staatssekretär Stefano Stefani hat sich für seine antideutschen Ausfällen entschuldigt und ist als Konsequenz daraus zurückgetreten. Die Aufforderung zum Rücktritt kam auch von Ministerpräsident Silvio Berlusconi. Bundeskanzler Gerhard Schröder blieb jedoch bei seinem Entschluss, in diesem Jahr keinen Urlaub in Italien zu machen. Stefani kündigte seinen Rücktritt am Abend auf einer Parteiversammlung der Lega Nord in Norditalien an. Der Politiker hatte deutsche Touristen "einförmige, supernationalistische Blonde" genannt, die lärmend über italienische Strände herfielen. Er erklärte nun laut einer "Bild"-Vorabmeldung: "Teile meines Artikels in der Parteizeitung 'La Padania' haben in den letzten Tagen zu Verstimmungen im deutsch-italienischen Verhältnis geführt. Das tut mir Leid, das war nicht meine Absicht". Stefani beteuerte dem Bericht zufolge: "Ich liebe Deutschland. Wenn durch meine Worte bei vielen Deutschen Missverständnisse entstanden sind, möchte ich mich hiermit dafür vielmals entschuldigen". Die Deutschen seien vorbildliche Nachbarn und verlässliche Freunde. Stefani ergänzte, er habe mit seinen umstrittenen Äußerungen lediglich jene kritisieren wollen, die "Italien und seine Regierung wieder und wieder in ein schlechtes Licht rücken". Zuvor hatte die Opposition im italienischen Parlament Ministerpräsident Berlusconi mehrfach zur Entlassung des umstrittenen Staatssekretärs gedrängt. Vizeregierungschef Gianfranco Fini erklärte am Abend vor Journalisten in Rom, die Äußerungen Stefanis seien "nicht normal". Es obliege dem Staatssekretär, aus den Vorfällen Konsequenzen zu ziehen. Dies geschah kurze Zeit später. Regierungssprecher Béla Anda bezeichnete den Rücktritt Stefanis als eine "souveräne Entscheidung" der italienischen Regierung, die die Bundesregierung nicht zu kommentieren habe. Schröder könne jedoch seiner Familie nicht eine neuerliche Umplanung des Urlaubs zumuten und bitte deshalb seine italienischen Freunde, besonders die in der Region um Pesaro, um Verständnis dafür, dass es bei der Absage bleibe. Selbstverständlich werde der Kanzler aber den Sommerurlaub im nächsten Jahr gemeinsam mit seiner Familie wieder im Haus seines Freundes in Italien verbringen. Zuvor hatte Schröder seine Absage noch einmal verteidigt. "Wenn führende Politiker dumpfe Vorurteile gegenüber meinen Landsleuten bedienen, dann muss man irgendwann eine Grenze setzen", betonte er in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin". "In meiner Regierung wäre der keine Stunde länger Staatssekretär geblieben." Den deutsch-italienischen Streit hatte Berlusconi angezettelt, der nach Kritik an seiner Doppelrolle als Regierungschef und Medienunternehmer den deutschen EU-Abgeordneten Martin Schulz (SPD) als Idealbesetzung für einen Aufseher in einem KZ-Film bezeichnet hatte. Wenige Tage später legte Stefani nach.